Bundesgerichtshof: Motorenhersteller haftet im Dieselskandal nur bei vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung

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Ist der Hersteller eines manipulierten Dieselmotors nicht zugleich Fahrzeugherstellerin, kann er nicht generell wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem Kraftfahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden.


Kürzlich hat der Bundesgerichtshof über die Haftung des Motorherstellers in einem Dieselverfahren nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 21. März 2023 (Az.: C-100/21) entschieden. Hintergrund war die Klage gegen die Entwicklerin und Herstellerin eines Dieselmotors der Baureihe EA897 (Euro 6), der in einem gebauchten Fahrzeug eines anderen Fahrzeugherstellers verbaut war. Das Fahrzeug war bereits zuvor von einem vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) angeordneten Rückruf wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung betroffen. Ein von der Beklagten zur Beseitigung der vom KBA beanstandeten Abschalteinrichtung erstelltes Software-Update hatte das KBA am 1. August 2018 freigegeben.


Das Urteil vom 10. Juli 2023 (Az.: VIa ZR 1119/22 zu Landgericht Osnabrück, Urteil vom 19. November 2021 mit Az. 5 O 764/21, und Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 7. Juli 2022 mit Az. 8 U 250/21) dass ein Motorhersteller, der nicht zugleich Fahrzeughersteller ist, Käufern der vom sogenannten Dieselskandal betroffenen Fahrzeugen nur dann haftet, wenn er entweder selbst sittenwidrig vorsätzlich gehandelt hat oder wenn er dem Fahrzeughersteller vorsätzlich Beihilfe zu dessen vorsätzlichem Inverkehrbringen eines Kraftfahrzeugs mit einer inhaltlich unrichtigen Übereinstimmungsbescheinigung geleistet hat.


„Der Kläger wollte gegen beklagte Motorherstellerin, die nicht zugleich Fahrzeugherstellerin ist, wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen Schadensersatz durchsetzen und sich dafür auf das Vorhandensein eines Thermofensters gestützt. Nachdem das Landgericht Osnabrück dieser Klage in erster Instanz stattgegeben hat, ist die Klage vor dem Oberlandesgericht auf Berufung der Beklagten abgewiesen worden, was der Bundesgerichtshof nun, auf Revision des Klägers zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils, bestätigt hat“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert.


Der Bundesgerichtshof begründet seine Entscheidung laut Pressemitteilung folgendermaßen: „Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Klägers zurückgewiesen, weil er aufgrund der bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts davon auszugehen hatte, der Beklagten falle weder selbst eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung des Klägers zur Last noch habe sie vorsätzlich Beihilfe dazu geleistet, dass der Fahrzeughersteller das Fahrzeug vorsätzlich mit einer inhaltlich unrichtigen Übereinstimmungsbescheinigung – hier: bezogen auf ein in das Fahrzeug verbautes Thermofenster – in den Verkehr gebracht habe.“


Dieselexperte Dr. Gerrit W. Hartung betont mit Blick auf das durch ihn angestoßene BGH-Urteil vom 26. Juni 2023, dass Geschädigte im Dieselskandal ihre Klagen konsequent gegen den Fahrzeughersteller richten sollten, um dadurch schneller und leichter Schadenersatz zu erhalten. „Der Bundesgerichtshof hat auf unser Bestreben hin unter anderem festgestellt, dass bei Vorliegen eines Thermofensters fahrlässiges Handeln der Autohersteller für eine Entschädigung der Verbraucher ausreicht. Die Chancen, auf dem Klageweg Schadenersatz auch bei fahrlässigem Verhalten der Hersteller zu erhalten, sind damit weiter gestiegen“, betont Dieselanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.


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Foto(s): Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH


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