Darf das Betreuungsgericht die Ausschlagung einer größeren Erbschaft verweigern?

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Darf der Betreuer eine Erbschaft, die der Betreute erhält, ausschlagen, wenn mit Ausschlagung der Erbschaft der Betreute weiter auf Sozialleistungen angewiesen ist? Nach einem Beschluss des Landgerichts Neuruppin ist das zulässig. 

Ein Betreuer kann grundsätzlich eine Erbschaft, die der Betreute erhält, ausschlagen. Dies muss jedoch durch das zuständige Betreuungsgericht genehmigt werden. In dem vom Landgericht Neuruppin entschiedenen Fall hatte die erste Instanz die Genehmigung versagt. Begründet wurde dies damit, dass sich die Erbschaft auf einen Betrag in Höhe von ca. 60.000,00 € belief und mit Annahme der Erbschaft zumindest zeitlich befristet Sozialleistungen hätten ausgesetzt werden können.

Das Landgericht Neuruppin hob diese Entscheidung jedoch auf. Die Genehmigung der Ausschlagung durch das Betreuungsgericht musste erteilt werden. Eine Sittenwidrigkeit ist hierin nicht zu sehen, da dem Erben die Freiheit zusteht, erbrechtliche Zuwendungen abzulehnen, selbst wenn damit Sozialleistungen bestehen bleiben. 

Diese Entscheidung knüpft an die Rechtsprechung zum sogenannten „Behindertentestament“ an. Hier wurde höchstrichterlich vom Bundesgerichtshof entschieden, dass der Erblasser die Gestaltung seines Vermögensüberganges im Falle seines Todes so vornehmen kann, dass ein behindertes Kind, welches Sozialleistungen bezieht, Vorteile aus seinem Nachlassvermögen durch spezielle rechtliche Anordnungen erhält, ohne dass der Sozialträger auf den Nachlass zugreifen kann.

Das Landgericht Neuruppin hatte sich nunmehr spiegelbildlich mit der Frage zu beschäftigen, ob das Betreuungsgericht die Genehmigung für die Ausschlagung einer Erbschaft erteilen muss, wenn der Betreute mit Annahme der Erbschaft zumindest teilweise nicht mehr auf Sozialleistungen angewiesen wäre. 

Die Genehmigung für die Ausschlagung durch das Betreuungsgericht musste erteilt werden. Das Erbe geht somit auf die Ersatzerben bzw. die im Testament weiter genannten Erben über. 

Die Entscheidung des Landgerichts Neuruppin verbessert die Ausgangssituation von Betreuern, welche Erbschaften des Betreuten ausschlagen möchten, um das Erbe bei den weiteren im Testament genannten Erben, d. h. meist in der Familie, zu belassen. 

Zu berücksichtigen ist dabei jedoch, dass der sozialrechtliche Nachranggrundsatz nicht zur Sittenwidrigkeit der Ausschlagung der Erbschaft führt und damit das Betreuungsgericht die Genehmigung verweigern kann, jedoch der Verzicht auf Einkünfte bzw. Vermögen des Bedürftigen sozialrechtlich sanktioniert werden kann. 

Daher muss im Einzelfall immer eine Abwägung unter Berücksichtigung sämtlicher Interessen und Rechtsfragen erfolgen.


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