Bundesarbeitsgericht: Verdachtskündigung und Untersuchung des Dienstlaptops

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Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hatte kürzlich einen interessanten und für Arbeitgeber wie auch Arbeitnehmer gleichermaßen bedeutsamen Fall zu entscheiden: Ist eine ordentliche Kündigung wirksam, die sich auf den Verdacht einer Straftat bzw. einer erheblichen Pflichtverletzung gründet? Muss bei einer ordentlichen Verdachtskündigung eine Kündigungsfrist eingehalten werden?

Dieser Rechtstipp geht diesen Fragen nach und beleuchtet insbesondere, wie mit den Beweismitteln umzugehen ist, die anlässlich einer Untersuchung des Dienstlaptops ans Tageslicht gelangen!

1. Diesen Sachverhalt hatte das BAG zu entscheiden

Die Beklagte, ein Unternehmen der Automobilbranche, beschäftigte den Kläger seit rund 20 Jahren, nämlich seit 1996. Bei einer zuvor angekündigten Untersuchung des Arbeitslaptops des Beschäftigten kamen unbequeme Tatsachen ans Licht, die den Verdacht einer Straftat nahelegten. Es stand der Vorwurf des Tankbetruges im Raum. Als Reaktion hierauf wurde dem Arbeitnehmer, der anerkannt schwerbehindert ist, gekündigt, wobei die in 2013 ausgesprochenen Maßnahmen aufgrund fehlender Zustimmung des Integrationsamtes und unzureichender Betriebsratsanhörung von der Rechtsprechung für unwirksam befunden wurden. Nachdem der Arbeitgeber diese Mängel behoben hatte, kündigte er dem Beschäftigten erneut. Diese ordentliche Kündigung wurde indes erst 2017, also 4 Jahre nach dem Fund der Verdachtsmomente, ausgesprochen.

2. Auch bei Verdachtskündigung Kündigungsschutzklage möglich

Auch bei einer Verdachtskündigung steht dem Arbeitnehmer die Möglichkeit der Kündigungsschutzklage offen. Während sich eine solche in einer Vielzahl der Fälle als effektives Mittel zur Wahrung der Arbeitnehmerrechte erweist, konnte die Klage dem Beschäftigten in diesem Fall nicht weiterhelfen. Vor dem zuständigen Landesarbeitsgericht nämlich hatte er keinen Erfolg. Schließlich waren also die Richter des Bundesarbeitsgerichts zur Entscheidung berufen!

3. Revision beim Bundesarbeitsgericht

Auch die Revision des Beschäftigten wies der 2. Senat des Bundesarbeitsgerichts zurück. Dabei entwickelten die Richter folgende Grundsätze, auf die sie ihre Entscheidung stützten:

  • Der dringende Verdacht einer Pflichtverletzung kann eine ordentliche personenbedingten Kündigung nach sich ziehen.
  • Der Arbeitgeber muss zwar keine Kündigungsfrist einhalten, sich aber zügig entscheiden.
  • Die Untersuchung des Dienstrechners des Arbeitnehmers setzt nicht zwingend voraus, dass ein vorheriger Verdacht einer Pflichtverletzung besteht.

Zunächst verdeutlichten die Richter, dass der Verdacht bereits, der Arbeitnehmer habe die Pflichtverletzung tatsächlich begangen, einen eigenständigen personenbedingten Kündigungsgrund darstellen kann. Denn je nach Einzelfall könne bereits der schlichte Verdacht einer Pflichtverletzung das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer dauerhaft zerstören.

Anders als für eine außerordentliche Verdachtskündigung gelte aber bei der ordentlichen Verdachtskündigung keine starre Kündigungsfrist. Vielmehr müsse im Einzelfall geprüft werden, ob sich der Arbeitgeber zügig und zeitnah für seine Maßnahmen entschieden hat. Denn feststeht, dass der Arbeitgeber keine Kündigungsgründe sammeln darf, um diese zu einem späteren Zeitpunkt zu nutzen.

In dem hiesigen Fall sah der 2. Senat des Bundesarbeitsgerichts die Kündigung außerdem als sozial gerechtfertigt an. Bei dem gesetzlichen Merkmal der sozialen Rechtfertigung handelt es sich im Kern um eine Interessenabwägung, bei der das Gericht insbesondere die folgenden Aspekte berücksichtigen musste. Einerseits haben sich im Laufe der Sachverhaltsaufklärung die Vorwürfe des Tankbetruges erhärtet. Andererseits haben die den Verdacht begründenden Dateien auch keinem Verwertungsverbot unterlegen. Die hier erforderliche Verhältnismäßigkeitsprüfung falle zugunsten der Beklagten aus, so die Richter. Zwar dürften besonders eingriffsintensive Maßnahmen, wie beispielsweise die Untersuchung des Dienstlaptops, nur bei begründetem Verdacht einer Straftat oder schweren Pflichtverletzungen ergriffen werden. Allerdings hatte der Arbeitgeber die Untersuchung hier im Vorfeld angekündigt!

4. Fazit 

Festzuhalten bleibt, dass das Bundesarbeitsgericht viele offene Fragen geklärt hat. Was die Zulässigkeit der Untersuchung des Dienstlaptops und den Umgang mit daraus gewonnenen Dateien anbelangt, bekräftigt das Gericht seine zurückhaltende Rechtsprechung im Bereich der Verwertungsverbote. Für die ordentliche Verdachtskündigung gilt zwar keine starre Kündigungsfrist, der Arbeitgeber muss sich aber trotzdem zeitnah entscheiden!

Unabhängig von dieser Fallgestaltung werden Verdachtskündigungen auch in der Praxis häufig ausgesprochen. Als Kölner Anwaltskanzlei im Arbeitsrecht verfolgen wir stets die aktuelle Rechtsprechung und können Sie dadurch effektiv, rechtssicher und zielführend beraten! Nehmen Sie jederzeit gerne Kontakt zu uns auf!


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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