Beginnt die Gewährleistungsfrist bei einer Nachbesserung durch den Unternehmer von Neuem zu laufen?

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Ist eine Bauleistung mangelhaft, kann der Besteller vom Unternehmer die Beseitigung des Mangels verlangen. Die Mangelbeseitigungsansprüche kann der Besteller aber nur innerhalb der Gewährleistungsfrist durchsetzen. Nach Ablauf der Gewährleistungsfrist wird der Auftragnehmer die Einrede der Verjährung erheben und sich weigern, Nachbesserungen durchzuführen.

Tritt ein Mangel trotz (versuchter) Nachbesserung zu einem späteren Zeitpunkt erneut auf, stellt sich regelmäßig die Frage, wie sich die (erfolglosen) Nachbesserungsarbeiten auf die Verjährungsfrist auswirken.

Es kommt – wie so oft – auf die Umstände des Einzelfalls an.

Neubeginn der Verjährung bei Anerkenntnis

Die Verjährung beginnt immer dann von Neuem zu laufen, wenn der Unternehmer gegenüber seinem Auftraggeber den Mangel anerkennt, § 212 Abs. 1 BGB. Die „ursprüngliche“ Verjährungsfrist wird in diesem Fall vollständig ignoriert und die gesamte Zeitspanne der Verjährungsfrist beginnt mit Abschluss der Nachbesserungsarbeiten von Neuem zu laufen.

In der Beratungspraxis stellt sich regelmäßig die Frage, wann ein Anerkenntnis im Sinne des
 § 212 Abs. 1 BGB vorliegt, denn oftmals wird der Unternehmer gegenüber dem Auftraggeber nicht ausdrücklich erklären, dass er die Mangelhaftigkeit seines eigenen Werkes anerkennt.

Nach der Rechtsprechung des BGH soll ein Anerkenntnis immer dann vorliegen, wenn sich aus dem tatsächlichen Verhalten des Auftragnehmers klar und unzweideutig ergibt, dass sich der Auftragnehmer der Mangelhaftigkeit seines Werkes bewusst ist. Regelmäßig wird in der Durchführung von Nachbesserungsarbeiten auch das für den Neubeginn der Verjährung erforderliche Anerkenntnis liegen. Das gilt auch für die Erklärung des Unternehmers, Mängel beseitigen zu wollen.

Bei einem Anerkenntnis sind vom Neubeginn der Verjährung sämtliche Mangelerscheinungen erfasst (z.B. Ausblühungen oder Feuchtigkeit an den Wänden, Rissbildung in der Fassade, kalte Fußbodenheizung, fehlerhafte Badabdichtung etc.). Vom Neubeginn der Verjährung sind aber auch alle Ursachen umfasst, die dem jeweiligen Mangelsymptom zugrunde liegen. Im Übrigen, soweit das Werk mangelfrei ist, bleibt es bei der ursprünglichen Gewährleistungszeit.

Verjährungshemmung bei Nachbesserung aus Kulanz

Anders liegt der Fall dann, wenn der Unternehmer zwar Nachbesserungs- oder Mängelbeseitigungsarbeiten durchführt, gleichwohl aber zum Ausdruck bringt, dass die Arbeiten lediglich aus Kulanz oder ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgen. In diesem Fall bleibt es bei der vertraglich vereinbarten oder der gesetzlichen Verjährungsfrist, die sich aber um die Dauer der Nachbesserungsarbeiten verlängert. Während der Nachbesserungsarbeiten ist der Fortlauf der Verjährung nämlich gem. § 203 BGB gehemmt.

Empfehlung

Dem Bauträger ist zu empfehlen, Nachbesserungsarbeiten in kritischen Fällen nicht vorschnell durchzuführen oder durch den Subunternehmer durchführen zu lassen, um den Gewährleistungszeitraum nicht unnötig in die Länge zu ziehen. Kommt nicht zum Ausdruck, dass die Nachbesserungsarbeiten lediglich aus Kulanz oder ohne Anerkennung einer Rechtspflicht durchgeführt werden, wird in der Durchführung der Arbeiten regelmäßig ein Anerkenntnis zu sehen sein. In der Folge beginnt die vereinbarte oder gesetzliche Verjährungsfrist von Neuem zu laufen (z.B. beim BGB-Vertrag die fünfjährige Verjährungsfrist, beim VOB/B-Vertrag die vierjährige Frist, soweit nichts Abweichendes vereinbart wurde).

Der Besteller will oftmals primär die Mängel beseitigt wissen. Auf den ersten Blick scheint dabei nicht zu interessieren, ob Nachbesserungsarbeiten aufgrund bestehender Rechtspflicht oder aus Kulanz durchgeführt werden. Will der Besteller aber in den Genuss des Neubeginns der Verjährung kommen, muss er zwingend darauf achten, dass der Unternehmer die vorhandenen Mängel anerkennt.

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Rechtsanwalt Jochen Wöllstein

Bahr & Wöllstein - Notar und Rechtsanwälte

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