Beinbruch bei Verfolgung: Unfallflüchtige haftet für Verletzung

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Mit Urteil vom 24.08.2018 hat das Oberlandesgericht Hamm bestätigt, dass eine flüchtende PKW-Fahrerin für alle Verletzungen meiner Mandantin nach einem Sturz haften muss.

Die 1976 geborene Beamtin hatte ihren PKW vor einer Sparkasse neben einem Fahrzeug geparkt und holte Geld am Automaten ab. Beim Rückwärtsfahren fuhr die Unfallverursacherin in den PKW der Mandantin und entfernte sich vom Unfallort. Als die Mandantin aus der Sparkasse kam, wurde sie von einem Zeugen informiert, dass die Verursacherin gerade dabei wäre, vom Parkplatz auf die Hauptstraße zu fahren. Die Mandantin rannte hinter dem Fahrzeug her, holte dieses auf dem Parkplatz ein und klopfte mit der rechten Hand im Laufen gegen die Beifahrerscheibe. Sie geriet ins Straucheln und knickte mit dem linken Bein nach innen um. Durch diesen Sturz erlitt die Beamtin eine Weber-B-Fraktur des linken oberen Sprunggelenkes und musste mit einer winkelstabilen Platte operiert werden. Zwei Jahre später wurde die Platte im Krankenhaus entfernt. Die Haftpflichtversicherung der PKW-Fahrerin hatte jegliche Haftung für den Sturz und die Verletzungen abgelehnt.

Das Oberlandesgericht Hamm hat allerdings eine 100 prozentige Haftung der Autofahrerin angenommen. Der Sturz der Fußgängerin sei bei Betrieb des Fahrzeuges im Sinne von § 7 StVG erfolgt. Das Merkmal „bei Betrieb“ sei weit auszulegen. Für die Frage der Zurechnung der Verletzung zur Unfallflucht sei maßgeblich, ob sich in dem Unfall eine gesteigerte Gefahrenlage ausgewirkt habe, für welche die Autofahrerin verantwortlich gewesen sei (BGH NJW 1993, 2234, (2235)).

Der Sturz sei im örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Beschädigung ihres Fahrzeuges durch das Auto der Beklagten erfolgt. Die Mandantin habe der Autofahrerin zu Fuß hinterherlaufen müssen, um sie zum Anhalten zu bewegen. Nur so habe sie die gebotenen Feststellungen zur Fahrerin und zum Halter des Unfallfahrzeuges treffen können. Die Klägerin sei eine trainierte und lauferfahrene Sportlerin gewesen. Das Hinterherlaufen stelle deshalb eine nachvollziehbare Reaktion dar und sei auch nicht mit Risiken verbunden, welche zum Anlass außer Verhältnis stünden. Die Klägerin habe am Unfalltag Turnschuhe getragen, sodass auch das Schuhwerk keine besondere Gefährlichkeit dargestellt habe.

Es stünde nicht fest, ob die Verletzte die Möglichkeit zum Ablesen des Kennzeichens gehabt hätte. Aufgrund der schrägen Position zum flüchtenden Auto habe sie weder das Gesicht der Fahrerin sehen noch das Kennzeichen ablesen können. Unabhängig davon sei sie aber auch nicht gehalten gewesen, sich das Kennzeichen zu merken oder zu notieren, anstatt den PKW zu verfolgen. Die Verfolgung habe eine reibungslose Schadensregulierung in Aussicht gestellt und sei erfolgversprechender gewesen als eine Halteranfrage aufgrund des Kennzeichens. Sie habe also nicht das Für und Wider einer weiteren Verfolgung gegenüber der Möglichkeit zur Halterermittlung über das Kennzeichen abwägen müssen (BGH NJW 1996, 1533, (1534)).

Ein Mitverschulden falle der Klägerin nicht zur Last. Die Höhe des Schmerzensgeldes und der weiteren materiellen Ansprüche bleibe einem gesonderten Prozess vorbehalten.

(OLG Hamm, Urteil vom 24.08.2018, AZ: I-7 U 23/18)



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