BGH positioniert sich klar gegen die Banken: Bearbeitungsentgelte für unternehmerische Kredite

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Auf Grundlage der neuen BGH-Rechtsprechung können nun auch alle unternehmerischen Kreditnehmer von den Kreditinstituten die Bearbeitungsentgelte zuzüglich Zinsen zurückverlangen. Die Zeiten von Bearbeitungsentgelten für die Darlehensgewährung sind damit wohl vorbei.

Es ist davon auszugehen, dass eine heftige Klagewelle durch das Land rollen wird. Denn es geht um sehr viel Geld. Je nach Höhe des Darlehens können sich schnell mehrere tausend Euro ergeben. Unternehmerdarlehensverträge sahen in einer Vielzahl von Fällen Bearbeitungsgebühren in Höhe von 0,5 bis 3 Prozent der Darlehenssumme vor. Bei einem Finanzierungsvolumen von 500.000,- EUR kann dies ein zu erstattendes Bearbeitungsentgelt von 15.000,- EUR zuzüglich Zinsen ab Zahlung der Bearbeitungsgebühr ergeben! Wichtig ist, dass schnell gehandelt wird. Für alle Darlehen, die bereits im Jahr 2014 abgeschlossen wurden, droht mit Ende des Jahres 2017 die Verjährung.

Jetzt sind Bearbeitungsgebühren gegenüber Unternehmern und Verbrauchern unzulässig

Der Bundesgerichtshof hat für den Verbraucherdarlehensbereich bereits im Jahr 2014 entschieden, dass die Erhebung eines laufzeitunabhängigen Bearbeitungsentgelts in allgemeinen Geschäftsbedingungen mit wesentlichen Grundgedanken des Darlehensvertragsrechts unvereinbar ist und den Darlehensnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt (vgl. BGH, Urteil vom 13.05.2014 – XI ZR 405/12). Ob diese vom Bundesgerichtshof in Entscheidungen zu Verbraucherdarlehensverträgen entwickelten Grundsätze auf Darlehen im unternehmerischen Bereich übertragen werden können, war vorher noch nicht Gegenstand einer höchstrichterlichen Entscheidung gewesen und wurde in der Rechtsprechung der Instanzgerichte sowie in der Literatur unterschiedlich beurteilt.

Die BGH-Entscheidung: Bearbeitungsentgelte – eine unangemessene Benachteiligung auch für Unternehmer

Am 04.07.2017 hat der BGH (Az. XI ZR 562/15 und XI ZR 233/16) entschieden, dass die von den beklagten Banken vorformulierten Bestimmungen über ein laufzeitunabhängiges Bearbeitungsentgelt in Darlehensverträgen, die zwischen Kreditinstituten und Unternehmern geschlossen wurden, unwirksam sind. 

Die Darlehensnehmer sind in den Verfahren XI ZR 562/15 und XI ZR 233/16 Unternehmer im Sinne des § 14 BGB. Die Darlehensverträge, die mit den jeweiligen Banken geschlossen waren, enthalten Formularklauseln, wonach der Darlehensnehmer ein laufzeitunabhängiges „Bearbeitungsentgelt“ bzw. eine „Bearbeitungsgebühr“ zu entrichten hat. Die Rückzahlung dieses Entgelts ist Gegenstand der Klagen, weil die angegriffenen Klauseln nach Ansicht der Kläger unwirksam sind.

Der BGH hat entschieden, dass es sich bei den angegriffenen Klauseln um sog. Preisnebenabreden handelt, die der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterliegen.

Nach Auffassung des BGH halten die Klauseln dieser Inhaltskontrolle nicht stand. Die Vereinbarung laufzeitunabhängiger Bearbeitungsentgelte sei mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren, weshalb gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB im Zweifel eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners anzunehmen sei. 

Auch bei den vorliegenden Unternehmerdarlehensverträgen gebe es keine Gründe, die diese gesetzliche Vermutung widerlegen würden. Insbesondere könne die Angemessenheit eines laufzeitunabhängigen Bearbeitungsentgelts nicht mit eventuell hieraus resultierenden steuerlichen Vorteilen auf der Seite eines unternehmerischen Kreditnehmers begründet werden.

Die streitigen Klauseln hielten auch bei angemessener Berücksichtigung der im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche nach § 310 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB der Inhaltskontrolle nicht stand, so die Richter des Bundesgerichtshofs.

Unternehmer haben zusätzlich einen Zinsanspruch für den Zeitraum ab Bezahlung der Bearbeitungsgebühr

Die Banken müssen nicht nur die Bearbeitungsgebühren herausgeben, sondern sind zudem auch noch zum Nutzungsersatz verpflichtet. Gemäß § 818 Abs. 1 BGB erstreckt sich die Herausgabepflicht u. a. auf die gezogenen Nutzungen. Der Bundesgerichtshof hat im Urteil vom 10. März 2009 (Az.: XI ZR 33/08) ausgeführt, dass bei Zahlungen an Banken eine tatsächliche Vermutung dafür bestehe, dass die Bank Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen hat, die sie als Nutzungsersatz herausgeben muss.

Verjährung: Für alle Darlehen, die bereits im Jahr 2014 abgeschlossen wurden, droht mit Ende des Jahres 2017 die Verjährung

Im Darlehensrecht gilt die allgemeine Verjährungsfrist. Das bedeutet, dass ein Anspruch nach drei Jahren verjährt ist. Nach den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs beginnt die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in dem der Anspruch zustande kommt. Die Verjährungsfrist für die Rückforderung von Bearbeitungsgebühren beginnt daher am Schluss des Jahres zu laufen, in dem der Kreditvertrag mit der Vereinbarung über die Bearbeitungsgebühren abgeschlossen wurde.

In der Praxis heißt das, dass bereits gezahlte Bearbeitungsgebühren nicht mehr zurückgefordert werden können, wenn der Vertrag vor 2014 abgeschlossen wurde. In diesem Fällen ist der Anspruch nämlich bereits verjährt. Die Bearbeitungsgebühren können im Gegensatz dazu noch zurückgefordert werden, wenn der Vertrag im Jahr 2014 oder später abgeschlossen wurde. 

Zumutbarkeit der Klage: Laut BGH gelten die Grundsätze, die der BGH bereits zu Verbraucherdarlehen aufgestellt hat (Urteil vom 28. Oktober 2014 – XI ZR 348/13)

Unternehmer können sich nicht darauf berufen, dass eine Klage ihnen aufgrund der unsicheren Rechtslage unzumutbar gewesen sei und daher die Verjährungsfrist nicht zu laufen begonnen hätte. Es sei sowohl Verbrauchern als auch Unternehmern zumutbar gewesen, nach 2011 Klage zu erheben. Ab diesem Zeitpunkt war nämlich erkennbar, dass die Bearbeitungsgebühren unwirksam sind. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Rechtsprechung zu diesem Thema geändert. 

Praxishinweis

Unternehmer sollten daher nicht zögern und ihre Darlehensverträge dahingehend überprüfen, ob auch sie Bearbeitungsgebühren an ihre Bank gezahlt haben. Hierbei sollten sie auch ein besonderes Augenmerk auf die Wortwahl in ihren Verträgen haben: Einige Banken hatten im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Rückforderbarkeit von Bearbeitungsgebühren bei Verbraucherdarlehen diese auch gerne u. a. als „Darlehensentgelt“ deklariert. Nur weil sich die Hülle ändert, bewirkt dies jedoch nicht zugleich, dass sich auch ihr Inhalt ändert.

Sofern Sie ein Darlehen in den Jahren 2014 – 2017 abgeschlossen haben und von Ihnen ein laufzeitunabhängiges Bearbeitungsentgelt verlangt wurde, prüfen wir gerne ihren Anspruch. Wir helfen Ihnen gerne schnell und unkompliziert, Ihren Anspruch gegen die Bank durchzusetzen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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