Daimler AG im Dieselabgasskandal weiter im Fokus

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Vor dem Landgericht Kiel hat die Daimler AG eine weitere Niederlage im Dieselabgasskandal kassiert. Für Manipulationen an einem Mercedes-Benz GL 350 BlueTEC mit dem Motor des Typs OM642 und der Abgasnorm Euro 6 ist die Daimler AG schadenersatzpflichtig.

Die Daimler AG kommt im Dieselabgasskandal nicht zur Ruhe. Jetzt hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Kiel die Daimler AG dazu verurteilt, gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs Mercedes-Benz GL 350 BlueTEC an den Kläger einen Betrag in Höhe von 34.644,34 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17. Dezember 2020 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.434,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17. Dezember 2020 zu zahlen (Urteil vom 11. März 2022, Az.: 2 O 120/20).

Der Hintergrund: Der Kläger erwarb am 2. August 2017 beim das streitgegenständliche Fahrzeug Mercedes-Benz GL 350 Bluetec AMG Line als Gebrauchtwagen zu einem Kaufpreis in Höhe von 53.490 Euro. Das Fahrzeug verfügt über einen Motor des Typs OM642 (Abgasnorm Euro 6). Das Datum der Erstzulassung war der 7. Dezember 2012. Zum Zeitpunkt des Kaufs wies das Fahrzeug einen Kilometerstand von 122.000 Kilometer auf, bei Schluss der mündlichen Verhandlung lag der Kilometerstand bei 181.401 Kilometer. Das Fahrzeug verfügt über einen sogenannten SCR-Katalysator und einer Vorrichtung zur Einspritzung von Harnstofflösung (AdBlue) zur Reduzierung des Stickoxidausstoßes.

„Das streitgegenständliche Fahrzeug ist von einem behördlichen Rückruf durch das Kraftfahrt-Bundesamt KBA mit dem Rückrufcode 5496121 betroffen. Nach der im Internet veröffentlichen Liste der betroffenen Fahrzeugvarianten ergibt sich als Grund des Rückrufes die Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtung“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (www.hartung-rechtsanwaelte.de). Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert. Dr. Gerrit W. Hartung gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde.

Der geschädigte Verbraucher hatte unter anderem vorgetragen, dass der Motor des streitgegenständlichen Fahrzeugs als Strategie A eine Umschaltlogik beinhalte, die zwischen zwei Modi hin- und herwechsele. Die Parameter seien so gewählt, dass im Prüfzyklus ein anderer Modus verwendet werde als im realen Fahrbetrieb. Im sogenannten Ammoniaklastmodus könne der SCR-Katalysator gefüllt gehalten werden, was zu einer effizienten Stickstoffreduktion führe, wie es den Abgasnormen entspreche. Bei höheren Abgastemperaturen jedoch wechselt das Steuergerät in den sogenannten Online-Dosierungsmodus, der wiederum einen gedeckelten AdBlue-Einsatz zur Folge habe und den Wirkungsgrad der Abgasreinigung stark mindere.

In dem Alternativmodus hingegen werde mithin nicht versucht, den SCR-Katalysator auf hohen Ammoniakwerten zu halten. Stattdessen werde AdBlue nur in der Menge dosiert, die zur Reduktion der aktuellen Stickoxidlast erforderlich sei. Nach Erreichen einer bestimmten Laufleistung verhalte sich der Motor anders. Das Fahrzeug halte somit innerhalb einer Zeit, in der Abgasmessungen üblicherweise zu erwarten waren, die Abgasnorm Euro 6 ein. Nach Ablauf dieser Zeit sei das Fahrzeug, ohne Update, nicht mehr in der Lage die Abgaswerte von vorher einzuhalten.

Weiter heißt es: Bei der Strategie B werde eine Strategie zur Erhöhung der Raten der Abgasrückführung genutzt. Die Strategie starte unter anderem unter Berücksichtigung der Ansauglufttemperatur sicher im NEFZ und den dort definierten Prüfbedingungen, nach Ablauf einer kumulierten Zeitdauer werde die Strategie jedoch abgeschaltet und dadurch die Wirksamkeit der Abgasrückführung verringert. Euro 6-Fahrzeuge mit SCR-Katalysator der Beklagten – wie das klägerische Fahrzeug – enthalten nach Behauptungen der Klägerseite insgesamt acht Abschalteinrichtungen im Zusammenhang mit dem SCR-Katalysator und der Umschaltung im Rahmen der genannten Modi.

„Das Gericht bestätigt, dass der klägerische Vortrag den Anforderungen an die erforderliche Substantiierung gerecht werde. Das beziehe sich auch auf die vorgebrachte Strategie A. Der Kläger habe somit durch die beklagtenseits vorgegebenen Bedingungen genügend AdBlue eingesetzt werde, um eine gesetzesmäßige Abgasreinigung zu garantieren. Geschädigte Verbraucher können also mit vielen Argumenten ihre Schadenersatzforderungen durchsetzen“, betont Dieselexperte Dr. Gerrit W. Hartung.

Foto(s): Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH


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