Bundesgerichtshof hat über den Referenzzins für Zinsanpassungen in Prämiensparverträgen entschieden!
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Urteile des Bundesgerichtshofs vom 9. Juli 2024 zu Zinsanpassungen in Prämiensparverträgen
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, zuständig für Bank- und Kapitalmarktrecht, hat am 9. Juli 2024 in den Verfahren XI ZR 44/23 und XI ZR 40/23 wichtige Entscheidungen zu Zinsanpassungen in S-Prämiensparverträgen der Sparkassen getroffen.
Dieses Urteil ist gleichermaßen auf ähnliche Verträge der Volks- & Raiffeisenbanken anwendbar.
Hintergrund und Prozessverlauf
Die klagenden Verbraucherschutzverbände, hatten gegen die Sparkassen geklagt, die von 1993 bis 2006 bzw. vor Juli 2010 Prämiensparverträge mit variabler Verzinsung abgeschlossen hatten. Die Kläger argumentierten, dass die Klauseln zur Zinsanpassung in den Sparverträgen unwirksam seien und die von den Sparkassen festgelegten Zinssätze zu niedrig ausfielen. Sie forderten die Festlegung eines angemessenen Referenzzinses für Zinsanpassungen.
Oberlandesgerichte und deren Feststellungen
Die Oberlandesgerichte Dresden und Naumburg hatten unter Einbeziehung von Sachverständigen festgestellt, dass die Zinsanpassungen auf der Grundlage der Umlaufsrenditen börsennotierter Bundesanleihen mit einer Restlaufzeit von 8 bis 15 Jahren (Deutsche Bundesbank Zeitreihe WU9554) erfolgen müssen. Das Oberlandesgericht lehnte jedoch die verjährungsrechtliche Feststellung im Verfahren XI ZR 44/23 ab.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs
Der Bundesgerichtshof wies beide Revisionen zurück und bestätigte die Feststellungen der Oberlandesgerichte.
Die Regelungslücke aufgrund der Unwirksamkeit der Zinsanpassungsklauseln sei durch ergänzende Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu schließen.
Ein Referenzzins auf Basis gleitender Durchschnittswerte sei nicht angemessen, da Sparer damit an vergangene Zinsen gebunden wären, was ihrer Erwartung widerspricht.
Die Umlaufsrenditen von Hypothekenpfandbriefen (Zeitreihe WX4260) wurden ebenfalls als ungeeignet abgelehnt, da sie einen Risikoaufschlag enthalten und nicht den risikolosen Marktzins widerspiegeln.
Die Urteile des Bundesgerichtshofs stellen klar, dass die Umlaufsrenditen inländischer Bundeswertpapiere (Zeitreihe WU9554) als geeigneter Referenzzins für die variable Verzinsung von Prämiensparverträgen dienen.
Diese Zinsen werden von der Deutschen Bundesbank unabhängig ermittelt und regelmäßig veröffentlicht, wodurch eine faire Balance zwischen Sparern und Sparkassen gewährleistet wird.
Im Verfahren XI ZR 44/23 wurde zudem klargestellt, dass die Kenntnis der Verbraucher über die Unwirksamkeit der Zinsanpassungsklauseln nicht für den Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist notwendig ist.
Bedeutung der Urteile
Diese Entscheidungen sind von großer Bedeutung für Verbraucher und Banken, da sie die Kriterien für die Zinsanpassungen in langfristigen Sparverträgen präzisieren und somit Rechtssicherheit schaffen.
Wie sollten sich Sparer nunmehr verhalten?
1. Verjährung beachten
Auch wenn Ihr Prämiensparvertrag bereits gekündigt wurde, verjährt der Anspruch auf Rückzahlung der Zinsen erst in drei Jahren ab Kündigung.
Die Verjährung beginnt zum Schluss des Jahres, §§ 195, 199 BGB.
2. Sparkasse in Verzug setzen
Sie sollten die Sparkasse auffordern, die Zinsen nach den Vorgaben des BGH nachzuberechnen und Ihnen die Gutschrift auszukehren bzw. sofern der Vertrag fortbesteht, dem Sparbuch gutzuschreiben. Zudem sollten Sie die Sparkasse in Verzug setzen, indem Sie ein konkretes Datum benennen, bis zu welcher Sie die Nachzahlung erwarten. Denn wenn Sie nicht rechtsschutzversichert sind, werden Ihnen die Anwaltskosten später nicht erstattet.
3. Zinsen selbst nachrechnen lassen
Aufgrund des einschlägigen Urteils ist nunmehr bekannt, welche Parameter gerichtlich durchgesetzt werden können. Sie können bei verschiedenen Kreditsachverständigen eine Nachberechnung ihres Vertrags in Auftrag geben. Hier müssen Sie mit Kosten von etwa 200,00 Euro rechnen. Kreditsachverständige sind:
4. Anwalt einschalten
Hieraus ergibt sich ein Betrag, welchen Sie sodann mit anwaltlicher Unterstützung einklagen können. Frau Rechtsanwältin Kes ist Fachanwältin im Bankrecht und hat bundesweit gegen diverse Sparkassen außergerichtlich und gerichtlich Erfolge erzielt.
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