BGH entscheidet über Sparverträge „S-Prämiensparen flexibel“: Was können Sparkassenkunden jetzt tun?

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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 14. Mai 2019 (Az.: XI ZR 345/18) entschieden, dass Prämiensparverträge grundsätzlich dann kündbar sind, sobald die höchste Prämienstufe (50 %) erreicht ist. Bis zu diesem Zeitpunkt ist das Kündigungsrecht der Sparkassen jedoch ausgeschlossen, so der BGH in seiner Pressemitteilung.

Viele Ausnahmen

Aus dem Urteil geht allerdings auch hervor, dass Kündigungen auch dann ausgeschlossen sind, wenn etwa feste Laufzeiten vereinbart wurden oder nachträglich aus den Verträgen resultierende Ansprüche „geändert“ oder „erweitert“ wurden. Zudem müssen sich Sparkassen Äußerungen ihrer Mitarbeiter zurechnen lassen, zumal dann, wenn es sich bei diesen Zusagen nicht lediglich um werbemäßige Anpreisungen handelt und sie zum Gegenstand der konkreten Beratung gemacht wurden.

Wer sich mit der Praxis der Prämiensparverträge auskennt, weiß, dass die vorerwähnten Ausnahmen von der BGH-Rechtsprechung ausgesprochen häufig vorkommen. Dies gilt etwa für die Fälle, wo Verträge auf Ehepartner und Kinder überschrieben worden sind und ausdrücklich eine Laufzeit von etwa „1188 Monaten“ vereinbart wurde.

Dies ist auch den jetzt kündigenden Sparkassen durchaus bewusst, haben sie doch nach unserer Erfahrung – etwa mit der Jerichower Sparkasse – versucht, die ausgesprochen langen Laufzeiten im Nachhinein zu begrenzen.

Insoweit hat der BGH lediglich einen Fall entschieden und zwar den, der dem Urteil des OLG Naumburg (Az.: 5 U 29/18) zugrunde lag. Weitere Fälle sind jedoch anhängig und auch wir, die Kanzlei Dr. Storch & Kollegen führen eine Vielzahl von Musterklagen, so etwa gegen die Sparkasse Märkisch-Oderland (MOL) vor dem LG Frankfurt/Oder.

Zinsforderungen möglich

Zu unterstreichen ist im Übrigen, dass der BGH in dem zitierten Urteil keine Aussage darüber getroffen hat, ob die Sparkassen bei Prämiensparverträgen in der Vergangenheit generell zu geringe Zinsen gezahlt haben und diese an die Sparkassenkunden zu erstatten sind. Auch zu dieser Frage haben wir bereits mehrere Musterklagen eingelegt.

Kühlen Kopf bewahren

Aus diversen Anfragen wissen wir, dass betroffene Sparkassenkunden durch die Berichterstattung in den Medien zum BGH-Urteil verunsichert sind, weil sie die tatsächliche Bedeutung des Urteils nicht einschätzen können. Aus diesem Grund skizzieren wir im Folgenden, was Sie als betroffener Sparkassenkunde jetzt tun sollten:

  • Sie sollten der Kündigung schriftlich widersprechen und an der Ratenzahlung über den Kündigungszeitpunkt hinaus unbedingt festhalten. Sie sollten zudem Ihre Sparkasse auffordern, ihre Zinsabrechnung schriftlich darzulegen.
  • Auf keinen Fall sollten Sie mit der Sparkasse einen „neuen Vertrag“ abschließen oder Ihr Erspartes abheben, weil Sie dadurch die Kündigung akzeptieren und Ihre Ansprüche verlieren.
  • Lassen Sie durch einen erfahrenen Fachanwalt, der bereits Klage gegen Sparkassen führt, Ihre Sparverträge prüfen und klären, ob die Kündigung tatsächlich wirksam ist und Zinsnachzahlungen verlangt werden können.
  • Wenn Sie über eine Rechtsschutzversicherung verfügen, sollten Sie die Kostenübernahme klären lassen. Auch dies am besten über einen Fachanwalt, der sich mit den Einzelheiten auskennt. Nach unseren bisherigen Erfahrungen lenken die Sparkassen nicht freiwillig ein und müssen daher vor Gericht verklagt werden.

Neue Kündigungswelle

Zwar steht zu befürchten, dass die Sparkassen sich durch das BGH-Urteil in ihrer Rechtsauffassung bestätigt fühlen und eine Kündigungswelle durch Deutschland schwappen wird. Die Kündigungen dürften, wie bislang, unterschiedslos für alle Verträge erfolgen und zwar egal, ob eine feste Laufzeit vereinbart worden ist oder nicht.

Offenbar wird von den Sparkassen darauf spekuliert, dass die erwähnten Details der Rechtsprechung von ihren Kunden nicht durchschaut werden oder sich keiner gegen die Praxis der Sparkassen wehrt. Zwischenzeitlich haben nach Meldung der Stiftung Warentest auch die Sparkassen Kandel-Germersheim, Altmark-West, Mittelthüringen, Pfaffenhofen, Schwedt und Schwelm ihren Kunden gekündigt.

Einzelfallprüfung erforderlich

Betroffene Sparkassenkunden sollten sich daher nicht entmutigen lassen und um ihre Rechte kämpfen, bzw. jeden Einzelfall anwaltlich prüfen lassen. Oftmals stecken die wichtigen Ansatzpunkte im Detail und nur ein versierter Anwalt findet diese heraus.

Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass bislang nur eine Pressemitteilung des BGH vorliegt. Die Abfassung des Urteils und die genauen Urteilsgründe sind daher abzuwarten.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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