Bundesarbeitsgericht (BAG): Fremd-Geschäftsführerin klagt erfolgreich Urlaubsabgeltung ein

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Bundesarbeitsgericht (BAG): Fremd-Geschäftsführerin klagt erfolgreich Urlaubsabgeltung ein


Leitsatz des BAG aus dem Urteil vom 25.07.2023, 9 AZR 43/22:


            "Der Fremdgeschäftsführer einer GmbH kann Arbeitnehmer im Sinne des BUrlG sein."


Was ist im Vorfeld passiert?


1. Streitgegenstand war die Urlaubsabgeltung aus den Jahren 2019 und 2020


In der Zeit von Juli 1993 bis April 2012 war die Klägerin bei der Beklagten als Arbeitnehmerin beschäftigt. Im Anschluss an diese Tätigkeit wurde sie als Femd-Geschäftsführerin der Beklagten angestellt.


Exkurs Fremd-Geschäftsführer:


Ein Fremd-Geschäftsführer ist nicht an der GmbH beteiligt. Übt er seine Tätigkeit gegen Entgelt aus, handelt es sich um einen freien Dienstvertrag. Im Einzelfall kann dieses Dienstverhältnis allerdings als Angestelltenverhältnis bewertet werden.


Im Sozialversicherungs- und im Steuerrecht wird der Fremd-Geschäftsführer wie die Angestellten des Unternehmens behandelt.


Wann wird ein Geschäftsführer zum Arbeitnehmer?


Dieser Fall tritt ein, wenn z. B. Arbeitszeit, Arbeitsdauer und Dienstort vorgeschrieben werden und er von den Gesellschaftern Arbeitsanweisungen erhält.


Bei einer Abberufung bzw. Kündigung des Geschäftsführer-Anstellungsvertrags kann er sich sodann auf seine arbeitnehmerähnliche Stellung berufen, was zur Folge hat, dass das örtliche Arbeitsgericht zuständig ist.


2018 wurde die Klägerin in einem anderen Unternehmen/an einem anderen Standort innerhalb der Unternehmensgruppe eingesetzt. Gemäß Vereinbarung stellte die Beklagte die Geschäftsführertätigkeiten der Klägerin dort zur Verfügung.


Im September 2019 legte sie ihr Geschäftsführer-Amt nieder und wurde noch im selben Monat aus dem Handelsregister als Geschäftsführerin ausgetragen.


Wenig später, im Oktober 2019, kündigte die Klägerin das Vertragsverhältnis zu Ende Juni 2020. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass sie ab August 2019 aufgrund von Arbeitsunfähigkeit keine Leistungen mehr erbracht hatte.


2. Aufgaben der Klägerin – Überwiegend weisungsgebunden


Die Klägerin hatte feste Arbeitszeiten von 07:00 Uhr bis 18:00 Uhr - der Vormittag bestand aus Kaltakquise, der Nachmittag aus Beratungs- und Dienstleistungstätigkeiten in Eigeninitiative, Außendienst/Kundenbesuche sowie Kontroll- und Überwachungsaufgaben – wovon sie mindestens 40 Telefonate und 20 Besuche pro Woche nachweisen musste.


Darüberhinaus führte sie Vorstellungsgespräche und Einstellungsverhandlungen.


3. Forderungen der Parteien


Die Klägerin verlangte zur Abgeltung ihres Resturlaubes eine Zahlung von 11.294,36 Euro brutto.


Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragtt, blieb damit jedoch durch alle Instanzen hinweg ohne Erfolg.


4. Die Klägerin hat das Recht auf ihrer Seite - Entscheidungsgründe BAG


4. 1. Beendigung des Anstellungsverhältnisses & Erholungsurlaub


Da es der Klägerin aufgrund ihrer Arbeitsunfähigkeit nicht möglich war, den Urlaub zu nehmen, hatte sie insgesamt einen nicht erfüllten Urlaubsanspruch von 38,5 Tagen (22 Tage aus 2019 und 16,5 Tage aus 2020).


            § 7 Abs. 4 BurlG

            "Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder    

             teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten."


Dabei sei es nach der Auffassung des Gerichts unerheblich, dass die Klägerin selbst das Amt der Geschäftsführerin niedergelegt hat. Weiter führt das BAG aus:


"Nach § 1 BUrlG hat jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. [...] Nach § 2 BUrlG unterliegen dem Geltungsbereich des Bundesurlaubsgesetzes Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Als Arbeitnehmer gelten zudem arbeitnehmerähnliche Personen."


4.2. Arbeitnehmerbegriff – BAG ordnet Klägerin als Arbeitnehmer ein


Nach Unionsrecht ist das wesentliche Merkmal eines Arbeitsverhältnisses, dass eine Person während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt und dafür ein Entgelt erhält.


Genau das war vorliegend der Fall. Im Verlauf des Prozesses stellte sich heraus, dass die Klägerin an Arbeitszeiten und Weisungen gebunden war – bis hin zum Nachweis einzelner Tätigkeiten – so dass das BAG dem geltenden Unionsrecht folgte.


Folglich ist die Klägerin als Arbeitnehmerin anzusehen und hat demnach einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung.


Unter Zugrundelegung des rechnerisch unstreitigen Tagessatzes ergibt sich insgesamt ein Anspruch in Höhe der geltend gemachten 11.294,36 Euro brutto.


5. BAG-Urteil wirkt sich auf Unterrichtungspflichten aus


Nach dieser Entscheidung müssen Arbeitgeber nun auch ihre Geschäftsführer – sofern sie   qualifiziert sind, als Arbeitnehmer zu gelten – Richtung Ende eines jeden Kalenderjahres über noch nicht genommenen Urlaub informieren. Anderenfalls erlischt der Urlaubsanspruch nicht.


Lesen Sie hierzu gern unseren Artikel Urlaubsanspruch – Verfall & Verjährung.


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