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Bestimmte notarielle Beurkundungen sind in Spanien per Videokonferenz möglich

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Die Digitalisierung auf Ibiza schreitet unaufhaltsam voran und erleichtert die Arbeit internationaler Anwälte erheblich. Die im Mai 2023 verabschiedete spanische Gesetzesnovelle (Ley 11/2023) bringt bedeutende Neuerungen im Bereich des Handels- und Gesellschaftsrechts. Besonders bemerkenswert ist die Möglichkeit, einige notarielle Urkunden seit dem 9. November 2023 in Spanien per Videokonferenz zu unterzeichnen.

Dieser Schritt ermöglicht es ausländischen Mandanten, ohne persönliche Anwesenheit beim spanischen Notar tätig zu werden. Zusätzlich gestattet diese Gesetzesnovelle, welche auf einer EU-Richtlinie beruht, die elektronische Unterzeichnung von Gesellschaftsbeschlussbescheinigungen und deren notarielle Beurkundung.

In der Liste der Notarurkunden, die vollständig „online“ abgewickelt werden können, fehlen jedoch die Unterzeichnung von Kaufverträgen, Darlehensverträgen oder Testamenten. Der spanische Gesetzgeber hat hier Vorsicht walten lassen, weil die Überprüfung, dass die Person, die die Urkunde unterschreibt, dies aus freien Stücken und ohne Zwang tut, eine grundlegende Aufgabe des Notars ist und bei einer Videokonferenz kann der Notar nicht wissen, in welchem Zustand sich die Person auf der anderen Seite des Bildschirms befindet.

Die Unterzeichnung von Vollmachten kann ein Vollmachtgeber also komplett per Videokonferenz über ein spanisches Notariat abwickeln. Voraussetzung ist, dass es sich nicht um eine Generalvollmacht handelt, sondern um eine Vollmacht in einer konkreten Angelegenheit. Bei spanischen Vollmachten muss man aber deren Besonderheiten im Vergleich zu Vollmachten aus anderen EU-Ländern wie Deutschland hervorheben. Hier einige Beispiele.

Nach deutschem Recht ist eine Vollmacht über den Tod hinaus zulässig. Das spanische Recht hingegen regelt ausdrücklich, dass die Vollmacht mit dem Tod des Vollmachtgebers erlischt (siehe Art. 1732 Ziff. 3 CC). Eine deutsche Vollmacht über den Tod hinaus könnte bei der Verwendung in Spanien nur Wirkung haben, wenn sie ausdrücklich deutschem Recht unterworfen wird. Einem spanischen Notar wird die Rechtswahl normalerweise nicht ausreichend sein und er wird eine Beurkundung verweigern, da der Bevollmächtigte Inhalt und Tragweite des deutschen Rechts mit einem Rechtsgutachten nachweisen müsste.

Eine deutsche Generalvollmacht wird oft sehr kurz verfasst und bezüglich Vermögensangelegenheiten beschränkt sich der Text auf einen einzigen Satz: 

„Ich erteile Herrn/Frau XY Generalvollmacht, mich in allen finanziellen und rechtlichen Angelegenheiten umfassend zu vertreten“.  

Der in allgemeiner Form erteilte Auftrag in einer spanischen Generalvollmacht hingegen enthält nur Verwaltungstätigkeiten (gemäß Art. 1713 CC). Es ist ein ausdrücklicher Auftrag erforderlich, um Immobilien zu kaufen, zu verkaufen, zu belasten oder sonstige Verfügungsgeschäfte zu tätigen. In Spanien berechtigt eine in allgemeiner Form erteilte Vollmacht nur zur Verwaltung, nicht aber zur Verfügung! Für Verfügungsgeschäfte muss die Vollmacht nach Gegenstand und Umfang genau bestimmt sein.

Vollmachten in Spanien werden fast ausnahmslos in notarieller Form erteilt. Das gilt sogar für eine Prozessvollmacht an einen Rechtsanwalt. Es mag eine Rolle spielen, dass privatschriftliche Vollmachten im spanischen Recht keinen Beweis für die Richtigkeit des Ausstellungsdatums erbringen, während eine notarielle Protokollierung unanfechtbar den „sicheren“ Nachweis des Datums („fecha cierta“) liefert. Der Vollmachtnehmer benötigt immer eine spanische NIE-Nummer.

Wenn eine notarielle Vollmacht nach spanischem Recht erstellt wird, sollte man generell folgendes beachten: Man sollte die Laufzeit immer begrenzen, man sollte regeln, ob der Bevollmächtigte Geschäfte mit sich selbst abschließen darf, ob das Recht zur Erteilung einer Untervollmacht zugelassen werden soll und des Weiteren sollte man vorab klären, ob bei mehreren Bevollmächtigten diese einzeln oder nur gemeinsam handeln müssen und andersherum, ob der Bevollmächtigte mehrere Vollmachtgeber gleichzeitig vertreten darf („multi-representación“).

Trotz der weiterhin vorhandenen rechtlichen Unterschiede in den EU-Ländern, werden die am Anfang genannten Änderungen erheblichen Einfluss auf unsere Arbeitsweise haben. Die Option der Fernunterzeichnung von gewissen Urkunden und elektronischen Zertifizierung eröffnen neue Wege für eine effizientere und zeitgemäßere notarielle Beurkundung.

Foto(s): Armin Gutschick

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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