Computerprobleme bei British Airways – ein außergewöhnlicher Umstand?

  • 3 Minuten Lesezeit

Am 27. Mai 2017 führten Probleme an dem Computersystem der Fluggesellschaft British Airways zu massiven Ausfällen und Verspätungen zahlreicher Flüge. In London saßen Tausende Passagiere fest, darunter auch sehr viele Deutsche.

Was war geschehen?

Ein weltweiter Computerausfall bei der Fluggesellschaft führte dazu, dass der „Self-Check-in“ nicht mehr funktionierte. An den Geräten an den Flughäfen in England bildeten sich lange Schlangen, daraufhin stellte die Fluggesellschaft fest, dass es technische Probleme gab. Zunächst kündigte die Fluggesellschaft an, dass ihre Flüge von Heathrow und Gatwick nur bis 18:00 Uhr ausfallen würden. Im Laufe des 27. Mai 2017 musste dann angekündigt werden, dass alle Flüge an beiden Flughäfen an diesem Samstag aufgrund eines weltweiten Computerausfalls annulliert werden müssen.

Diese Störung führte auch zu Auswirkungen von British-Airways-Flügen in Frankfurt, Düsseldorf und Hannover. Dort sind Flüge entweder annulliert worden oder konnten nur mit großer Verspätung durchgeführt werden. 

British Airways hat die Passagiere aufgefordert, gar nicht erst zu den Flughäfen in London zu fahren, da die Terminals dort überfüllt seien.

Die Rechtsfolgen von Annullierungen oder großen Verspätungen

Bei Annullierungen bzw. großen Verspätungen (ab 3 Stunden) bestehen Ansprüche auf Ausgleichszahlung. Die Höhe orientiert sich an der Flugentfernung. Folgende Entschädigungen sind in der Europäischen Fluggastrechte-Verordnung (Nr. 261/2004) vorgesehen:

  • bei Flügen bis zu 1500 km Entfernung: 250,00 €
  • bei Flügen bis zu 3500 km Entfernung: 400,00 €
  • bei Flügen über 3500 km Entfernung: 600,00 €

Diese Ansprüche sind ausschließlich gegen die den Flug ausführende Fluggesellschaft zu richten.

Diese Rechte haben auch die Fluggäste, deren Flug Bestandteil einer Pauschalreise ist.

Allerdings ist eine Fluggesellschaft nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen zu leisten, wenn die Annullierung bzw. die Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen ist, die von der Fluggesellschaft nicht beherrschbar sind. Zu den typischen Fällen außergewöhnlicher Umstände zählen Wetterbedingungen, die das sichere Fliegen verhindern, Streik des eigenen Personals und neuerdings – nach einer aktuellen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs – auch die Kollision eines Flugzeugs mit einem Vogel, wenn danach eine große Verspätung folgt.

Technische Probleme am Fluggerät gehören grundsätzlich nicht zu den außergewöhnlichen Umständen, die eine Fluggesellschaft von der Verpflichtung befreit, Ausgleichszahlung leisten zu müssen.

Im vorliegenden Fall lag nun kein technisches Problem am Fluggerät, sondern am Computersystem der Fluggesellschaft vor. Solche Vorkommnisse sind selten, aber nicht einmalig, wie eine vergleichbare Situation bei Delta Airlines zeigt. Am 8. August 2016 fiel bei dieser amerikanischen Fluggesellschaft ebenfalls das Computersystem aus und Tausende von Flügen mussten annulliert werden oder verspäteten sich.

In diesen Fällen stellt sich die Frage, ob Fluggästen, die aufgrund des Ausfalls des Computersystems eine Verspätung Ihres Flugs oder gar eine Annullierung hinnehmen müssen, eine Entschädigung nach der Europäischen Fluggastrechte-Verordnung zusteht.

Rechtliche Beurteilung

Nach meiner Einschätzung kann der Ausfall der Computeranlagen am Boden nicht anders behandelt werden, als ein technisches Problem am Fluggerät. Nachdem der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache Wallentin-Hermann / Alitalia entschieden hat, dass es eine Fluggesellschaft in der Regel nicht ablehnen darf, Fluggästen nach der Annullierung eines Flugs wegen technischer Probleme des Flugzeugs eine Ausgleichszahlung zu leisten, kann sich eine Fluggesellschaft nicht auf die Entlastung berufen, wenn statt des Flugzeugs eine technische Einrichtung am Boden beschädigt ist.

So hat es im August 2016 auch die Fluggesellschaft Delta Airlines gesehen und wie folgt auf eine Zahlungsaufforderung geantwortet:

„Berechtigung auf Ausgleichszahlung

Gemäß der EU-Verordnung 261/2004 handelt es sich hier um eine Situation, in der eine Ausgleichszahlung in Höhe von EUR 600 pro Person zusteht. Ich bestätige hiermit, dass ich eine Zahlung in Höhe von EUR 600 auf das angegebene Bankkonto unter Angabe der Zahlungsreferenz 738/16H 20mc veranlasst habe. Der Betrag sollte innerhalb der nächsten 21 Tage Ihrem Konto gutgeschrieben werden.“

Nachdem Delta Airlines die Ausgleichszahlung nach einem – wegen eines Computerproblems – verspäteten Flug geleistet hat, dürfte das auch für die verspäteten bzw. annullierten Flüge der British Airways am 27. Mai 2017 gelten.

Für die Beratung zu den Ansprüchen nach Flugverspätungen, Annullierungen bzw. Nichtbeförderung jeglicher Art steht Ihnen advocatur Wiesbaden – die Spezialkanzlei für Reise- und Luftverkehrsrecht – gerne zur Verfügung.

Eine Vielzahl von Mandanten stammt nicht aus unserer Region, dem Rhein-Main-Gebiet. Wir vertreten selbstverständlich auch Reisende, die weiter weg wohnen. Durch die modernen Kommunikationsmittel ist die optimale Vertretung auch bei größeren Entfernungen zwischen Mandant und Anwaltskanzlei jederzeit gewährleistet.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Holger Hopperdietzel

Beiträge zum Thema