Berufsunfähigkeitsrente bei Depressionen (OLG Hamm v. 25.05.2016, Az I-26 U 103/14)

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Klageverfahren nach eingetretener Berufsunfähigkeit bei Depressionen (Vergleich vor dem OLG Hamm vom 25.05.2016 in Höhe von 210.000,00 € (AZ: I-26 U 103/14) 

Selbst bei unklaren Verhältnissen für den Erfolg zur Durchsetzung der Zahlung einer privat versicherten Berufsunfähigkeitsrente macht es Sinn, seine Ansprüche gerichtlich geltend zu machen. Auch als Depressionspatient oder aber bei anderen Erkrankungen mit erheblicher kognitiver oder / und körperlicher Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit soll der Mandant nicht alleine gelassen werden, denn es lohnt sich häufig, seine Ansprüche auf Leistung des Versicherers auf dem Instanzenweg durchzusetzen. 

Nach den Allgemeinen Bedingungen zur Berufsunfähigkeitsversicherung oder aber der an eine Lebens- oder Rentenversicherung gekoppelten Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung muss gemäß § 2 Abs. 1 der allgemeinen Versicherungsbedingungen in der Regel eine mindestens zu 50 % bestehende Berufsunfähigkeit vorliegen. Die Einstufung einer beruflichen Tätigkeit als „Beruf“ ergibt sich danach, welches Berufsbild einem bestimmten Tätigkeitsbereich zuzuordnen ist und inwieweit dieser letzte Beruf auch ausgeübt wurde. 

Gerade bei psychischen und neurologischen Erkrankungsbildern treten häufiger Erschwernisse zur Begründung auf, dass tatsächlich eine mindestens 50 %-ige Berufsunfähigkeit vorliegt, wonach die Versicherung letztlich die monatlich versicherte Berufsunfähigkeitsrente zahlen muss. 

Auch wenn sich ein juristisches Tauziehen bei zunächst erfolgter Ablehnung der Versicherung und der Schwierigkeit zur Einholung von ärztlichen Befundberichten oder auch nach Einholung eines Sachverständigengutachtens entwickelt, bestehen bei Mängeln in den gutachterlichen Bewertungen gute Erfolgschancen zur erfolgreichen Fortsetzung des Gerichtsverfahrens. Oft lohnt es sich auch mittels Einholung eines Privatgutachtens oder aber nach Veranlassung der Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens im Gerichtsverfahren seine Ansprüche weiter zu verfolgen.

Zur Begründung einer nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Berufsunfähigkeit zu überprüfenden Berufsunfähigkeit ist auf jeden Fall immer eine inhaltliche Abgrenzung zu den Maßstäben der gesetzlichen Rentenversicherung vorzunehmen. Erwerbsunfähigkeit ist keine Berufsunfähigkeit und somit auch dieser nicht gleichzustellen. 

Begrifflich beinhaltet die Erwerbsunfähigkeit ein weitaus größeres Maß der Leistungseinschränkung, wonach der Versicherte tatsächlich nicht mehr in der Lage ist, nur seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben zu können, sondern darüber hinaus auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gar keine Erwerbstätigkeit mehr ausüben zu können. 

Zu der Differenzierung zwischen Berufsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit gilt zu beachten: 

Bei Erwerbsunfähigkeit zählt allein, ob jemand überhaupt noch arbeiten kann, sprich auf dem Arbeitsmarkt insgesamt noch völlig unabhängig vom bisher ausgeübten Beruf arbeiten kann.

Bei Vorliegen einer Berufsunfähigkeit darf dagegen nur eingeschränkt überprüft werden ob und in welchem Anteil die versicherte Person seine einzelnen beruflichen Tätigkeiten im zuletzt ausgeübten Beruf überhaupt noch vollbringen kann.

Auch bei z. B. chronischen Erkrankungen und erheblichen Depressionen wie in dem oben genannten von mir vor dem OLG für meinen Mandanten vertreten Rechtsfall (OLG Hamm vom 25.05.2016 zu Az I-26 U 103/14) war danach entscheidend, ob es sich um allein kurzfristige Episoden der Depressionen handelt oder aber bereits immer häufiger auftretende Episoden vorliegen und im Vergleich zu einer früheren leichten oder mittelgradigen Depression eine Steigerung der Erkrankung vorgelegen hat. Der Umstand, dass ein Erkrankungsbild sich derart verschlechtert hat, dass aus einzelnen Episoden einer Erkrankung letztlich eine Chronifizierung entstanden ist, wodurch eine den Bedingungen nach mindestens zu 50 % bestehende Berufsunfähigkeit zu bejahen ist, wird häufig von den Versicherungen übersehen. Es lohnt sich daher häufig, seine Leistungsansprüche im Klageverfahren – selbst in zweiter Instanz im Berufungsverfahren – überprüfen zu lassen. 

Im Rahmen meiner anwaltlichen Tätigkeit als Fachanwältin für Versicherungsrecht und Fachanwältin für Medizinrecht berate und vertrete ich Sie im Prozessverfahren in allen Fragen des Versicherungsrechts und Medizinrecht vertrauensvoll und mit den hierzu notwendigen Fachkenntnissen.



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