BGH: Rechte des Immobilienkäufers wegen eines Mangels, den er bei Vertragsschluss kennt, sind ausgeschlossen

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In manchen Fällen lassen sich Käufer und/oder Verkäufer beim Immobilienkaufvertrag beim Notartermin von einem sogenannten vollmachtlosen Vertreter vertreten, weil sie selbst beim Notartermin nicht anwesend sein können oder wollen. Der Immobilienkaufvertrag muss dann nachträglich vom Käufer und/oder Verkäufer genehmigt werden. Auch die Genehmigung muss in öffentlich beglaubigter Form erfolgen. Bis dahin ist der Kaufvertrag schwebend unwirksam. Der BGH hatte nun einen Fall zu entscheiden, in dem der Käufer bei Abschluss eines Grundstückskaufvertrages durch einen vollmachtlosen Vertreter vertreten wurde. Im Zeitraum zwischen Abschluss des Kaufvertrages durch den vollmachtlosen Vertreter und Abgabe seiner Genehmigungserklärung erfuhr der Käufer von Mängeln der Kaufsache. Der BGH entschied, dass der Käufer in diesem Fall nach dem Inverkehrbringen der Genehmigungserklärung keine Rechte mehr wegen der Mängel gegenüber dem Verkäufer geltend machen kann (BGH, Urteil vom 6. Mai 2022 - V ZR 282/20).

Geklagt hatte ein Makler. Er war von der Verkäuferin mit dem Verkauf eines großen Grundstücks beauftragt. Der Makler bot das Objekt einer Bauträgergesellschaft an. In dem vom Makler übersandten Exposé hieß es, dass das bisher als Bürogebäude genutzte Objekt problemlos in Wohnraum umgenutzt werden könne, zum Beispiel für die Vermietung an Studenten. Eine Fläche von ca. 1.703,57 qm könne so vermietet werden. Außerdem gehöre zum Grundstück noch ein 153 qm großes Hinterhofgebäude. Der Makler und die Bauträgergesellschaft wurden sich über den Verkauf einig. Beim Notartermin zur Unterzeichnung des Grundstückskaufvertrages traten sowohl auf Käufer- als auch auf Verkäuferseite jeweils vollmachtlose Vertreter auf. Außerdem war im Vertrag eine Klausel zum Ausschluss der Sachmängelhaftung zugunsten der Verkäuferin vereinbart.

Beide Kaufvertragsparteien genehmigten den Grundstückskaufvertrag

Die Verkäuferin genehmigte den Kaufvertrag zuerst. Auch der Geschäftsführer der Bauträgergesellschaft (die Käuferin) ließ seine Genehmigung des Vertrages kurze Zeit später notariell beglaubigen. Wenige Wochen später erfuhr dann aber die Käuferin, dass die vermietbare Wohnfläche des Hauptgebäudes in Wahrheit nur 1.412,41 qm, also fast 300 qm weniger beträgt, als im Exposé versprochen. Auch das Hinterhofgebäude wies in Wahrheit nur eine Fläche von 55,27 qm statt der im Exposé genannten 153 qm auf. Dennoch übersandte die Käuferin dem Vertragsnotar etwa drei Wochen später die notariell beglaubigte Genehmigung.

Schadensersatzforderung wegen falscher Angaben im Maklerexposé 

Später verweigerte die Käuferin dann die Zahlung der Maklerprovision und verlangte von der Verkäuferin zudem Schadensersatz in Höhe von fast 350.000,- Euro mit der Begründung, dass die Wohnfläche in Wirklichkeit geringer sei als im Exposé des Maklers angegeben. Die Käuferin berief sich vor allem darauf, dass sie die notariell beglaubigte Genehmigungserklärung mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass diese "ohne jedes Präjudiz und unbeschadet etwaiger Ansprüche gegenüber Verkäufer und/oder Makler u.a. wegen unzutreffender Angaben zum Kaufgegenstand", deren Geltendmachung sie sich vorbehalte, an den Vertragsnotar versandt wurde. Doch dieser Hinweis half der Käuferin am Ende nichts. Entscheidend stellte der BGH darauf ab, dass die Käuferin in Kenntnis der tatsächlichen und vom Exposé abweichenden Flächengrößen den Kaufvertrag genehmigt hatte. Nach den vertraglichen Vereinbarungen komme es auf den Eingang der notariell beglaubigten Genehmigungserklärungen bei dem Notar an. Der BGH entschied, dass der Käuferin in diesem Fall kein Schadensersatzanspruch zusteht und sie auch die Maklerprovision zahlen muss.

Der Käufer kann nicht sehenden Auges einen mangelhaften
Gegenstand kaufen, um anschließend Ansprüche aus Sachmängelhaftung geltend zu machen

Dreh- und Angelpunkt war in diesem Fall für den Bundesgerichtshof die Norm des § 442 Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach  die Rechte des Käufers wegen eines Mangels, den er bei Vertragsschluss kennt, ausgeschlossen sind. Weil bei dem Notartermin vollmachtlose Vertreter für die Parteien handelten, kam der Grundstückskaufvertrag erst mit dem Zugang der zweiten notariell beglaubigten Genehmigungserklärung der Käuferin bei dem Notar zustande. In diesem Zeitpunkt wusste die Käuferin aber längst von den Flächenabweichungen. Selbst wenn diese einen Mangel der Kaufsache darstellen, kommt es darauf nach Ansicht des BGH nicht mehr an. Die Käuferin ist im vorliegenden Fall nicht schutzwürdig, denn sie hat sich mit der späteren Geltendmachung von Mängelansprüchen in Widerspruch zu ihrem vorangegangenen Verhalten, nämlich dem Vertragsabschluss durch Übersendung der Genehmigung in Kenntnis des Mangels gesetzt. Schließlich wies der BGH noch darauf hin, dass auch der mit der Übersendung der Genehmigung erklärte Vorbehalt an diesem Ergebnis nichts ändere, weil die Ansprüche, welche sich die Käuferin hier vorbehalten hat, eben bereits nach den vorstehenden Grundsätzen ausgeschlossen sind. Sofern sie sich hier bei der Abgabe und Übersendung der Genehmigungserklärung möglicherweise von falschen Rechtsvorstellungen hat leiten lassen, so trägt sie allein das Risiko ihres Rechtsirrtums.

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