Condor – aus einem Gerücht wird Gewissheit – Entlassungen Bodenpersonal

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Nun scheinen sich die Befürchtungen zu bewahrheiten: Allein am Boden baut die Condor am Standort Frankfurt 170 Mitarbeiterstellen ab. 

Heute wurde eine große Anzahl an Arbeitnehmern zu Einzelgesprächen geladen, im Rahmen derer ihnen offeriert wurde, dass sie mit einer Kündigung zu rechnen haben.

Im Zuge dieser Gespräche wurde den Arbeitnehmern erklärt, sie könnten ab dem 01.01.2020 in eine Transfergesellschaft wechseln. Diese soll eine Dauer von (bis zu) sechs Monaten haben. Einzelheiten zu der Transfergesellschaft, insbesondere bezüglich des eingebrachten Qualifizierungsbudgets und der Aufstockungsbeträge sind noch unklar, sollen aber im Rahmen von Informationsveranstaltungen in den nächsten Tagen kundgetan werden.

Wenngleich den Arbeitnehmern heute noch keine schriftlichen Kündigungen überreicht wurden, so werden ihnen gegenüber dennoch, spätestens dann, wenn sie sich gegen den Eintritt in die Transfergesellschaft entscheiden, Kündigungen ausgesprochen werden.

Es kann auch durchaus sein, dass die Kündigungen noch vor Weihnachten ausgesprochen werden und den Arbeitnehmern gleichzeitig aufgegeben wird, über den Eintritt in eine Transfergesellschaft zu entscheiden. Welche Vorgehensweise die Condor hier wählt, wird sich in den nächsten Tagen zeigen.

Wichtig dabei ist, zu beachten, dass ab dem Zugang der Kündigung die strikte 3-Wochen-Frist des Kündigungsschutzgesetzes zu laufen beginnt, binnen derer eine Kündigungsschutzklage erhoben werden muss. Wird diese Frist versäumt, wird der Arbeitnehmer nur noch schwerlich und in ganz besonderen Ausnahmefällen gerichtliches Gehör finden können.

Daher ist es von besonderer Bedeutung, sich zeitnah darüber Gedanken zu machen, ob man die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinnehmen möchte oder nicht.

Nach den bisherigen Informationen soll den Arbeitnehmern lediglich eine Transfergesellschaft mit einer Dauer von sechs Monaten angeboten werden, beginnend am 01.01.2020 (Ende spätestens 30.06.2020). Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Arbeitnehmer, selbst wenn sie eine Kündigung hinnehmen würden, gegen die Condor noch einen Entgeltanspruch bis zum Auslaufen des Arbeitsverhältnisses am 31.03.2020 hätten, erscheint das Angebot zum Eintritt in die Transfergesellschaft wenig attraktiv.

Insoweit muss man wissen, dass ein Arbeitgeber mit einem Bruttomonatsentgelt zwei Monate Transfergesellschaft finanzieren kann. Dies hängt damit zusammen, dass die Agentur für Arbeit erhebliche Kosten für die Transfergesellschaft übernimmt. Dies bedeutet nichts anderes, als dass die Condor lediglich mit den drei Auslaufentgelten für die Monate Januar, Februar und März 2020 die Transfergesellschaft finanziert. Aber auf dieses Geld hätten die Arbeitnehmer sowieso einen Anspruch.

Nun kann nicht vorhergesehen werden, ob die Condor in den Monaten Januar bis März noch in der Lage sein wird, die Entgelte zu bezahlen, jedoch spricht die Einrichtung der Transfergesellschaft sehr wohl dafür, dass noch genügend Liquidität vorhanden ist.

Auch hinsichtlich der Verschiebung des Arbeitslosengeldbezuges erscheint das Angebot der Condor nicht sonderlich vorteilig: Beim Eintritt in die Transfergesellschaft wird der Arbeitslosengeldbezug nämlich nur um drei Monate verkürzt, konkret die Monate April bis Juni. Dieser Effekt, die Verschiebung des Arbeitslosengeldbezuges, ist ansonsten ein großer Vorteil von Transfergesellschaften. Wird dem Arbeitnehmer nämlich angeboten, in eine Transfergesellschaft zu wechseln, die zehn, elf oder zwölf Monate dauert, verschiebt sich sein Arbeitslosengeldbezug dementsprechend. Bei einer nur so kurzen Transfergesellschaft, wie hier angeboten, verpufft der Effekt.

Die Arbeitnehmer, denen nun die Kündigung angedroht wurde, müssen daher entscheiden, ob sie die Kündigung wehrlos hinnehmen möchten.

Eines muss klar sein: Wer das Angebot auf Eintritt in die Transfergesellschaft annimmt, kann die Kündigung nicht mehr gerichtlich überprüfen lassen.

Aber gerade im Fall eines Teilpersonalabbaus, wie hier, bestehen gute Möglichkeiten, gegen die Kündigung vorzugehen. Die Condor beschäftigt am Standort Frankfurt über 750 Arbeitnehmer am Boden. Offensichtlich soll nun 170 Arbeitnehmern gekündigt werden. Dies bedeutet im Umkehrschluss aber, dass 580 Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz behalten sollen.

Insoweit muss es jedem von der Kündigung betroffenen Arbeitnehmer erlaubt sein, überprüfen zu lassen, warum die Wahl gerade auf ihn fiel.

Schließlich hat ein Arbeitgeber, auch in der Insolvenz, das deutsche Arbeitsrecht zu wahren. Hierzu gehört insbesondere, im Falle eines größeren Personalabbaus, die Berücksichtigung sozialer Kriterien, wie dem Alter, der Betriebszugehörigkeit und der Unterhaltspflichten.

Jeder Arbeitnehmer, dem nun eine Kündigung angedroht wurde, kann leicht anhand der Kollegen, welche die gleichen Aufgaben wahrnehmen wie er (oder anderen Kollegen, die er während deren Krankheit oder Urlaub vertreten hat), prüfen, ob er nicht sozial schwächer dasteht als die, die den Job behalten sollen.

Vielleicht ist er ja im Verhältnis zu diesen Kollegen älter, länger dabei oder anderen Personen (auch Ehepartnern) zum Unterhalt verpflichtet.

Es mag sein, wenngleich hierzu noch keine näheren Informationen vorliegen, dass die Condor mit der Personalvertretung einen Sozialplan ausgehandelt hat, welcher neben der Einrichtung einer Transfergesellschaft auch die Zahlung einer Abfindung für den Fall vorsieht, dass man sich gegen die Transfergesellschaft wendet. Hierzu muss man allerdings wissen, dass Abfindungen, die in Sozialplänen insolventer Unternehmen festgeschrieben werden, meistens, wenn überhaupt, erst Jahre später und dann manches Mal auch nur anteilig zur Auszahlung kommen. Sowieso darf eine Abfindung, die in einem Insolvenz-Sozialplan manifestiert wird, in der Summe der Mitarbeiter nicht höher als 2,5 Bruttomonatsgehälter sein.

Auch dies kann Ziel einer gegen die Kündigung gerichteten Kündigungsschutzklage sein, nämlich dafür Sorge zu tragen, dass eine Abfindung, etwaig auch eine höhere als im Sozialplan vorgesehen, zur sofortigen Auszahlung gelangt.

Zu den Vor- und Nachteilen einer Transfergesellschaft verweise ich noch auf meine diesbezüglichen Aufsätze:

CONDOR – Transfergesellschaft oder Kündigung

Ist der Eintritt in eine Transfergesellschaft für den Arbeitnehmer sinnvoll?


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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