Bundesgerichtshof: Unzulässige Rechtsausübung bei Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrags

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Am 9. Januar 2018 entschied der Bundesgerichtshof über den Umfang der rechtsmissbräuchlichen Ausübung eines Widerrufsrechts (Az.: XI ZR 402/16).

Die Parteien stritten sich über die Wirksamkeit eines von den Klägern erklärten Widerrufs ihrer auf Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen. Die Parteien schlossen im Juni 2006 einen grundpfandrechtlich gesicherten Darlehensvertrag. Der Sollzinssatz war mit 4,68 % p. a. bis Februar 2019 festgeschrieben. Die Kläger erhielten von der Beklagten im Rahmen des Vertragsschlusses eine Widerrufsbelehrung. Im Juni 2014 widerriefen die Kläger ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen.

Das Berufungsgericht war der Auffassung, dass die Beklagte nicht ordnungsgemäß über das den Klägern zustehende Widerrufsrecht belehrt habe. Jedoch stehe der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung einem wirksamen Widerruf entgegen. Grundsätzlich seien die Motive für die Ausübung des Widerrufs unbedeutend. Die Rechtsausübung sei aber dann unzulässig, wenn der objektiv zu ermittelnde Zweck der Ausübung des Widerrufsrechts entgegen des Zwecks der Norm stünde und damit die Schutzwürdigkeit des betroffenen Unternehmers auflebe. 

Im zu entscheidenden Fall habe der Widerruf den Zweck einer günstigeren Anschlussfinanzierung nach Maßgabe des aktuellen Zinsniveaus ermöglichen sollen. Das Berufungsgericht war der Auffassung, dass es sich um einen eindeutigen Fall des Rechtsmissbrauchs handele. Die Mängel der Widerrufsbelehrung seien auch nicht gravierend genug, sodass der Beklagte bei einer Gesamtabwägung des Einwands der unzulässigen Rechtsausübung hinreichend schutzwürdig sei.

Der Bundesgerichtshof stellte zunächst klar, dass die Widerrufsfrist bei Erklärung des Widerrufs noch nicht abgelaufen war, da die Beklagte durch die Verwendung des Wortes „frühestens“ undeutlich über den Beginn und die Voraussetzungen für den Fristablauf belehrt habe. Darüber hinaus habe die Beklagte auch nicht deutlich über die Bedingungen für ein Erlöschen des Widerrufs unterrichtet mittels des „Besonderen Hinweises“. Demnach könne sich die Beklagte wegen der vom gesetzlichen Muster abweichenden Widerrufsbelehrung nicht auf dessen Gesetzlichkeitsfiktion berufen.

Der Bundesgerichtshof erklärte überdies, dass die Ausführungen des Berufungsgerichts zu einer rechtsmissbräuchlichen Ausübung des Widerrufsrechts Rechtsfehler aufweisen würden. Der Senat führte dazu weiterhin aus, dass ein Verstoß des Widerrufenden gegen § 242 BGB nicht daraus hergeleitet werden könne, dass der vom Gesetzgeber mit der Einräumung des Widerrufsrechts intendierte Schutzzweck für die Ausübung des Widerrufs nicht leitend gewesen sei. Darüber hinaus hänge auch die Schutzwürdigkeit der Beklagten nicht davon ab wie gewichtig die Fehler der Widerrufsbelehrung seien.

Erst im vergangenen Jahr am 12. Juli 2016 entschied der Bundesgerichtshof über die Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrungen in Darlehensverträgen von Banken (Az.: XI ZR 564/15). Eine dabei häufig verwendete Formulierung in der Widerrufsbelehrung zur Widerrufsfrist, die „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ beginne, sei dem Bundesgerichtshof zufolge fehlerhaft und entspreche nicht dem Deutlichkeitsgebot.

Rechtliche Möglichkeiten

Sie haben die Möglichkeit, Ihren Darlehensvertrag durch einen Anwalt überprüfen zu lassen und bei einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung Ihren nach dem 10. Juni 2010 geschlossenen Vertrag zu widerrufen. Haben Sie Ihren zwischen dem 2. November 2002 und dem 10. Juni 2010 geschlossenen Darlehensvertrag bereits selbst widerrufen und eine zurückweisende Antwort Ihrer Bank erhalten, sollten Sie sich ebenfalls beraten lassen. Erfahrungsgemäß akzeptieren Banken den Widerruf eines Darlehensvertrags oft nicht ohne weiteres.

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