Bewertungsreserven und Lebensversicherungen: BGH vom 27. Juni 2018 – IV ZR 201/17

  • 2 Minuten Lesezeit

Die laufende Verzinsung einer Lebensversicherung setzt sich aus dem Garantiezins und dem laufenden Zinsüberschuss zusammen, über den Versicherer je nach Wirtschaftslage und Erfolg ihrer Anlagestrategie jedes Jahr neu entscheiden.

Hierbei sank der Garantiezins für Neuverträge stetig und liegt seit 01. Januar 2017 bei nur noch 0,9 Prozent. Für alte Policen gelten demgegenüber noch die hohen Zinsen von bis zu 4 %.

Auch der laufende Überschuss sinkt seit längerer Zeit ganz erheblich.

Am Ende der Vertragslaufzeit werden dem Kunden zudem noch der Schlussüberschuss und die Beteiligung an den Bewertungsreserven ausgezahlt.

Richtschnur für die Entwicklung sind die Erhebungen der Ratingagentur Assekurata. Danach ist die Gesamtverzinsung von Neuverträgen der privaten Rentenversicherung seit 2008 im Schnitt von 5,06 Prozent auf 3,10 Prozent in diesem Jahr gesunken. Bewertungsreserven werden mit Null angesetzt.

Problem: Beteiligung an Bewertungsreserven

Bewertungsreserven entstehen, wenn der aktuelle Marktpreis der Kapitalanlagen höher ist als der Kaufpreis. Das ist bei festverzinslichen Papieren immer dann der Fall, wenn die Zinsen sinken – dann steigt der Wert älterer Papiere mit höherem Zins. Wenn ein Kunde vor Ablauf der Police durch Kündigung ausschied, waren diese bis 2014 an diesen Buchgewinnen zur Hälfte zu beteiligen.

Aufgrund der hohen Zinsversprechen aus den Altverträgen und den damit einhergehenden Erwirtschaftungsproblemen bei Zinsflauten dürfen Assekuranzen Kursgewinne aus festverzinslichen Wertpapieren nur noch in dem Maße ausschütten, wie Garantiezusagen für die restlichen Versicherten sicher sind. Das verändert die Beteiligung von ausscheidenden Kunden im Rahmen der Beteiligung an den Bewertungsreserven nicht unerheblich.

Interessen des Allgemeinwohls rechtfertigen Kappung bei Bewertungsreserven

Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 27. Juni 2018 – IV ZR 201/17 – diese Gesetzesänderung als rechtmäßig beurteilt. Seit der Reform muss an erster Stelle sichergestellt sein, dass die Garantiezusagen für alle Versicherten trotz Zinsflaute dauerhaft eingehalten werden können. So hatte die Vorinstanz – das Landgericht Düsseldorf mit Urteil vom 13.07.2017, 9 S 46/16 – bereits zur sog. unechten Rückwirkung ausgeführt. Die Regelungen des § 56a Abs. 3, Abs. 4 VAG und § 153 Abs. 3 VVG seien verfassungskonform. Sobald die Rechtsfolgen einer neu geschaffenen Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, liegt eine sog. unechte Rückwirkung vor. Durch die Neuregelung verfolgte der Gesetzgeber gewichtige Interessen des Allgemeinwohls gegenüber Lebensversicherern, die von ihnen vertraglich zugesagte Garantiezinsen nicht mehr erwirtschaften konnten. Es ist dabei auch zu berücksichtigen, dass die Bewertungsreserven erst zum Ende des Vertragsverhältnisses in ihrer tatsächlichen Höhe benannt werden können und die Versicherer, wie vorliegend, die Versicherungsnehmer hierauf üblicherweise auch hinweisen. Dementsprechend darf der Versicherungsnehmer nicht berechtigterweise darauf vertrauen, dass er eine Beteiligung an den Bewertungsreserven in der in Aussicht gestellten Höhe erhält.

Entsprechend müssen Kunden solcher Produkte mit weiteren Verzinsungseinbußen rechnen.

Rechtstipp: Prüfen Sie vor Kündigung Ihrer Police die genauen Rückzahlungserwartungen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Dr.- Ing. Sabine Haselbauer

Beiträge zum Thema