Corona-bedingte Gesichtsverdeckung im Straßenverkehr zulässig?

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Durch die Corona-Krise wurde die Menschheit in ein Ereignis verwickelt, welches deutliche Beschränkungen der Freiheitsgrundrechte mit sich bringt. Zum Schutz von Leib und Leben wurden in den meisten Ländern der Welt Maßnahmen in Form von Verordnungen getroffen, welche die Bürger zu befolgen haben, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Wer sich nicht an die genannten Maßnahmen hält, muss mit Geldbußen oder in schweren Fällen sogar mit Freiheitsstrafen rechnen.

Das geltende Recht darf jedoch auch in solchen Ausnahmesituationen nicht in den Hintergrund gedrängt werden. Ein Paradebeispiel der Kollision zwischen geltendem Recht und den neuartigen Corona-Maßnahmen, welche beispielsweise das Tragen einer Gesichtsmaske vorschreiben, zeigt sich im Verkehrsrecht, genauer dem § 23 Abs. 4 StVO.

Nach dieser Norm ist es Fahrzeugführern seit 2018 verboten, ihr Gesicht so zu verhüllen oder zu verdecken, dass diese nicht mehr erkennbar sind. Dadurch soll gewährleistet werden, dass die Identität der Fahrzeugführer bei Verkehrskontrollen oder auch im fließenden Verkehr leichter festgestellt werden kann.

Wie geht das deutsche Rechtssystem jedoch mit einer solch neuartigen Normenkollision um? Darauf gibt es jedoch noch keine pauschale Antwort, seitens der Behörden wird jedoch empfohlen, dass Vermummungsverbot in Kraftfahrzeugen nach § 23 Abs. 4 StVO in der aktuellen Krise sehr restriktiv auszulegen.

Da die Vorschrift die Erkennbarkeit der das Kraftfahrzeug führenden Person während der Verkehrsteilnahme gewährleisten soll, so ist für einen Verstoß erforderlich, dass alle ausschlagenden Züge des Gesichts wie Augen-, Nasen- und Mundpartie nicht mehr erkennbar sind. Dies trifft jedoch bei dem normalen Tragen der Gesichtsmasken nicht zu, da normalerweise die Augen- und Stirnpartie sowie Ohren und Haaransatz nicht verdeckt werden und eine Identifizierung nach diesen Merkmalen zwar erschwert, jedoch grundsätzlich möglich ist.

Dem Fahrzeugführer wird jedoch aufgetragen, keine weiteren Verhüllungen oder Verdeckungen der sichtbaren Stellen zu tätigen. Nennenswert wäre hier beispielsweise das zusätzliche Tragen eines Hutes in Kombination mit einer Sonnenbrille. Liegt solch eine Konstellation vor, muss eine Einzelfallabwägung stattfinden, welche auch in der aktuellen Zeit der Pandemie einen Verstoß gegen § 23 Abs. 4 StVO mit sich bringen kann.

Es besteht jedoch die Frage, ob ein solcher Verstoß als gerechtfertigt anzusehen sei. In Betracht käme die sogenannte „rechtfertigende Pflichtenkollision“. Hier ist zu erwähnen, dass kein Bundesland es als Pflicht auferlegt, eine Maske in einem Pkw zu tragen, es wurde lediglich eine Empfehlung ausgesprochen, was im Einzelfall zu differenzieren wäre. Es wäre jedoch fragwürdig, die Bürger auf einen sorgfaltsgemäßen Umgang mit dem Virus hinzuweisen, jedoch bei besonderen Vorsichtsmaßnahmen wie dem Tragen einer Gesichtsmaske beim Autofahren mit Sanktionen zu drohen.

Um dieser Zwickmühle zu entfliehen, hat sich der Großteil der Bundesländer bundesweit darauf geeinigt, einen solchen Verstoß gegen § 23 Abs. 4 StVO zur aktuellen Zeit nicht als Ordnungswidrigkeit zu verfolgen. Falls es zu Fällen der mangelnden Identifikationsmöglichkeit kommt, sind alternativ die Fahrtenbuchauflage oder ähnliche betriebliche Dokumentationen aufzuerlegen, um die Fahrer bei wiederholenden Verkehrsverstößen auch trotz Teilverhüllung des Gesichts ermitteln zu können.

Handelt es sich jedoch um Fälle, wo weder der Fahrer erkennbar ist, noch eine ausreichende Dokumentation über den Fahrzeugführer zum Tatzeitpunkt vorliegt, aber aufgrund der Pandemie dennoch ein Mund-Nasen-Schutz empfohlen oder bei bestimmten Berufsgruppen (Taxifahrern, Fahrlehrern) erforderlich ist, so sollen Kontrollbehörden je nach Fall das sogenannte „Opportunitätsprinzip“ anwenden, also die Ordnungswidrigkeit nicht weiter verfolgen.

Ein Fahrverbot und eine Geldbuße würden dann trotz festgestellter Ordnungswidrigkeit aufgehoben werden müssen!

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Strafrecht

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