Coronavirus-Pandemie – was müssen Arbeitgeber beachten?

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Ein Beitrag von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck, Berlin und Essen.

Viele Arbeitgeber betreten Neuland während der Coronavirus-Pandemie. Landauf und landab stellt man sich ähnliche Fragen; man will wissen, wie die Lage arbeitsrechtlich einzuordnen ist, welche Informationspflichten und welche Fürsorgepflichten der Arbeitgeber jetzt hat, und welche Besonderheiten im Umgang mit den Mitarbeitern gelten. Antworten hat Arbeitsrechtler Bredereck.

1. Welche Pflichten hat der Arbeitgeber gegenüber seinen Mitarbeitern?

Neben der Hauptleistungspflicht, das Gehalt zu zahlen, hat der Arbeitgeber auch Nebenpflichten, und zwar vor allem eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Mitarbeitern.

Die wichtigste Fürsorgepflicht im Zusammenhang mit dem Coronavirus ist die Informationspflicht. Der Arbeitgeber muss seine Mitarbeiter über alle diesbezüglichen Gefahren aufklären. Denn es gilt, die gesundheitlichen Risiken des Coronavirus für die Mitarbeiter so stark, wie möglich einzuschränken.

Genauso, wie man als Arbeitgeber verpflichtet ist, ein Dienstfahrzeug ordnungsgemäß zu warten, muss man seine Arbeitnehmer vor den Risiken dieser Pandemie schützen und: informieren, informieren, informieren!

Hier empfehle ich Arbeitgebern, sich an den offiziellen Stellen zu orientieren. Das sind in erster Linie die Hygienetipps der WHO, der Weltgesundheitsorganisation. Besprechen Sie diese Hinweise zunächst intern, und hängen Sie sie dann für alle Mitarbeiter gut sichtbar im Betrieb, beziehungsweise in den Büroräumen aus.

Nehmen Sie diese Hinweise ernst; riskieren Sie keine individuelle Quarantäne Ihres Betriebs! Eine flächendeckende Schließung von Geschäften ist schon schlimm genug. Muss Ihr Betrieb aber beispielsweise zwei Wochen früher als die Konkurrenz schließen, ist das noch ärgerlicher.

2. Auf welche Risiken muss der Arbeitgeber hinweisen?

Kommen Mitarbeiter aus einem Risikogebiet zurück, gilt: Der Arbeitgeber muss alles tun, um den Rest der Belegschaft zu schützen. Beispielsweise, indem er ein Homeoffice anordnet oder Mitarbeiter ganz von der Arbeit freistellt, falls ein Arbeiten von zu Hause aus nicht möglich ist.

Darf der Arbeitnehmer eigenmächtig zu Hause bleiben, wenn am Arbeitsplatz ein Mitarbeiter erscheint, der sich vorher in einem Risikogebiet, wie Wuhan oder Südtirol aufgehalten hat? Unter Umständen: Ja. Darf der Arbeitnehmer „einfach so“ aus Angst vor Ansteckung eigenmächtig zuhause bleiben? Das wohl nicht, da hier weder eine Quarantäne noch eine Verletzung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers infrage kommt.

3. Was, wenn ein Arbeitnehmer ohne berechtigten Grund der Arbeit fernbleibt?

In dem Fall dürfen Sie regelmäßig die Gehaltszahlung an Ihren Mitarbeiter einstellen. Und Sie könnten ihn abmahnen und ihm, falls er auf die Abmahnung nicht reagiert, unter Umständen kündigen.

4. Müssen Arbeitnehmer Bescheid sagen, dass sie in einem Risikogebiet waren?

Unter Arbeitsrechtlern ist das umstritten. Ich meine, dass es eine dahingehende Auskunftspflicht gibt, und dass der Arbeitgeber ein entsprechendes Fragerecht hat. Hat der Arbeitnehmer also kürzlich Freunde in Mailand besucht, muss er das dem Arbeitgeber meiner Meinung nach sagen! Und der Arbeitgeber darf während der Coronavirus-Pandemie seine aus dem Urlaub zurückgekehrten Arbeitnehmer fragen, ob sie sich in einem Risikogebiet aufgehalten hat.

5. Was gilt für Geschäftsreisen?

Ganz klar: In Quarantänegebiete, beziehungsweise in die vom Robert-Koch-Institut bestimmten Risikogebiete, darf man seine Mitarbeiter nicht schicken! Man darf sie auch nicht in Gebiete schicken, in die eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes gilt. Dasselbe gilt, falls sich durch die Geschäftsreise für den Mitarbeiter darüber hinaus eine objektive Gefährdungssituation durch die Coronavirus-Pandemie ergibt.

6. Darf der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern das Tragen eines Mundschutzes am Arbeitsplatz verbieten?

In der derzeitigen Situation meine ich: Nein. Hier sollten Arbeitgeber ruhig mal über ihren Schatten springen. Freuen Sie sich, wenn Ihr Mitarbeiter übereifrig ist und an die Hygieneregeln ganz penibel herangeht! Ihre Kundschaft wird im Zweifel dankbar sein, von einem Verkäufer bedient zu werden, der sie mit einem versehentlichen Husten nicht anstecken kann.

7. Welche Regeln gelten für die Gehaltszahlung?

Die Pflicht zur Gehaltszahlung bleibt von den Pandemie-Maßnahmen grundsätzlich unberührt. Einzige Ausnahme ist die behördlich angeordnete Quarantäne, und auch da muss der Arbeitgeber die Zahlungen an seine Mitarbeiter weiter laufen lassen – quarantänebedingt für maximal sechs Wochen. Allerdings kann er das während der Quarantäne ausgezahlte Gehalt von der die Quarantäne anordnende Behörde zurückholen.

8. Muss das Gehalt weiter gezahlt werden, wenn der Arbeitnehmer im Ausland in Quarantäne muss?

Grundsätzlich: Nein. Gerät ein Arbeitnehmer im Ausland in Quarantäne, muss der Arbeitgeber kein Gehalt beziehungsweise keine Entschädigungszahlung leisten.

9. Darf einem Arbeitnehmer gekündigt werden, weil er im Ausland in Quarantäne festsitzt?

Auch hier: Grundsätzlich nein. Denn der Arbeitnehmer hat diese Lage nicht verschuldet. Unter Umständen kann der Arbeitgeber sich für eine Kündigung entscheiden, wenn sein Mitarbeiter wissentlich in das Risikogebiet gereist ist.

Nur: Gerade in dieser Zeit gilt es, zusammen zu halten, die Krisensituation gemeinsam zu meistern und möglichst einvernehmliche Lösungen zu finden.

10. Darf man wegen Coronavirus-bedingter wirtschaftlicher Einschnitte betriebsbedingt kündigen?

Hier gelten dieselben Regeln wie für jede andere betriebsbedingte Kündigung auch. Sind die Voraussetzungen des Kündigungsschutzgesetzes für eine betriebsbedingte Kündigung gegeben, darf der Arbeitgeber regelmäßig kündigen.

Bundesweite Vertretung

Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck vertritt seit über 20 Jahren Arbeitnehmer und Arbeitgeber bundesweit bei arbeitsrechtlichen Belangen.

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