Darf ich als Mieter oder Eigentümer ohne Zustimmung des Vermieters/der WEG eine (Mini-)Solaranlage am Balkon anbringen?
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Zur Senkung der Strompreise oder für den Klimaschutz nimmt die Nachfrage nach kleinen steckfertigen Photovoltaikanlagen oder Solaranlagen (Balkonkraftwerke), die auf dem Balkon oder der Terrasse angebracht/platziert werden können, immer stärker zu. Auch wenn das auf den ersten Blick gut klingt, bleiben aus juristischer Sicht viele Fragen dazu offen. Nicht selten wird ohne Zustimmung des Vermieters/der WEG ein BKW installiert und mündet am Ende im Rechtsstreit vor Gericht.
Wie ist die aktuelle Rechtslage für Eigentümer/Mieter?
a) Anspruch des Wohnungseigentümers auf Zustimmung gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer
Seit dem 17.10.2024 wurde das klassische Balkonkraftwerk ("Steckersolargeräte") als privilegierte bauliche Veränderung im § 20 Abs. 2 Nr. 5 WEG aufgenommen. Demnach haben Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Zustimmung zur Anbringung eines derartigen Steckersolargeräts.
b) Anspruch des Mieters auf Zustimmung gegenüber dem Vermieter
Auch ab dem 17.10.2024 findet sich eine gleichlaufende Regelung für Mieter im § 554 Abs. 1 S. 1 BGB. Auch hier hat der Mieter einen Anspruch gegen den Vermieter auf Zustimmung zur Anbringung eines "Stecksolargeräts".
Was ist ein "Steckersolargerät" im Sinne des § 20 Abs. 2 Nr. 5 WEG?
Der Begriff „Steckersolargerät“ ist gesetzlich im § 3 Nr. 43 EEG definiert. Hiernach ist ein „Steckersolargerät“ ein Gerät, das aus einer Solaranlage oder aus mehreren Solaranlagen, einem Wechselrichter, einer Anschlussleitung und einem Stecker zur Verbindung mit dem Endstromkreis eines Letztverbrauchers besteht.
Die „installierte Leistung“ (Modulleistung) der angeschlossenen Steckersolargeräte darf maximal 2.000 Watt (2 kW) betragen. Zudem ist die „Wechselrichterleistung“ auf insgesamt 800 VA beschränkt.
Nur solche technischen Anlagen fallen unter die Norm des § 20 Abs. 2 Nr. 5 WEG.
Was kann ich als Wohnungseigentümer im Rahmen einer WEG tun?
Möchte ein Wohnungseigentümer ein Stecksolargerät anschließen, so muss vorab ein Beschluss der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hierüber gefasst werden. Hierfür muss der jeweilige Wohnungseigentümer einen entsprechenden Antrag über den Beschluss zur Anbringung eines derartigen „Steckersolargerät“ zur nächsten Eigentümerversammlung einreichen.
Entscheidet sich die Mehrheit danach für die Anbringung des "Steckersolargeräts", so darf der Eigentümer nach erfolgter Beschlussfassung auch anbringen. Entscheidet sich die Mehrheit gegen die Anbringung des "Steckersolargeräts", so hat der entsprechend betroffene Wohnungseigentümer die Möglichkeit gerichtlich die Gemeinschaft zur Zustimmung im Rahmen Beschlussersetzungsklage gem. § 44 Abs. 1 S. 2 WEG geltend zu machen.
Ein eigenmächtiges Anbringen eines "Steckersolargeräts" -ohne vorherige Zustimmung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer oder einer Entscheidung durch ein Gericht (Beschlussersetzungsklage) - ist aus rechtliches Sicht weiterhin nicht möglich.
Was kann ich als Mieter tun?
Als Mieter besteht die Möglichkeit eine entsprechende Zustimmung über die Anbringung eines "Steckersolargeräts" beim Vermieter zu verlangen. Nunmehr besteht ein konkreter rechtliche Anspruch, sodass der Vermieter nicht ohne weiteres das Vorhaben ablehnen kann.
Auch hier muss der Mieter vorab eine Zustimmung zum Einbau eines "Steckersolargeräts" einholen.
Es zeigen sich jedoch die gleichen Problematiken wie beim Anspruch auf Zustimmung zum Einbau einer E-Ladestation für KFZ. Zwar ist geregelt, dass ein Anspruch dem Grunde nach besteht, nicht geklärt ist jedoch, in welchem Umfang der Vermieter Vorgaben bei der Anbringung eines derartigen Geräts auf dem Balkon treffen kann.
Was kann passieren, wenn ich ohne Zustimmung ein "Steckersolargerät" anbringe?
So kann das eigenmächtige Anbringen eines "Steckersolargeräts" durch einen Wohnungseigentümer (ohne Zustimmung) zu einem Beseitigungsanspruch seitens der Wohnungseigentümergemeinschaft führen. Dieser Beseitigungsanspruch kann im äußersten Falle auch gerichtlich durch die WEG durchgesetzt werden, solange eine Zustimmung zum Einbau eines "Steckersolargeräts" durch die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht vorliegt.
Ähnlich verhält es sich beim Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter. Hat der Mieter keine Zustimmung vom Vermieter für den Einbau erhalten, so kann ein Anspruch auf Beseitigung durch den Vermieter geltend gemacht werden. Der Mieter muss sich auf ein Klageverfahren auf Zustimmung zum Einbau verweisen lassen, bevor ein Einbau eines "Steckersolargeräts" erfolgen kann.
Wie wirkt sich die neue Gesetzeslage in der Praxis aus?
Leider hat die Gesetzgebung - wie bei einer gleichgelagerten Problematik zu den E-Ladestationen für KFZ- keine klaren Regelungen für die Ausgestaltung und den Umfang des Anspruchs auf Zustimmung geschaffen. Dies wird zukünftig zu weiteren Streitigkeiten zwischen Wohnungseigentümer/WEG sowie Mieter/Vermieter führen. Insbesondere stellt sich hier die Frage inwieweit der Vermieter oder die WEG bei der Ausgestaltung der baulichen Veränderung (Anbringung eines "Steckersolargeräts") Vorgaben machen können.
Herr Rechtsanwalt Felix Kushnir ist Fachanwalt für Miet- und WEG-Recht und hat sich neben allgemeinen zivilrechtlichen Themen auch auf das Miet- und Wohnungseigentumsrecht spezialisiert. Wir beraten sowohl Wohnungseigentümer/Verwalter als auch Mieter/Vermieter.
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