Bundesgerichtshof im Abgasskandal: Schadensersatzansprüche gegen die Audi AG trotz verbrieftem Rückgaberecht

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Auch wenn ein geschädigter Verbraucher bei der Finanzierung des Fahrzeugkaufpreises sein verbrieftes Rückgaberecht nicht ausgeübt hat, ist der Schaden im Dieselabgasskandal dadurch nicht entfallen. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden.

Man kann nicht behaupten, dass es für die Audi AG im Dieselabgasskandal derzeit ruhig zugeht. Neben einer wieder steigenden Zahl an Verurteilungen im Rahmen herkömmlicher Schadenersatzprozessen hat sich kurz vor Weihnachten auch der Bundesgerichtshof im Dieselabgasskandal gegen das Unternehmen aus Ingolstadt positioniert (Urteil vom 16.122021, Az.: VII ZR 389/21). Konkret ging es um einen Audi A6 Avant 3.0 TDI mit einem Motor des Typs EA897 (Abgasnorm Euro 6). Der Bundesgerichtshof hat mit dem Urteil auf die Revision des Klägers das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen (Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 31.03.2021, Az.: 7 U 27/21).

Die Begründung: Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB ist im Dieselabgasskandal auch bei einem verbrieften Rückgaberecht in einem Darlehensvertrag nicht ausgeschlossen, weil der Verbraucher das Finanzierungsdarlehen vollständig abgelöst hat. Das Oberlandesgericht Celle hatte zunächst entschieden, dass ein Schaden in Form eines ungewollten Vertragsschlusses hier nicht mehr angenommen werden könne, weil der Kläger das ihm im Rahmen der Finanzierung gewährte Rückgaberecht nicht ausgeübt habe. Das verbriefte Rückgaberecht regelt, unter welchen Voraussetzungen Verbraucher einen gekauften Gegenstand wieder zurückgeben dürfen.

„Indem er durch bewusste Ablösung der Restschuld das Fahrzeug während des laufenden Berufungsverfahrens freiwillig übernommen habe, anstatt den Pkw zum Ende der Vertragslaufzeit gegen Erstattung des vertraglich vereinbarten Restwerts an die Händlerin zurückzugeben, habe er seine Handlungsfreiheit entsprechend ausgeübt. Da der Kläger nach Vollerwerb des Fahrzeugs den Schadensersatz durch Rückzahlung des Kaufpreises einschließlich der Finanzierungskosten Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs gewählt habe, setze er sich zu seinem eigenen vorherigen Verhalten in Widerspruch“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (www.hartung-rechtsanwaelte.de). Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert.

Das Urteil hat für Aufsehen in der Öffentlichkeit gesorgt. So schreibt die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“: „Die Bundesrichter bejahten die Möglichkeit, weil der Dieselfahrer ihrer Auffassung nach in seinem wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrecht verletzt ist. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung hätte der Kläger den Kaufvertrag in Kenntnis der unzulässigen Abschalteinrichtung nicht abgeschlossen. Der eigentliche Schaden sei für ihn schon mit Vertragsschluss entstanden.“

Für Verbraucherschutzanwalt Dr. Gerrit W. Hartung ist klar: „Es treten immer wieder neue Fälle und Sichtweisen im Dieselabgasskandal auf, die für neuen verbraucherfreundlichen Schwung sorgen können. Geschädigte Verbraucher sollten damit keine Chance auslassen, Schadenersatz auf gerichtlichem Wege zu erstreiten.“

Foto(s): Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH


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