Auftragslos erbrachte Leistung - Kein Geld?

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Wie bekommt der Auftragnehmer auftragslos erbrachte Leistungen trotzdem bezahlt?

In meiner Anwaltspraxis häufen sich die Fälle, dass Auftragnehmer Leistungen, insbesondere im Stundenlohn ausführen, ohne eine Stundenlohnvereinbarung getroffen zu haben. Auftragslos, also ohne Vertrag erbrachte Leistungen sind immer risikoreich. Das sollte sich der Auftragnehmer immer vor Augen führen. Es ist wirklich nicht angezeigt, sich selbst in Gefahr zu begeben und Leistungen ohne Vergütung zu erbringen. 

Daher mein Appell an alle Handwerker: Schützt euch! Dies geht nur durch schriftliche Vereinbarung. Jetzt wird dagegen wieder ins Feld geführt, dass man solche zusätzliche Leistungen nicht immer schriftlich schließen kann, insbesondere bei hohem Termindruck. Das Gegenteil ist der Fall. Diesen Termindruck muss man als Auftragnehmer nutzen. Denn zu diesem Zeitpunkt ist der Auftraggeber noch motiviert. Der Auftragnehmer sollte klar darauf hinweisen, dass man schnellstmöglich mit der Leistung beginnen kann, sobald diese Leistung von Seiten des Auftraggebers schriftlich bestätigt wird. Dafür reicht eine E-Mail oder ein Fax aus. Als Jurist ist mir natürlich eine Unterschrift am Liebsten. Es unverständlich, dass in der Baupraxis dieser Termindruck nicht durch die Auftragnehmer genutzt wird. Hierauf sollte man sein Augenmerk richten. Es sicherlich nicht erbaulich, eine Vielzahl von Leistungen zu erbringen, die man hinterher durch den Auftraggeber mit dem Argument der fehlenden Beauftragung nicht bezahlt bekommt. Schnell kommen hohe 5-stellige oder sogar 6-stellige Beträge zusammen, die man durch eine schriftliche Vereinbarung auf jeden Fall leicht absichern kann. Ansonsten muss man erhebliche Winkelzüge machen, um diese berechtigt ausgeführten Leistungen auch bezahlt zu bekommen. Auch dann verbleibt ein hohes Risiko. Als Unternehmer sollte man stets die Risikominimierung zum Ziel haben. Es gehört sicherlich zur Risikominimierung, wenn man Leistungen ohne nachweisbare vertragliche Vereinbarung eben nicht erbringt. Zur Risikominimierung gehört es als guter Kaufmann, dass man Vertragsvereinbarungen schließt, so dass man der Beweislast, die man im Prozess führen muss, ohne Probleme nachkommen kann. Deshalb sollte jeder Auftragnehmer wirklich darauf bedacht sein, dass ihm zusätzliche Leistungen, unabhängig ob auf Stundenbasis oder nach Einheitspreisen auf jeden Fall schriftlich bestätigt werden. Das macht die Durchsetzung auf jeden Fall viel einfacher und nimmt auch vielen Auftraggebern von vornherein das Ansinnen, den Auftragnehmer über den Tisch zu ziehen. Nachfolgend stelle ich verschiedene Entscheidungen vor, die immer zu einem Werklohnanspruch des Auftragnehmers geführt haben. Der 1. Fall behandelt ein Urteil des Kammergerichts Berlin aus dem Jahr 2016. Dort geht es darum, dass ein Auftraggeber einen Auftragnehmer auf Grundlage der VOB/B mit der Ausführung von Rohbau- und Trockenbauarbeiten beauftragt. Aufgrund von Änderungen der Planung durch entsprechende Planfreigaben des Auftraggebers kommt es zu einer Erhöhung der im Leistungsverzeichnis vorgesehenen Stahlmengen. In der Freigabe von Plänen kann grundsätzlich nach dem Urteil des Kammergerichts als auch nach anderen Gerichten eine Anordnung des Auftraggebers zur Ausführung einer geänderten oder zusätzlichen Leistung liegen. Jedoch verbietet sich eine solche Annahme generell. Es kommt wie immer auf die Umstände des Einzelfalls an, insbesondere ob eine Vielzahl von Indizien es rechtfertigen, eine rechtswirksame Anordnung des Auftraggebers anzunehmen. In dem Zusammenhang sollte man sich vergegenwärtigen, dass allein die Prüfung der Schlussrechnung noch kein Anerkenntnis der darin alle eingestellten Nachtragsleistungen darstellt. Gleiches gilt für vom Auftraggeber geleistete Abschlagszahlungen auf die Nachtragsforderung. Durch die Auftragnehmer wird immer wieder argumentiert, dass der Auftraggeber mehrfach Abschlagszahlungen auf die Nachtragsforderungen gezahlt hat. Dies ist jedoch keinesfalls ausreichend, da Abschlagszahlungen keine Bindungswirkung entfalten und daraus allein nicht zu erkennen ist, ob der Auftraggeber diese zusätzlichen Leistungen anerkennt. Dies ist weiterhin herrschende Meinung der Rechtsprechung und muss auch weiterhin beachtet werden. Dieser Fall hatte aber jedoch auch noch eine andere Komponente, da der Auftraggeber die auftragslos erbrachten Leistungen abgenommen hatte und der Auftragnehmer zur Beseitigung von Mängeln an diesen Leistungen ausdrücklich aufgefordert wurde. Als Resümee kann man feststellen, dass eine Vielzahl von Umständen zusammenkommen muss, um eine auftragslos erbrachte Leistung bezahlt zu bekommen. Der 2. Fall ist ein Urteil des OLG Schleswig aus dem Jahr 2010. Dabei ging es darum, dass die Eigentümer auf ihrem Bungalow nachträglich ein Giebeldach errichteten. Sie beauftragten Verkleidungsarbeiten aufgrund eines Angebots in Höhe 12.000,00 €. Wegen Massenmehrung und Zusatzleistungen rechnete der Unternehmer anschließend 23.000,00 € ab. Natürlich verweigerten die Eigentümer die Zahlungen. Hier ging es auch darum, dass ergänzte Architektenpläne zusätzliche Verkleidungen an der Traufseite und an den Dachüberständen der Giebelseite aufwiesen. Das Gericht kam zu der Annahme, dass der Auftraggeber die Änderung der Ausführung akzeptiert hat. Ein Bemerken der Leistungsänderung und deren Hinnahme reichten nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts aus, um ein nachträgliches Anerkenntnis durch die Auftraggeber anzunehmen. Dafür genügt ein tatsächliches Verhalten, dass ein Einverständnis mit den Leistung zum Ausdruck bringt. Man sieht, dass dies sehr unbestimmt ist. Hier kann ein Gericht so oder so urteilen. Rechtssicherheit besteht auf jeden Fall nicht. Das sollte jedem Auftragnehmer klar sein. Auch der 3. Fall des OLG Brandenburg aus dem Jahr 2016 zeigt auf, dass immer wieder Architekten auf der Baustelle Leistungen in Auftrag geben, die der Auftraggeber nachher nicht bezahlen will. Hier ging es um nicht ausgeschriebene Direkt- und Notüberläufe. In die darüber geführte E-Mail-Korrespondenz zwischen dem Architekten und dem Auftragnehmer war der AG Auftraggeber eingebunden. Das Gericht kommt zu dem Urteil, dass dem Auftragnehmer ein Vergütungsanspruch zusteht, da der Auftraggeber der entsprechende E-Mail Verkehr zur Kenntnis gebracht wurde und dieser den Anweisungen des Architekten nicht widersprochen hat. Dieses Urteil ist jedoch keine Gewähr dafür, dass Gerichte immer zu dieser Entscheidung kommen. Hier war es auch noch so, dass der Auftraggeber die geänderte Leistung abgenommen hat. Also gilt wieder, dass das Gericht auf einer Vielzahl von Umständen schaut. Vielfach wird die Realisierung nur eines Umstandes dem Gericht wohl kaum genügen. Auch dieses Risiko sollte der Bodenleger beachten. Der 4. Fall behandelt eine Eventualposition, die technisch zwingend notwendig war. In dem Fall hat das OLG Karlsruhe sowohl im Jahr 2014 als auch im Jahr 2015 geurteilt, dass bei technisch notwendigen Eventualpositionen ein Vergütungsanspruch des Auftragnehmers besteht. Hier ging es in einem Fall um Aushubmaterial, welches auf der Baustelle nicht zwischengelagert werden konnte und durch den Auftragnehmer einfach abgefahren wurde. Der Auftragnehmer geht hin und verlangt eine zusätzliche Vergütung von 25.000,00 €. Der Auftraggeber lehnt die Bezahlung ab. Ein langwieriger Prozess mit Gerichtssachverständigen wird geführt. Das Gericht kommt hinterher zu der Auffassung, dass es keine alternativen Lagerungsmöglichkeiten gegeben hat, so dass das Abfahren zu bezahlen war. Hieraus kann man entnehmen, wenn eine Leistung technisch zwingend notwendig war und keine Alternativen hierzu bestanden und für den Auftraggeber sachlich vorteilhaft ist, wird man auch bei einer auftragslos erbrachten Leistung zu einem Vergütungsanspruch kommen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um einen BGB-Vertrag oder einen VOB-Vertrag handelt. Schlussendlich kann man zu dem Fazit kommen, dass es einem Vabanque-Spiel gleicht, wenn man Leistungen ohne vertragliche Vereinbarung ausführt.

Carsten Seeger


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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