BGH: Strenge Formanforderungen für wirksame Belehrung durch den Versicherer

  • 3 Minuten Lesezeit

BGH stellt strenge Formanforderungen an wirksame Belehrung durch den Versicherer

Versicherungsbedingungen sind im Regelfall für den Versicherungsnehmer schwer verständlich. Dies gilt umso mehr, wenn er infolge des Versicherungsfalls fest davon überzeugt ist, dass dies durch den von ihm in der Regel vor Jahren abgeschlossenen Versicherungsvertrag gedeckt ist. Gleichzeitig sind die komplexen Regelungen innerhalb des Versicherungsrechts den meisten Menschen schlichtweg unbekannt. Schon zum alten Recht hatte der Bundesgerichtshof („BGH") daher eine Reihe von ungeschriebenen Belehrungs- und Hinweispflichten aufgestellt, die Voraussetzung dafür waren, dass sich der Versicherer auf ein Fehlverhalten des Versicherungsnehmers überhaupt berufen konnte. Mit dem neuen Versicherungsvertragsgesetz wurde im Jahre 2008 diese Rechtsprechung mit ins Gesetz aufgenommen. Danach hat der Versicherer den Versicherungsnehmer grundsätzlich auch während des laufenden Versicherungsverhältnisses bei Anlass zu beraten. Dies wird nach Meldung eines Versicherungsfalls jedenfalls gegeben sein. Darüber hinaus legt das Gesetz dem Versicherer auch auf, im Versicherungsfall über die Obliegenheiten zur ordnungsgemäßen Beantwortung aller Fragen und die Folgen einer Falschbeantwortung „in einer gesonderten Mitteilung in Textform" aufzuklären. Andernfalls kann er sich auf die Obliegenheitsverletzung nicht berufen. Wie ein neueres Urteil des BGH vom 09.01.2013, IV ZR 197/11 zeigt, kann der Verstoß gegen die formellen Anforderungen - also im Endeffekt die falsche grafische Gestaltung - dazu führen, dass eine Falschbeantwortung durch den Versicherungsnehmer folgenlos bleiben kann.

Der klagende Versicherungsnehmer hatte bei der Beklagten eine Firmenschutzversicherung, die auch den Einbruchdiebstahl mitumfasste, abgeschlossen. Er behauptete, dass in der Nacht vom 28. auf den 29.05.2009 in seinen Fliesenlegerbetrieb eingebrochen wurde und Werkzeuge und Maschinen im Wert von 31.000 EUR entwendet wurden. Ob zwischen dem Kläger und der Beklagten außergerichtlich ein Regulierungsvergleich zustande gekommen war, stand im Streit. Nach dem angeblichem Vergleichsabschluss übersandte die Beklagte dem Kläger ein Schreiben mit diversen Nachfragen zum Versicherungsfall, die der Kläger teilweise falsch beantwortete. Das Schreiben endete mit der in fett gedruckten Überschrift „Belehrung" und dem in kursiv gehaltenen Zusatz „Mitteilung über die Folgen bei Verletzung von Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheiten nach dem Versicherungsfall". Die daran anschließende Belehrung entsprach im Druckbild und Schrift dem gesamten Text des Schreibens.

Die Beklagte berief sich im Weiteren auf die vorsätzliche Falschbeantwortung der Fragen und verweigerte den Versicherungsschutz. Die Klage des Klägers ist vor dem Landgericht und Oberlandesgericht erfolgslos geblieben. Der BGH hob das Berufungsurteil nun auf und verwies das Verfahren zur Beweisaufnahme zurück an das OLG.

Der BGH entschied dabei, dass die Belehrung der Beklagten aufgrund der Tatsache, dass sie sich drucktechnisch nicht von den übrigen Erklärungen im Schreiben abhob, nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht und dass die Beklagte sich daher nicht auf die von ihr behaupteten Obliegenheitsverletzungen berufen kann. Dabei führte das Gericht aus, dass aus dem Gesetzeswortlaut nicht gefolgert werden könne, dass die Belehrung zwingend - wie von einigen Literaten vertreten - auf einem gesonderten Blatt erfolgen muss, sondern dass es ausreichend sei, dass die Belehrung z.B. im Fragebogen enthalten ist. Allerdings muss die Belehrung drucktechnisch soweit abgehoben sein, dass sie dem Versicherungsnehmer jedenfalls ins Auge fällt, so dass dieser sie praktisch zur Kenntnis nehmen muss. Dem genügte die Belehrung hier nicht.

Das Urteil bringt zumindest teilweise Klarheit in die in der Praxis oft unklare Rechtslage. Mit Einführung der Belehrungspflichten ist in der juristischen Literatur viel darüber geschrieben worden, ob für die Belehrung zwingend ein gesondertes Blatt erforderlich ist, ob die Belehrung in den von dem Versicherer entworfenen Formularen enthalten sein kann und wo die Belehrung im Formular stehen muss bzw. wann die Belehrung den Versicherungsnehmer erreichen muss. Die Gestaltung der Versicherer ist dabei erstaunlich uneinheitlich, wobei einige ein gesondertes Blatt beifügen und sich die Kenntnisnahme in den Formularen bestätigen lassen - was wegen Verstoß gegen das AGB-Recht unwirksam ist - einige nur gesondert belehren, und wenn die Belehrung in den Schadenformularen erfolgt, dies teilweise vor den Fragen stehen, teilweise erst über der Unterschrift. Welche dieser Belehrungen ausreichend ist, wird noch entschieden werden müssen. Jedenfalls ist jetzt geklärt, dass der Text drucktechnisch hervorzuheben ist, wenn er im Formular steht.

Jedenfalls kann zum jetzigen Zeitpunkt festgehalten werden, dass, wenn der Versicherer sich auf Obliegenheitsverletzungen beruft, viel Stoff für Diskussionen über Form und auch Inhalt der Belehrung gegeben ist. Der Versicherungsnehmer sollte dabei allerdings einen in Versicherungsfragen erfahrenen Rechtsanwalt hinzuziehen.

Heiko Effelsberg, LL.M.

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Versicherungsrecht


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Heiko Effelsberg LL.M.

Beiträge zum Thema