Betriebliches Eingliederungsmanagement

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§ 167 Abs. 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX):

„Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, klärt der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung im Sinne des § 176, bei schwerbehinderten Menschen außerdem mit der Schwerbehindertenvertretung, mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement).“

Arbeitgeber sind verpflichtet, länger erkrankten Beschäftigten ein Betriebliches Eingliederungs-management (BEM) anzubieten. Das BEM dient dem Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit.

BEM nur für (schwer)behinderte Menschen 

Die Pflicht zur Durchführung eines BEM knüpft nicht an die Behinderung an, d.h. es ist nicht nur durchzuführen bei einem behinderten, schwerbehinderten oder einem gleichgestellten Menschen. Die Vorschrift des § 167 SGB IX hat lediglich zur Voraussetzung, dass ein Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres länger als 6 Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig erkrankt ist.

Bei dem Zeitraum von 6 Wochen kommt es dabei nicht auf Krankheitsursachen und auch nicht darauf an, ob die Fehlzeiten auf eine Krankheitsursache zurückzuführen sind.  

Wie ist BEM durchzuführen

Hinsichtlich der Durchführung des BEM gibt es keine gesetzlichen Vorgaben. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) spricht hier von einem "ergebnisoffenen Suchprozess" (BAG, Beschluss vom 22.03.2016, 1 ABR 14/14, Rn.11). Es sind angemessene individuelle Lösungen zu finden.

In jedem Fall muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer

  • vor Beginn des BEM bzw. im Rahmen einer Einladung zum BEM (BEM-Einladungsschreiben),
  • auf die Ziele des BEM und
  • auf Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten

hinweisen (§ 167 Abs.2 Satz 3 SGB IX).

Eine Pflicht zur Beteiligung besteht nicht. Das Gesetz stellt klar, dass das BEM „mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person“ durchzuführen ist.

Dennoch sollte der Arbeitnehmer eine Einladung zum BEM nicht ignorieren, denn dies kann dem Arbeitnehmer geraden in Bezug auf Kündigungsschutz schaden.

BEM und Kündigungsschutz

Nach durchgeführtem BEM kommt für den Arbeitgeber der Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung in Betracht.

Ohne ein BEM muss das Gericht davon ausgehen, dass es andere Einsatzmöglichkeiten für den gekündigten Arbeitnehmer gegeben hätte. Die Kündigung ist dann nicht das mildeste Mittel, um auf die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit zu reagieren. Der Arbeitgeber kann jedoch das Gericht von der Nutzlosigkeit des BEM überzeugen. Nach der Rechtsprechung des BAG muss er hierzu:

"umfassend und detailliert vortragen, warum weder ein weiterer Einsatz auf dem bisherigen Arbeitsplatz, noch dessen leidensgerechte Anpassung oder Veränderung möglich gewesen seien und der Arbeitnehmer auch nicht auf einem anderen Arbeitsplatz bei geänderter Tätigkeit habe eingesetzt werden können, warum also ein BEM im keinem Fall dazu hätte beitragen können, neuerlichen Krankheitszei­ten vorzubeugen und das Arbeitsverhältnis zu erhalten (...)." (BAG, Ur­teil vom 20.11.2014, 2 AZR 755/13, S.14).

Ignoriert also der Arbeitnehmer die Einladung zum BEM, so verschlechtert er ggfs. seine Position im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses. Denn in einem solchen Fall hat der Arbeitgeber seine Verpflichtung zur Durchführung eines BEM erfüllt und kann dann unter erleichterten Voraussetzungen eine krankheitsbedingte Kündigung aussprechen.

Fazit

Haben Sie auch eine krankheitsbedingte Kündigung oder eine Einladung zum BEM erhalten und sind verunsichert wie Sie sich verhalten sollen. Gerade bei einer Kündigung haben Sie nur 3 Wochen Zeit eine Kündigungsschutzklage einzureichen. Rufen Sie schnell an.

Ansprechpartner und Kontaktaufnahme

Rechtsanwältin Anna Pac, angestellte Rechtsanwältin bei Kanzlei Inhestern.

Weitere Informationen finden Sie auf der Kanzleihomepage.


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