Der Betriebsrat in der Insolvenz

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Aktuell geraten immer mehr Unternehmen in eine wirtschaftliche Schieflage. Manches Mal genügt eine Um- oder Restrukturierung, immer häufiger führt der Weg nur über ein Insolvenzverfahren.


Für die Betriebsräte stellt sich dann die Frage, wie damit umzugehen ist.


Die meisten Betriebsräte werden ihren „Haus-und-Hof-Anwalt“ haben oder über die Gewerkschaft eine Empfehlung für einen hinzuzuziehenden Anwalt erhalten.


Dabei wird häufig übersehen, dass die Insolvenz eine Sondersituation darstellt, die es rechtfertigt von den üblichen „Gewohnheiten“ abzuweichen.


Zum einen weist das Arbeitsrecht in der Insolvenz Besonderheiten auf, die dem ansonsten im Arbeitsrecht tätigen Rechtsanwalt nicht so geläufig sind. Hier fehlen zumeist tiefgreifende Kenntnisse und/oder Erfahrungen.

Zum anderen, und dies wiegt nochmals schwerer, benötigt der Betriebsrat auch eine insolvenzrechtliche Beratung und Begleitung.

Insoweit kommt dem Betriebsrat in der Insolvenzsituation nicht nur die Aufgabe zu, im Falle von Betriebsänderungen einen Interessenausgleich und einen Sozialplan zu verhandeln.

Im Interesse der Belegschaft kann er sich auch als wichtiger Partner des Insolvenzverwalters oder - im Falle einer Insolvenz in Eigenverwaltung – der Geschäftsführung erweisen und das Verfahren mitgestalten.


Der Gläubigerausschuss

Je nach Größe des Unternehmens wird zum Beispiel ein Gläubigerausschuss gebildet, bei dem die oder der Vorsitzende des Betriebsrats als  Mitglied bestellt wird. Meistens besteht der Gläubigerausschuss aus zwischen drei bis sechs Mitgliedern, die gleichberechtigt sind und jeweils über eine Stimme verfügen. Es liegt also auf der Hand, welchen Einfluss der Arbeitnehmervertreter in dem Gremium hat. In den Sitzungen des Gläubigerausschusses werden sämtliche essentiellen Entscheidungen, wie es mit dem Unternehmen weitergeht, getroffen. Der Gläubigerausschuss stimmt unter Anderem über das Sanierungskonzept ab oder ob ein Erwerberprozess eingeleitet werden soll, letztlich aber auch darüber, welchem Kaufinteressenten der Zuschlag erteilt wird. Der Arbeitnehmervertreter ist hier neben den anderen Mitgliedern, z.B. der Hauptgläubigerbank oder dem Bankenpool und der Agentur für Arbeit voll stimmberechtigt, weswegen er gleichermaßen Gehör findet. Da den meisten Betriebsräten die insolvenzrechtlichen Kenntnisse und Erfahrungen fehlen, ist ihnen dringend dazu zu raten, sich bezüglich ihrer Tätigkeit als Gläubigerausschussmitglied anwaltlich begleiten und beraten zu lassen.


Wirtschaftliche Angelegenheiten/Wirtschaftsausschuss

Aber auch unabhängig vom Gläubigerausschuss haben die Mitarbeitervertretungen, ob als Betriebsrat oder als Wirtschaftsausschuss, den Lauf des Verfahrens im Auge zu behalten. Es steht ihnen zu, sich anwaltlicher Hilfe zu bedienen. Ein insolvenz- und arbeitsrechtlich erfahrener Beistand kann - zusammen mit dem Betriebsrat - der Insolvenzverwaltung oder der eigenverwaltenden Geschäftsführung wertvolle Hinweise liefern und Anregungen geben, welche zugunsten der Mitarbeiter Wirkung entfalten.

Viele sozialrechtliche und arbeitsrechtliche Kniffe sind selbst den in Insolvenzverfahren versiertesten Insolvenzrechtlern schlichtweg nicht geläufig und werden daher gerne gehört und umgesetzt, wenn es zum Vorteil des Verfahrens dient.


So regten wir auch schon mal die Verschiebung der Verfahrenseröffnung an, was zum einen für die Mitarbeiter eine um einen Monat längere wirtschaftliche Sicherheit bedeutete, zum anderen dem Unternehmen einen zählbaren wirtschaftlichen Vorteil brachte und letztlich dem bereits eingeleiteten Investorenprozess einen Monat mehr Zeit einräumte. 

Für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation.


Betriebswirtschaftlicher Sachverständiger

Zusammen mit dem anwaltlichen Berater kann sich der Betriebsrat auch eines betriebswirtschaftlichen Sachverständigen bedienen. Dies bietet sich regelmäßig in den Fällen an, wenn seitens der Insolvenzverwaltung oder der Geschäftsführung ein Sanierungskonzept vorgestellt wird bezüglich dessen Plausibilisierung der Betriebsrat sicher gehen möchte. Dies gilt selbstverständlich auch für die Prüfung eines Erwerberkonzeptes. Sowohl bezüglich des einen als auch dem anderen steht für den Betriebsrat die nachhaltige Sanierung im Vordergrund. Wir arbeiten ausschließlich mit auf Sanierungsverfahren spezialisierten Betriebswirten zusammen.


An dieser Stelle soll nicht auf die weiteren insolvenzrechtlichen Besonderheiten im Arbeits- und Sozialrecht eingegangen werden, weil ich diese schon in vorherigen Rechtstipps erläutert habe, z.B. zum Insolvenzgeld oder zum Personalabbau in der Insolvenz


Fazit

Der Beitrag soll das Problembewusstsein wecken, dass der Betriebsrat in der Insolvenz mit überaus anderen, von seiner sonstigen Arbeit abweichenden, Pflichten und Aufgaben konfrontiert wird, die er bestmöglich und im Sinne der Belegschaft nur durch Hinzuziehung hierauf spezialisierter Berater bewältigen kann.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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