Befristung bei angestellten Ärzten: Sonderrecht oder allgemeine Regeln des Befristungsrechts?

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Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin und Essen, im Interview mit Fachanwalt für Arbeitsrecht Volker Dineiger, Berlin und Essen.

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg beschäftigt sich in einem aktuellen Urteil (11.09.2015, 1 Sa 5/15) mit befristeten Arbeitsverträgen von angestellten Ärzten auf dem Weg zum Facharzt. Entwickelt sich ein Sonderrecht in Medizinbetrieben oder passt die Rechtsprechung in die allgemeinen Regelungen des Befristungsrechts?

Fachanwalt Bredereck: In einem aktuellen Urteil des LAG Baden-Württemberg geht es um Befristung für Ärzte in der Weiterbildung. Ein interessantes Gebiet, mit dem wir ja auch in der Beratung regelmäßig zu tun haben. Geht die Entwicklung immer mehr in Richtung eines Sonderarbeitsrechts für Ärzte?

Fachanwalt Dineiger: Das kann man so eigentlich nicht sagen. Vielmehr gibt sich das LAG in dem Urteil klar Mühe, bei der spannenden Konstellation des Falls die allgemeinen Kategorien des Befristungsrechts anzuwenden.

Fachanwalt Bredereck: Gibt es also auch das Erfordernis der Schriftform für den Arbeitsvertrag wie im allgemeinen Befristungsrecht?

Fachanwalt Dineiger: Das LAG führt aus, dass nach § 1 ÄArbVtrG die Vorschriften des TzBfG Anwendung finden. Dementsprechend muss der Arbeitnehmer auch im Bereich dieses Gesetzes innerhalb von drei Wochen nach dem Ende der letzten Befristung seine Klage einreichen, wenn er die Wirksamkeit der Befristung bezweifelt.

Fachanwalt Bredereck: Das heißt auch: Befristung nur für zwei Jahre, wenn ein Sachgrund für die Befristung nicht vorliegt?

Fachanwalt Dineiger: Nein, da gibt es tatsächlich Sonderregelungen. Tatsächlich gibt es im Bereich des ÄArbVtrG in der Hauptsache mit Sachgrund befristete Verträge; in diesen Fällen dient die Beschäftigung des Arztes seiner zeitlich und inhaltlich strukturierten Weiterbildung zum Facharzt oder einer ähnlichen Zusatzqualifikation. Nachdem diese Zusatzqualifikationen einige Dauer in Anspruch nehmen können, sieht das Gesetz längere Zeiträume für die Befristung vor, nämlich bis zu acht Jahre. Ist der Arzt in Teilzeit beschäftigt, kann die Befristung noch länger dauern.

Fachanwalt Bredereck: Das ist aber eine echte Ausnahme?

Fachanwalt Dineiger: Solche Ausnahmen kennen wir aus anderen Fachgesetzen auch. Das WissZeitVG über wissenschaftliche Mitarbeiter kennt auch längere Befristungsmöglichkeiten, die mit der Eigenart der Beschäftigung zusammenhängen.

Fachanwalt Bredereck: Bei diesen Beschäftigungen ist es häufig so, dass es dann besondere Regelungen im Arbeitsvertrag dazu geben muss. Muss etwas Vergleichbares auch in den Arbeitsverträgen der Ärzte stehen?

Fachanwalt Dineiger: Das ist einer der schwierigen Punkte in diesen Arbeitsverträgen. Die befristete Beschäftigung der Ärzte in der Weiterbildung soll gerade dieser Weiterbildung dienen, das ist der Zweck der Beschäftigung. Es gab im allgemeinen Befristungsrecht die Diskussion, ob der Zweck, also der Grund der Befristung, dann im Arbeitsvertrag genannt werden muss. Das BAG hat diesem Aspekt des Zitiergebots eine Absage erteilt. Im allgemeinen Befristungsrecht muss der Grund der Befristung nicht im Arbeitsvertrag genannt werden, er muss nur vorliegen. Das ist bei den Ärzten in der Weiterbildung auch so.

Fachanwalt Bredereck: Die Weiterbildung muss aber nach dem Gesetz in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht strukturiert sein. Muss das denn im Arbeitsvertrag stehen?

Fachanwalt Dineiger: Nein, auch das muss nicht im Arbeitsvertrag stehen. Die Organisation der Weiterbildung ist nicht der Zweck selbst, muss allerdings auch nicht im Arbeitsvertrag genannt sein. Das Konzept der Weiterbildung muss nur vorliegen und der gerichtlichen Überprüfung der Prognoseentscheidung durch das Arbeitsgericht standhalten.

Fachanwalt Bredereck: Wie ist denn die Prognoseentscheidung anzustellen?

Fachanwalt Dineiger: Der Prognose muss die Einschätzung des Arbeitgebers zugrunde liegen, dass die Weiterbildung auch tatsächlich in der Zeit der angeordneten Befristung absolviert werden kann. Daraus ergibt sich natürlich, dass der Weiterbildung auch ein Konzept über die Inhalte zugrunde liegen muss, da ansonsten die Inhalte nicht nachvollzogen werden können.

Fachanwalt Bredereck: Also alles geklärt, keine größeren Besonderheiten?

Fachanwalt Dineiger: Grundsätzlich schon. Allerdings hat das LAG die Revision zum BAG zugelassen. Ob diese Grundsätze Bestand haben, wird das BAG abschließend klären.

22.02.2016

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