Bürgschaft und Haftung wegen nicht autorisierten Zahlungsvorgängen nach § 675u ff. BGB

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Stellen Sie sich vor, ihre Bank hat vom Konto Geld abgebucht, ohne dass sie vorher gewünscht hätten. Auch haben sie keine Einzugsermächtigung erteilt. Die Buchung ist schlicht und einfach fehlerhaft. Nach deutschem Recht, welches in Umsetzung der europäischen Zahlungsdienstrichtlinie geschaffen wurde, können Sie als Verbraucher von der Bank verlangen, dass sie ihr Konto richtiggestellt, in dem sie den Zustand vor der fehlerhaften Buchung wiederherstellt. Allerdings müssen Sie innerhalb von 13 Monaten seit der fehlerhaften Buchung die Bank über die Fehlerhaftigkeit der Buchung informieren. Anderenfalls, Also wenn die 13 Monate bereits verstrichen sind, können Sie die Buchung nicht mehr angreifen. Sie ist rechtskräftig und endgültig, § 676b Abs. 2 BGB). Beispiel: durch einen Fehler hat ihre Bank 1000 € von ihrem Konto abgebucht. Innerhalb von 13 Monaten seit der Buchung können Sie von der Bank verlangen, dass sie ihnen das Geld wieder gutschreibt.

Ein französisches Gericht musste den Fall entscheiden, dass nach Verstreichen der 13-monatigen Frist ein Bürge des Kontoinhabers seiner Inanspruchnahme durch die Bank entgehen wollte, indem er Einwand vorbrachte, der Kontoinhaber habe noch einen Anspruch auf Gutschrift aus einer fehlerhaften Buchung. Das französische Gericht legte den Fall dem Europäischen Gerichtshof zur Überprüfung vor (Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 02.09.2021, C-337/20).

Nachdem bereits Gesagten hätte der Kontoinhaber selbst keinen Anspruch auf Gutschrift mehr gehabt. Die 13 Monatsfrist war verstrichen. Nach Ansicht des europäischen Gerichtshofs entspricht dies auch der Vorgabe durch die Zahlungsdienste Richtlinie 2007/64/EG Art. 58 und 60 Allerdings ist der Bürge nicht Zahlungsdienstenutzer im Sinne der Richtlinie. Das Verhältnis zwischen dem Bürgen, dem Kontoinhaber und seiner Bank ist nicht Gegenstand der Zahlungsdienste Richtlinie und auch von keiner anderen europäischen Regulierung. In beeindruckender Klarheit stellt der europäische Gerichtshof klar, dass die Richtlinie 2007/64/EG lediglich die Rechte und Pflichten von Zahlungsdienstleistern und Zahlungsdienstenutzern, also Banken und Bankkunden, regelt. Die Rechte von dritten Parteien, wie Bürgen regeln sich alleine nach nationalen Vorschriften der Mitgliedsstaaten, im vorliegenden Fall nach Art. 2313 des französischen Zivilgesetzbuches. Danach kann der Bürge dem Gläubiger alle dem Hauptschuldner zustehenden Einreden aus der Schuld entgegenhalten.  

Wie das vorlegende französische Gericht den Fall gelöst hat, ist nicht bekannt. Dies hängt letztlich vom französischen Gesetzgeber ab. Wenn dieser die ein Einredemöglichkeiten des Bürgen auch in zeitlicher Hinsicht beschränken wollte, das würde heißen, der Bürge kann seiner Bürgschaftsverpflichtung nur solche Rechte des Haupt Schuldners entgegenhalten, die dieser noch geltend machen kann, so wäre es auch für den Bürgen zu spät.

So ist dieser Fall im Ergebnis auch nach deutschem Recht beurteilen. Vor Verstreichen der 13-monatigen Frist hat der Hauptschuldner gegen die Bank einen Anspruch auf Erstattung des zu Unrecht abgebuchten Betrages. Die Bank kann hiergegen mit ihrem Anspruch (zum Beispiel aus Darlehen) aufrechnen. Tut sie das nicht, kann der Bürge die dauerhafte Einrede der Aufrechenbarkeit erheben (§ 770 Abs. 2 BGB). Er muss nichts zahlen. Nach Verstreichen der 13-Monats-Frist hingegen ist die Forderung des Hauptschuldners erloschen. Es besteht keine Aufrechnungslage mehr. Der Bürge muss zahlen.

Für den deutschen Bürgen bedeutet dies, dass er schnell handeln sollte, wenn er Ansprüche des Hauptschuldners aus unberechtigter Buchung seiner Bürgschaftsverpflichtung entgegenhalten will. Dabei stellt sich auch die Frage, der Bürge anstelle des Hauptschuldners dessen Bank zur Wahrung der 13 Monatsfrist informieren kann. Diese Frage war noch nicht Gegenstand der Rechtsprechung. Meines Erachtens ist das zu bejahen

Zu Fragen rund um das Thema Bürgschaft berate ich Sie gerne.


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