Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 24.01.2012: Auswirkung auf Abmahnungen wegen Filesharings?

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Die Identifizierung von Internetnutzern durch Provider mittels Zuordnung dynamischer IP-Adressen unterfällt dem Fernmeldegeheimnis aus Artikel 10 Grundgesetz. Das hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) am 24.01.2012 beschlossen, Az.: 1 BvR 1299/05, Rdn.116.

Das Gericht gab der Verfassungsbeschwerde teilweise statt und erklärte § 113 Abs. 1 S. 2 TKG für verfassungswidrig. Strafverfolgungsbehörden dürfen danach längstens noch bis zum 30.06.2013 Internetnutzer durch Provider mittels Zuordnung dynamischer IP-Adressen auf Grundlage von § 113 Abs. 1 TKG identifizieren lassen.

Bislang war umstritten, ob § 113 TKG Behörden die Einholung der Auskunft über den Inhaber einer dynamischen IP-Adresse erlaubt. Das BVerfG hat diese Frage nun verneint, Rdn. 172.

Da einer Abmahnung wegen Filesharings in der Regel ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren nicht mehr vorausgeht (die Verfassungsbeschwerde wurde im Jahr 2005 erhoben, zu einer Zeit, zu der Abmahnkanzleien die Wohnanschrift der vermeintlichen Rechteverletzter nur durch Inanspruchnahme der Staatsanwaltschaft erhielten), hat die Entscheidung des BVerfG zumindest unmittelbar keine Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit / Rechtswidrigkeit der Erfassung und Zuordnung von IP-Adressen.

Allerdings ist zu hoffen, dass Gerichte zukünftig bei der Auslegung von § 101 Abs. 9 UrhG (dem zivilrechtlichen Verfahren, mit welchem dem Provider durch ein Gericht gestattet wird, dynamische IP-Adressen zuzuordnen und Wohnanschriften Ihrer Kunden herauszugeben) stärker die Grundrechtsrelevanz des Eingriffs in Artikel 10 GG Grundgesetz und in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (BVerfG, Rdn. 121) beachten. Immerhin erlaubt die Identifizierung der dynamischen IP-Adresse die „Deanonymisierung von Kommunikationsvorgängen im Internet" (BVerfG, Rdn. 174) und kann damit das Kommunikationsverhalten der Internetnutzer beeinflussen.

Bereits am 23.01.2012 hat das OLG Köln, Az. 6 W 13/12, entschieden, dass gerade wegen der Einschränkung des durch Artikel 10 Grundgesetz geschützten Fernmeldegeheimnisses der Anspruch des Urheberrechteinhabers auf Zuordnung der dynamischen IP-Adresse zur Wohnanschrift des vermeintlichen Rechteverletzers nur „bei schwerwiegenden Eingriffen in die Rechte des Urhebers" erfolgen soll.
 
Ein schwerwiegender Eingriff liegt nach der Rechtsprechung des OLG Köln aber schon dann nicht mehr vor, wenn eine einzelne Datei mittels Filesharing-Software außerhalb der wirtschaftlichen Verwertungsphase getauscht worden sein soll. Dabei geht das OLG Köln regelmäßig davon aus, dass die Phase der kommerziellen Verwertung sechs Monate nach der Veröffentlichung beendet ist. Eine Beauskunftung der Wohnanschrift nach Ablauf der kommerziellen Verwertungsphase kommt nach dieser Rechtsprechung nicht in Betracht.

Ich berate und vertrete seit vielen Jahren Mandanten, die eine Abmahnung wegen Filesharings erhalten haben. Sie erhalten unter Tel. 030 694 04 44 oder reno@rechtsanwalt-sandkuehler.de kurzfristig einen Besprechungstermin, gern auch telefonisch, sollten Sie nicht in meine Kanzlei in Berlin Schöneberg am Victoria-Luise-Platz kommen können. Eine Beratung und Vertretung und ist auch per E-Mail möglich.


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