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Blow up – Schadensersatz bei Unfall durch aufgebrochene Autobahn?

  • 3 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

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Hitzewellen und Autobahnen sind keine guten Freunde. Anhaltende Extremtemperaturen, wie wir sie zurzeit wieder erleben, lassen Fahrbahnen regelmäßig aufbrechen. Unfälle führen dann schnell zu hohen Schäden an Mensch und Maschine. Besonders gefährdet durch sogenannte Blow ups sind dabei Motorradfahrer. Im Hitzesommer 2013 kam nachweislich ein Biker durch einen Blow up auf der A93 ums Leben. Bekanntermaßen können durch Schlaglöcher verursachte Schäden zum Schadensersatz verpflichten. Doch lässt sich diese regelmäßig gegen den Staat als Straßenbaulastträger gerichtete Haftung auch auf Schäden durch einen Blow up übertragen?

Betonautobahnen betroffen

Blow ups betreffen vor allem ältere Fahrbahnen aus Betonplatten. Der Beton dehnt sich wärmebedingt aus. Kühlt er in heißen Nächten nicht mehr genug ab, können sich die Platten nicht mehr ausreichend zusammenziehen. Durch die tagsüber steigenden Temperaturen kommen sie sich immer näher. Irgendwann sind die Fugen zwischen den Platten geschlossen. Der Druck kann nicht mehr seitlich, sondern nur nach oben entweichen. Plötzlich platzt die Fahrbahn ohne Vorwarnung auf. Mitten auf der Autobahn entstehen so gefährliche Sprungschanzen.

Im Vergleich dazu können Asphaltdecken besser mit dem Druck umgehen. Sie kennen kein Blow-up-Problem. Betondecken sind dafür bei regelgerechter Herstellung wesentlich belastbarer und haltbarer als Asphalt. Das gilt insbesondere für durch schwere Lkw verursachte Spurrillen, für die Asphalt gerade bei Hitze besonders anfällig ist. Grundsätzlich kann zwar auch eine Betondecke hohen Temperaturen standhalten. Im Laufe der Zeit wird es aber immer schwerer, die Bedingungen dafür zu schaffen. So müssen Risse und Fugen repariert und verfüllt bzw. abgedichtet werden, damit kein Wasser eindringt. Grund für die Anfälligkeit für Hitzeaufbrüche ist auch die bis in die 80er-Jahre gängige Bauweise für Betonautobahnen mit einer ungünstigeren Druckverteilung.

Gefährliche Sprungschanzen

Für Bau und Unterhaltung von Straßen ist der Straßenbaulastträger zuständig. Straßenbaulastträger für Bundesfernstraßen – und damit Bundesautobahnen und -straßen – ist laut Bundesfernstraßengesetz der Bund. Als solcher trägt er die Verkehrssicherungspflicht. Er haftet für straßenbedingte Schäden anderer, wenn er diese Pflicht vorsätzlich oder fahrlässig nicht erfüllt.

Um einer Haftung zu entgehen, muss der Träger der Straßenbaulast angemessen reagieren – indem er entweder die Gefahr beseitigt oder rechtzeitig davor warnt. Insofern stellen Blow ups eine besondere Herausforderung dar. Anders als Schlaglöcher entstehen sie nicht schrittweise, sondern plötzlich. Wo und wann die Fahrbahn aufbricht, lässt sich nicht vorhersagen. Vorkehrungen wie konkrete Warnhinweise oder rechtzeitige Absperrungen oder gar Reparaturen lassen sich bei Blow ups nicht treffen.

Ein Restrisiko bleibt

Die unmittelbare Gefahr und fehlende Erkennbarkeit hat auch das Oberlandesgericht (OLG) Hamm dazu bewogen, die Schadensersatzklage eines Autofahrers abzuweisen (Urteil v. 25.10.1996, Az.: 9 U 156/96). Dessen Auto hob beim Überfahren einer hitzebedingt aufgeplatzten Fahrbahn ab und wurde dadurch erheblich beschädigt. In Hitzeperioden bestehe ein Restrisiko, das sich durch zumutbare Maßnahmen nicht vollständig beseitigen lasse, urteilte das OLG. Mehr als Kontrollfahrten, Geschwindigkeitsbeschränkungen und Warnhinweise an besonders gefährdete Verkehrsteilnehmer wie Motorradfahrer kann man nicht von einem Straßenbaulastträger verlangen. Eine Vollsperrung von Autobahnen sei keine Alternative. Hitzeaufbrüche ließen sich dabei im vorliegenden Fall auch nicht auf vorwerfbare Konstruktionsmängel zurückführen.

Chancen auf Schadensersatz für Schäden durch einen Blow up eröffnen sich Betroffenen daher nur in sehr engen Grenzen. Entweder gelingt es, dem Straßenbaulastträger von vornherein bestehende und bekannte Konstruktionsfehler nachzuweisen. Das wird ohne kostspielige Gutachten jedoch kaum der Fall sein. Oder geschädigte Verkehrsteilnehmer weisen nach, dass auf Hinweise verspätet oder nicht reagiert wurde. Auch das dürfte regelmäßig ausscheiden. So müssten für die Kontrolle verantwortliche Personen die Gefahrenstelle schon sehenden Auges ignorieren. Im Übrigen genügen zur Entlastung bereits verstärkt stattfindende Kontrollfahrten auf gefährdeten Strecken.

(GUE)

Foto(s): ©Fotolia.com

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