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Da schau her! G´schichten rund ums Gwand

  • 6 Minuten Lesezeit
Pia Löffler anwalt.de-Redaktion

Kaum sind die Sommerferien in allen Bundesländern vorbei, braut sich im Süden der Republik etwas zusammen: das Oktoberfest, die Wies'n, the German Beerfestival. Das größte Volksfest der Welt wirft seine Schatten voraus.

Da fragen sich nicht nur die Münchener und dauerhaft „Zuagroasten", sondern auch alle Touristen: was anziehen? Und was tun, wenn der heißgeliebten Lederhose oder dem sündhaft teuren Seiden-Dirndl auf der Zielgeraden doch noch etwas zustößt und man plötzlich ohne „Gwand" dasteht? Wer kommt für Schäden auf, die am edlen Stoff entstehen, weil die Reinigung schludert oder der Taxler die größte Pfütze am Straßenrand mitnimmt, und man unglücklicherweise gerade direkt daneben steht?

[image]Die „Münchner Rutsch´n" mal anders

Oft beginnt der Ärger mit dem Gwand direkt nach dem Kauf. Zum Beispiel, wenn das frisch erworbene Beinkleid nicht so sitzt wie gewünscht. Mit dem Fall einer rutschenden Hose durfte sich das Amtsgericht München beschäftigen (Az.: 155 C 16176/11).

Die berühmtberüchtigte Krachlederne war es aber nicht, die da ins Rutschen kam. Denn die Klägerin und Eigentümerin der streitbefangenen Beinkleider war im 9. Monat schwanger, es handelte sich um eine Schwangerschaftshose. Nun rutschte die Hose nach dem Kauf, die Dame wollte ihr Geld zurück, bekam aber nur einen Gutschein des Geschäfts für Schwangerschaftsmode angeboten. Den benötigte sie allerdings - so der Lauf der Natur - einige Wochen später nicht mehr.

Aber Geld zurück wegen Rutschens? Nicht mit dem Richter des Amtsgerichts München! Wo käme man denn da hin?! Das Rutschen wäre der anatomischen Besonderheit einer jeden Frau geschuldet, lautet der Richterspruch. Selbst wenn man unterstelle, dass die Verkäuferin äußerte, es seien bislang keine 'Rutschfälle' vorgekommen, wäre das keine Zusicherung einer besonderen Eigenschaft. Ein Rückgaberecht wegen Rutschens gäbe es nur, wenn im konkreten Einzelfall das Nichtrutschen ausdrücklich zugesichert worden wäre. Allein das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft könne den Mangel der Hose, ein Rückgaberecht und damit den Anspruch auf Kaufpreiserstattung begründen. Für die ausdrückliche Zusicherung blieb die Klägerin den Beweis allerdings schuldig.

Ergänzend führte der Richter aus: Sein Urteil gelte für jede Art von Hose - deshalb wohl auch und gerade für die etwas unflexible Lederhose, naturgemäß und im Gegensatz zur Schwangerschaftshose ohne Tunnelzug. Hält der Bierbauch also die Krachlederne nicht da wo der Träger sie gerne hätte, helfen Hosenträger - nicht der Amtsrichter.

Wenn die Reinigung in die Hose geht

Ist der wohlgeformte Stoff gekauft und die ersten Male zum angemessenen Anlass getragen, will das Gwand auch hin und wieder gesäubert werden. Eine schnöde Wäsche reicht da oftmals nicht. Aber auch hier lauern die Tücken des Alltags: Mit Schäden an der Kleidung des Kunden einer Reinigung musste sich - just zur Karnevals-Hochsaison, die durchaus vergleichbar mit der Oktoberfest-Zeit in München sein dürfte - das Landgericht (LG) Köln beschäftigen (Az.: 26 O 70/11).

Es entschied: Wird Kleidung bei der Reinigung beschädigt, sind diese Schäden umfassend zu ersetzen. Es muss in jedem Fall der konkrete Schaden ermittelt und ersetzt werden, eine summenmäßige Begrenzung der Haftung auf den Zeitwert des Kleidungsstücks bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit ist unzulässig.

Solche Klauseln, die eine Haftung für Vorsatz oder Fahrlässigkeit auf den Zeitwert beschränken, sind aufgrund einer Verbandsempfehlung übrigens bundesweit anzutreffen, in München ebenso wie in Köln. Diese Klauseln besagen beispielsweise, dass die Reinigung beim Verlust eines Kleidungsstücks, das mehr als vier Jahre alt ist, maximal 20 Prozent des Anschaffungspreises ersetzt. Zerstört die Reinigung grob fahrlässig ein Couture-Dirndl im Wert von 1500 bis 2000 Euro bleibt als Schadensersatz das Budget für einen kurzen Wiesn-Abend abseits der Promi-Zelte, wenn sich kein Lederhosnträger findet, dem der Geldbeutel locker in der Tasche sitzt.

Kommt der Schaden in der Reinigung nur durch leichte Fahrlässigkeit zustande, sähe es kaum besser aus: Das 15-fache der Reinigungskosten stünde dem Kunden zu. Bei einem Preis von z. B. zehn Euro für die Reinigung eines neuwertigen Kleidungsstücks wären das 150 Euro - ja, mei, nicht auszudenken! Aber auch diese Begrenzung für leicht fahrlässig verursachte Schäden hielt der Überprüfung des LG Köln nicht stand.

Wenn sich das „Gwand" in Luft auflöst

Aber froh kann sein, wer seine Kleidung „nur" beschädigt aus der Reinigung wieder bekommt. In anderen Fällen müssen Gerichte darüber entscheiden, wie hoch der Schadensersatz ist, wenn das gute Stück in der Reinigung verloren geht - so zum Beispiel das Amtsgericht (AG) Köln (Az.: 137 C 519/01.)

Wichtiger noch als jeder Münchnerin das heiß geliebte Dirndl, ist jeder Frau nur ein Kleid im Leben: das Brautkleid. Umso schlimmer, wenn ausgerechnet dieses Kleid in der Reinigung spurlos verschwindet. Da hilft es dann auch nicht weiter, wenn das Gericht dann feststellt, „dass eine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinne einer positiven Vertragsverletzung auf Seiten des Beklagten vorliegt". Dass es keine leichte Fahrlässigkeit ist, wenn ein derart großes Kleidungsstück verschwindet leuchtet ein. In einem anderen Fall ging ein Gericht sogar von grober Fahrlässigkeit aus.

Und natürlich ist auch hier Schadensersatz zu leisten, die Richter zeigten sogar Verständnis für die besondere Situation der Dame und hielten die Erstattung von nur 20 % des Neuwertes nach sieben Jahren für nicht angemessen. Sie trugen der Tatsache Rechnung, dass das Kleid nur siebenmal getragen wurde, also quasi neuwertig war. Auch berücksichtigten sie, dass es sich um das Brautkleid der Klägerin handelte. Immer habe die Klägerin an diesem Kleid ein starkes subjektives Interesse, das Kleid hätte einen besonderen ideellen Wert. Sie setzten das Kleid deswegen mit einem Zeitwert 50 % des ursprünglichen Preises an.

Woher dann Ersatz für die verloren gegangen Kleidungsstücke kommen soll, die man im Zweifel ja auch kurzfristig zum Einsatz bringen will, ist mit diesem Urteil natürlich nicht entschieden werden. Der Trend zum „Zweitdirndl" kann hier also plötzlich ganz andere Vorteile haben, als nur nicht immer im gleichen Outfit daher zu kommen.

Frisch „geduscht": Wer zahlt die Reinigung?

Ist alles gut gegangen, das Gwand rutscht nicht, ist unbeschädigt aus der Reinigung zurück und der Mottenmief verflogen, ist man aber noch lange nicht unbeschadet auf der Wiesn angekommen. Es ist Herbst, es regnet teilweise in Strömen. Und dann die „Taxler": Mit Schwung rasen die durch die riesige Pfützen, man steht daneben - wie ein begossener Pudel. Eing´saut von oben bis unten, würde der Münchener sagen. Und nun? Wer ersetzt denn nun die Kosten für die teure - und wie wir gelernt haben - nicht ganz ungefährliche Reinigung des feinen Trachtenstoffes?

Nicht der Autofahrer - jedenfalls normalerweise. Denn - so urteilte das Landgericht (LG) Itzehoe (Az. 1 S 186/10) - Wasserpfützen müssen nicht in Schrittgeschwindigkeit durchfahren werden, um zu vermeiden, dass Fußgänger nass gespritzt werden. Das gilt auch, wenn es sich - so die Kläger - quasi um „riesige Teiche" handelt. Die Richter stellten sich aber auf die Seite der Autofahrer und der Verkehrssicherheit. Fußgänger - wohl auch auf dem Weg zur Festwiese - seien verpflichtet sich mit geeigneter Kleidung gegen Spritzwasser zu schützen. Auch wenn es sich wie vorgetragen um Wasser-Fontainen handelt. Eine Verpflichtung zum Langsamfahren oder Abbremsen würde zu erheblichen großen Gefahren im Straßenverkehr führen.

Die Reinigungskosten in Höhe von 39,60 Euro mussten die Kläger letztlich selbst tragen, ebenso wie die Gerichtskosten. Aber sei ´s drum: Bei einem Bierpreis von bis zu 9,20 Euro in diesem Jahr hätte man für die paar Euros ohnehin auf der Wiesn gerade einmal zwei Maß und zwei halbe Hendl bekommen.

(LOE)

Foto(s): ©Fotolia.com

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