Bayer schließt Standort Frankfurt – 500 Arbeitsplätze in Gefahr

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Gewerkschaft und Politik reagieren empört – Was betroffene Beschäftigte jetzt wissen müssen

Der Chemie- und Pharmakonzern Bayer hat angekündigt, seinen traditionsreichen Standort im Industriepark Höchst bis Ende 2028 vollständig zu schließen. Von der Entscheidung betroffen sind rund 500 Beschäftigte in der Produktion und Forschung. Der DAX-Konzern reagiert damit nach eigenen Angaben auf gestiegenen internationalen Wettbewerbsdruck – insbesondere aus Asien – sowie auf zunehmende regulatorische Belastungen in Deutschland.

Pflanzenschutzproduktion vor dem Aus

Am Standort Frankfurt stellt Bayer seit Jahrzehnten Unkrautbekämpfungsmittel her und betreibt Forschung zu neuen Pflanzenschutzmitteln. Damit soll nun Schluss sein: Bayer will die Aktivitäten in der Pflanzenschutzsparte „neu aufstellen“. Forschung und Entwicklung sollen künftig am Standort Monheim am Rhein (NRW) gebündelt werden. Teile der Produktion sollen auf die Werke Dormagen und Knapsack bei Köln verlagert oder an Dritte verkauft werden.

Auch am Standort Dormagen stehen Arbeitsplätze auf der Kippe: Von den dort aktuell rund 1.200 Beschäftigten könnten bis zu 200 Stellen wegfallen.

Preisdruck aus Asien als Hauptursache

In einer Mitteilung nennt Bayer als Hauptgrund für die Schließung den zunehmenden Preisdruck durch asiatische Generikahersteller. Diese hätten in den vergangenen Jahren „große Überkapazitäten aufgebaut und drängen mit bleibenden Niedrigstpreisen in den Markt, die teilweise unter den Herstellungskosten in Europa liegen“. Hinzu kämen regulatorische Hürden in Deutschland, die Innovationen erschwerten und Investitionen unattraktiver machten.

Gewerkschaft: „Zäsur in der Konzerngeschichte“

Die Ankündigung stieß bei der Chemiegewerkschaft IG BCE und dem Bayer-Gesamtbetriebsrat auf scharfe Kritik. „Diese Schließungspläne sind eine Zäsur in der 162-jährigen Konzerngeschichte und stehen im Widerspruch zum erklärten Bekenntnis zum Standort Deutschland“, sagte Francesco Grioli, Mitglied des geschäftsführenden Hauptvorstands der IG BCE.
Noch nie zuvor habe Bayer einen deutschen Standort vollständig aufgegeben. Die Arbeitnehmervertreter fordern, alle Alternativen zur Standortaufgabe zu prüfen.

Landesregierung stellt sich an die Seite der Beschäftigten

Auch Hessens Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD) kritisierte die Entscheidung scharf: „Die Schließung eines hessischen Standorts ist für uns völlig inakzeptabel. Sie widerspricht den Prinzipien der Sozialpartnerschaft, auf denen unsere Arbeitswelt basiert.“
Er rief Bayer zu einem ernsthaften Dialog mit Betriebsrat und Gewerkschaft auf. „Wenn sich der Konzern darauf einlässt, stehen wir als Land an der Seite der Beschäftigten und unterstützen, wo immer es nötig ist.“

Was bedeutet das für die Beschäftigten?

Auch wenn der Konzern betont, nicht alle der 500 Stellen würden „ersatzlos“ entfallen, ist eines klar: Viele Mitarbeiter müssen mit betriebsbedingten Kündigungen rechnen. Doch betroffene Arbeitnehmer sind nicht schutzlos.

Nach dem Kündigungsschutzgesetz (§ 1 KSchG) darf eine Kündigung nur dann erfolgen, wenn dringende betriebliche Erfordernisse eine Weiterbeschäftigung unmöglich machen. Zudem muss der Arbeitgeber eine sogenannte Sozialauswahl treffen. Dabei sind Beschäftigte mit langer Betriebszugehörigkeit, höherem Alter, Unterhaltspflichten oder Schwerbehinderung besonders zu berücksichtigen.

Ein Betriebsrat – wie bei Bayer vorhanden – hat nach § 102 BetrVG Mitspracherechte bei jeder Kündigung. Ohne ordnungsgemäße Anhörung ist eine Kündigung unwirksam.

Jetzt aktiv werden – das sollten Beschäftigte tun

Rechtsexperten raten allen Betroffenen zu folgenden Schritten:

  • Kündigung prüfen lassen: Schriftform, Frist, Begründung – ein Fachanwalt für Arbeitsrecht kann helfen.

  • Fristen einhalten: Eine Kündigungsschutzklage muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang beim Arbeitsgericht eingereicht werden.

  • Sozialplan und Abfindung: Bei Betriebsänderungen ist häufig ein Sozialplan mit Abfindungen zu verhandeln (§ 112 BetrVG). Gewerkschaften sind hier oft die besten Verhandlungspartner.

  • Arbeitslosmeldung nicht vergessen: Frühzeitig bei der Agentur für Arbeit melden, um finanzielle Nachteile zu vermeiden.

Darüber hinaus besteht in größeren Entlassungswellen die Möglichkeit der Einrichtung einer Transfergesellschaft, in der Arbeitnehmer vorübergehend weiterbeschäftigt und qualifiziert werden können.

Fazit: Kündigung heißt nicht rechtlos

Auch wenn die Schließung für viele Beschäftigte ein Schock ist – sie sind nicht ohne Rechte. Jetzt gilt es, die nächsten Schritte gut informiert zu gehen. Wer sich frühzeitig anwaltlich beraten lässt, kann Chancen auf Abfindung, Weiterbeschäftigung oder sogar einen Arbeitsplatz an einem anderen Standort besser nutzen.


Rechtsanwalt & Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. jur. Jens Usebach LL.M. von der kanzlei JURA.CC bearbeitet im Schwerpunkt das Kündigungsschutzrecht im Arbeitsrecht. Der Fachanwalt für Arbeitsrecht vertritt Mandanten außergerichtlich bei Aufhebungsverträgen und Abwicklungsverträgen bei der Kündigung des Arbeitsvertrages durch den Arbeitgeber. Soweit erforderlich erfolgt eine gerichtliche Vertretung bei der Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht mit dem Ziel für den Arbeitnehmer eine angemessene und möglichst hohe Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes, ein sehr gutes Arbeitszeugnis für zukünftige Bewerbungen oder auch die Rücknahme der Kündigung und die Weiterbeschäftigung zu erzielen.

Mehr Informationen unter www.JURA.CC oder per Telefon: 0221-95814321

Foto(s): kanzlei JURA.CC

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