Das 1x1 der Testamentsvollstreckung – Den Nachlass richtig führen und Konflikte vermeiden (Teil III)

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Der ewige Kampf Erben vs. Testamentsvollstrecker – Die richtigen Strategien

Von Rechtsanwalt Jens-Arne Former und Rechtsanwalt Dr. Marc Laukemann

Einleitung

Im Rahmen der Tätigkeit als Testamentsvollstrecker kann es zu Konflikten zwischen den Erben und dem Testamentsvollstrecker kommen. Unabhängig davon, ob begründet oder nicht, kann sich der Testamentsvollstrecker mit der Tatsache konfrontiert sehen, dass die Erben mit ihm als Testamentsvollstrecker nicht (mehr) einverstanden sind. Häufig zeichnen sich Erben sodann durch bestimmte Verhaltensweisen aus, aufgrund derer eine Erbschaftsstreitigkeit zu Tage tritt. Der dritte und letzte Teil der Beitragsserie „Testamentsvollstreckung – Nachlassverwaltung mit Konfliktpotential“ soll vor diesem Hintergrund Anhaltspunkte geben hinsichtlich möglicher Indizien für einen (drohenden) Konflikt mit den Erben, aber auch mögliche Konsequenzen für den Testamentsvollstrecker darstellen. Letztlich soll eine Strategie zur Bewältigung eines Konflikts mit den Erben entwickelt werden.

I. Weshalb können Erben den Testamentsvollstrecker angreifen?

Gründe für eine dem Testamentsvollstrecker gegenüber ablehnende Haltung der Erben können vielfältig sein. Denkbar ist dabei etwa

  • Gefühl des Vertrauensverlustes
  • Überzeugung, Nachlass selbst besser verwalten zu können
  • Wunsch, aus dem Nachlass eigene Vermögensinteressen wahrzunehmen

II. Welche Indizien sprechen für angriffslustige Erben?

Indiz für eine ablehnende Haltung seitens der Erben ist insbesondere das Ablehnen von direkten Gesprächen sowie von Kooperationsangeboten. Hintergrund dieses Vorgehens ist, dass dann der Vorwurf der fehlenden oder nur unzureichenden Auskunft durch den Testamentsvollstrecker ins Leere geht. Bringen die Erben etwa nur formale Auskunftsbegehren vor, hat der Testamentsvollstrecker entsprechend förmlich zu antworten. Dem Testamentsvollstrecker wird die Ausführung seiner Tätigkeit damit bewusst „schwer“ gemacht.

Die Verhaltensweisen der Erben können jedoch vielfältig sein und sind stets unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu betrachten.

III. Mit welchen Konsequenzen hat der Testamentsvollstrecker zu rechnen?

Angriffslustige und unzufriedene Erben werden jede Möglichkeit ausschöpfen, dem Testamentsvollstrecker das Leben schwer zu machen.

1. Schadensersatzansprüche

Unter Berufung auf vermeintliche Pflichtverletzungen durch den Testamentsvollstrecker bei der Ausübung seiner Tätigkeit werden Erben nicht selten Schadensersatzansprüche gerichtlich geltend machen (zu den wesentlichen Pflichten siehe Teil 1).

2. Fachliche und emotionale Mehrbelastung

Der Testamentsvollstrecker wird darüber hinaus, insbesondere auch wegen zunehmender formaler Auskunftsbegehren, mit einer Mehrbelastung konfrontiert werden. Hinsichtlich der Dauer der Mehrbelastung ist ein Zeitraum von mindestens vier bis zwölf Wochen bis hin zu mehreren Jahren zu erwarten. Doch nicht nur die fachliche Belastung erhöht sich. Vielmehr ist die Arbeit aufgrund persönlicher Angriffe und Anfeindungen auch mit einer erheblichen emotionalen Belastung verbunden.

3. Vergütungsthematik als Konfliktpotential 

Besteht keine Vereinbarung hinsichtlich der Vergütung des Testamentsvollstreckers, ist ebenso zu erwarten, dass diese ein Streitthema wird. Die vom Testamentsvollstrecker beanspruchte Vergütung wird möglicherweise juristisch infrage gestellt werden.

Besonders zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass der Testamentsvollstrecker die Kosten für einen von ihm beauftragten Rechtsanwalt nicht ohne Weiteres aus dem Nachlass begleichen kann. Die Vergütung des Rechtsanwalts wird nur dann aus dem Nachlass bezahlt, wenn eine juristische Auseinandersetzung durch eine rechtskräftige Entscheidung gewonnen wird oder ein Vergleich geschlossen wird, der die Weiterbelastung rechtfertigt. Insbesondere kann der Testamentsvollstrecker einen Rechtsanwalt nicht als eine Art Dauer-Sparring-Partner beauftragen, weil er zur Erfüllung seiner originären Aufgaben ständig Hilfe braucht oder persönliche Absicherung sucht. Der Einsatz kann immer nur punktuell erfolgen, z. B. für die Prüfung eines Unternehmenskaufvertrages oder den Entwurf eines Letter of Intent oder zur Abwehr ungerechtfertigter Ansprüche gegen den Nachlass. Letztlich hat dies zur Folge, dass erhebliche Beträge den Testamentsvollstrecker selbst treffen können. Dies gilt umso mehr, als die Erben aktiv gegen den Testamentsvollstrecker arbeiten.

IV. Wie kann der Testamentsvollstrecker taktisch vorgehen, um die Konfliktlage zu lösen?

Regelmäßig wird der Testamentsvollstrecker den bestehenden Konflikt so schnell wie möglich mit gutem Gefühl und ohne persönliche Niederlage beenden wollen. Darunter fällt insbesondere, eine persönliche Inanspruchnahme durch die Erben beziehungsweise eine persönliche Haftung abzuwehren sowie den eigenen Aufwand so arbeitsarm und kostengünstig wie möglich zu halten. Letztlich wird der Testamentsvollstrecker aber primär das Vermögen des Nachlasses so weit wie möglich erhalten wollen. Hinsichtlich einer zielführenden Taktik wird sich der Testamentsvollstrecker darüber bewusstwerden müssen, welche der Ziele zu priorisieren sind.

Sodann kann er wie folgt vorgehen:

  • Er hat die von den Erben im Rahmen ihres Informationsanspruchs gestellten Fragen umfassend und zeitnah zu beantworten. Hierbei ist jedoch im Einzelfall vorab zu klären, ob ein Non-Discloser-Agreement unterzeichnet werden muss (Stichwort: Datenschutzrechtliche Anforderungen).
  • Er hat die gewissenhafte Erfüllung seiner Aufgaben und Pflichten zu dokumentieren. Hierzu zählt auch die Sicherung möglicher Beweise (z. B. E-Mails, Schreiben, Zeugen, Ort- und Zeitangaben).
  • Sofern ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet wurde, hat der Testamentsvollstrecker eine Stellungnahme zum Amtsenthebungsschreiben abzugeben, um die Amtsenthebung zu verhindern beziehungsweise um diese zumindest zu verzögern.
  • Sodann kann er sein Amt niederlegen. Dies erfolgt durch Kündigung durch den Testamentsvollstrecker. Die Kündigungserklärung ist gegenüber dem Nachlassgericht abzugeben.
  • Gegebenenfalls kann der bisherige Testamentsvollstrecker einen bestimmten Testamentsvollstrecker als Nachfolger implementieren.

V. Fazit

Das Verhältnis zwischen dem Testamentsvollstrecker und den Erben ist insbesondere vor dem vermögensrechtlichen Hintergrund geradezu geschaffen für entsprechende Auseinandersetzungen. Dabei kann der Testamentsvollstrecker jedoch durch sein gewissenhaftes Vorgehen mögliche Streitigkeiten vermeiden oder zumindest abmildern, indem er etwa seine Tätigkeiten hinreichend dokumentiert und den Fragen der Erben umfassend gerecht wird. Kann der Konflikt nicht mehr ohne Weiteres gelöst werden, bleibt dem Testamentsvollstrecker die Kündigung seiner Stellung gegenüber dem Nachlassgericht. Im Umgang mit den Erben sollte der Testamentsvollstrecker stets die Beweggründe ihres Handelns erforschen, um interessengerecht darauf reagieren zu können.

Über #LFR Wirtschaftsanwälte

LFR Wirtschaftsanwälte sind Ihr Partner bei Erb-, Unternehmens- und Vermögensnachfolge. Unsere Anwälte beraten seit über 20 Jahren Testamentsvollstrecker bei allen Fragen der Erbauseinandersetzung, Erbschaftsstreitigkeiten und Nachlassabwicklung, aber auch bei der Abwehr von Haftungsansprüchen, insbesondere im Zusammenhang mit unternehmerisch gehaltenen Beteiligungen im Nachlass (GmbHs, GmbHs & Co. KGs, GbR-Anteile). Derartige Streitigkeiten zeichnen sich meist doch eine hohe Komplexität

Als qualifizierte Fachanwälte u.a. im Handels- und Gesellschafts-, im Insolvenz- sowie im Steuerrecht, als qualifizierter Fachberater Unternehmensnachfolge, als geschulte Wirtschaftsmediatoren und Coach vertreten wir Sie in allen Fragen rund um Konflikte bei der Testamentsvollstreckung über den Nachlass von Unternehmern und Gesellschaftern.

Foto(s): https://unsplash.com/photos/wkfZyteTMOA

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