Bauvertrag – Widerruf durch den Kunden – Wertersatz für den Unternehmer?

  • 2 Minuten Lesezeit

Es kommt drauf an!

Dass einem Verbraucher bei einem Bauvertrag mit einem Unternehmer gesetzlich ein Widerrufsrecht zusteht, dürfte zwischenzeitlich weitgehend bekannt sein. Dieses Widerrufsrecht kann der Verbraucher binnen 14 Tagen, gerechnet ab dem Tag des  Vertragsabschlusses schriftlich ausüben. Eine Begründung hierfür muss er nicht angeben. Ausreichend ist, wenn der Widerruf innerhalb dieser 14 Tagesfrist  ausgeübt wird.

Vom Gesetzgeber wurde in Anlage 10 zu Art. 249 § 3 zum Einführungsgesetz des Bürgerlichen Gesetzbuchs (= EGBGB) ein Muster für die Widerrufsbelehrung bei Verbraucher-Bauverträgen beigefügt. Es ist keine Pflicht, dieses Muster zu verwenden, aus Vereinfachungsgründen greifen jedoch viele Bauunternehmer dazu. Im ersten Absatz belehrt diese amtliche Widerrufsbelehrung generell über das Widerrufsrecht, im 2. Absatz wird über die Folgen des Widerrufs belehrt und unter anderem findet sich dort die folgende Formulierung:

„Sie müssen uns im Falle des Widerrufs alle Leistungen zurückgeben, die Sie bis zum Widerruf von uns erhalten haben. Ist die Rückgewähr einer Leistung ihrer Natur nach ausgeschlossen, lassen sich etwa verwendete Baumaterialien nicht ohne Zerstörung entfernen, müssen Sie Wertersatz dafür bezahlen.“

Das klingt für den Handwerker oder Unternehmer doch beruhigend: Im Falle des Widerrufs wird jedenfalls Wertersatz geschuldet. Bei näherem Hinsehen allerdings kann sich dieses Sicherheitsgefühl schnell verflüchtigen:

Dieser Anspruch auf Wertersatz greift nämlich nur dann, wenn der Unternehmer den Verbraucher über dessen Widerrufsrecht schriftlich und umfassend informiert hat. Hierzu gehört unter anderem, über die Frist und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts belehrt zu haben und dies auch beweisen zu können. Für die ordnungsgemäße Belehrung ist ausschließlich der Unternehmer beweispflichtig.

Kann der Unternehmer dies nicht beweisen oder haften der Widerrufbelehrung Fehler an, erlischt das Widerrufsrecht erst 12 Monate und 14 Tage nach dem Tag des Vertragsschlusses.

Die Folgen können gravierend sein:

Der Verbraucher kann auch nach vollständiger Fertigstellung z.B. des beauftragten Anbaus sein Widerrufsrecht ausüben. Der Unternehmer hat ihm alle erhaltenen Zahlungen zurück zu gewähren und erhält für seine komplette Leistung nichts!   

Vorsicht auch wenn der Unternehmer beweisen kann, über den Widerruf schriftlich belehrt zu haben, aber sofort mit seiner Arbeit beginnt:

Wer vor Ablauf der Widerrufsfrist leistet oder vielleicht sogar seine Leistungen vollständig erbringt, läuft im Falle des Widerrufs Gefahr, nichts zu erhalten, wenn er nicht nachweisen kann, dass er vom Verbraucher ausdrücklich aufgefordert wurde, mit seiner Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist zu beginnen.

Die vorgenannte Formulierung in der amtlich vorgeschlagenen Widerrufserklärung ist also für den Unternehmer nur dann „beruhigend“, wenn er

a) den Verbraucher umfassend und richtig über dessen Widerrufsrecht informiert  hat und

b) bei Beginn der Arbeiten vor Ablauf der Widerrufsfrist nachweisen kann, dass er hierzu vom Verbraucher ausdrücklich aufgefordert wurde. Am besten natürlich schriftlich.


Rechtsanwalt Finn Streich

Streich & Kollegen Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB

Foto(s): Photo by Javier Quesada on Unsplash

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Finn Streich

Beiträge zum Thema