Das Fahrverbot in Bußgeldsachen

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Wann wird es verhängt?

Bei Ordnungswidrigkeiten, die unter grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen werden, kann die Verwaltungsbehörde oder das Gericht in der Bußgeldentscheidung ein Fahrverbot von ein bis drei Monaten festsetzen (§ 25 Abs. 1 StVG). Regelmäßig kommt es zu einem Fahrverbot bei einer Fahrt unter Alkohol und Drogen (0,5 Promille-Regelung in § 24a StVG) oder in den Fällen des § 4 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 Bußgeldkatalogverordnung. Außerdem kann ein Fahrverbot bei beharrlicher Pflichtverletzung angeordnet werden.

Die häufigsten Tatbestände für einmonatige Fahrverbote sind:

  • erstmalige Alkoholfahrt mit mehr als 0,5 Promille oder mehr als 0,25 mg/l Atemalkohol,
  • 31 km/h zu schnell innerhalb geschlossener Ortschaft,
  • 41 km/h zu schnell außerhalb geschlossener Ortschaft,
  • Rotlichtverstoß bei mehr als 1 Sekunde Rot, sogenannter qualifizierter Verstoß,
  • Rotlichtverstoß mit Unfall,
  • Abstandunterschreitung mit weniger als 3/10 des halben Tachoabstandes,
  • innerhalb eines Jahres ab Rechtskraft einer Geschwindigkeitsüberschreitung um mindestens 26 km/h erneut mindestens 26 km/h zu schnell gefahren.

Zwei und oder maximal drei Monate Fahrverbot werden bei wiederholter Alkoholfahrt, erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitungen (ab 51 km/h innerorts oder 61 km/h außerorts) oder Abstandsunterschreitungen (ab weniger als 2/10 des halben Tachoabstandes) angeordnet.

Lässt sich ein Fahrverbot in eine höhere Geldbuße umwandeln?

Von der Anordnung eines Fahrverbotes kann ausnahmsweise abgesehen werden. Das mit der Ordnungswidrigkeit verbundene Bußgeld ist dann angemessen zu erhöhen; meist wird es verdoppelt. Geregelt ist diese Folge in § 4 Abs. 4 Bußgeldkatalogverordnung.

In der Praxis wird diese Möglichkeit von Gerichtsbezirk zu Gerichtsbezirk durchaus unterschiedlich angewendet. Grundsätzlich lässt sich aber wohl sagen, dass bei Alkohol- und Drogensachen, bei qualifizierten Rotlichtverstößen und bei beharrlichen Übertretungen (insbesondere bei schon vorhandenen Punkten in Flensburg; es genügt bereits eine Eintragung) die Bereitschaft zum Absehen von einem Fahrverbot wenig bis gar nicht vorhanden ist. In anderen Fällen hängt es sehr davon ab, welche Meinung die Staatsanwaltschaft im jeweiligen Gerichtsbezirk dazu hat. Ein Richter, der diesbezüglich großzügig verfährt, wird bei einer strengen Staatsanwaltschaft mit Rechtsmitteln gegen seine Entscheidungen rechnen müssen. Da die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte in Fahrverbotsfragen extrem hohe Hürden für ein Absehen vom Fahrverbot aufbaut, wird ein erstinstanzliches Urteil ohne Fahrverbot selten Bestand haben.

Wer versuchen möchte, ein Regelfahrverbot umgewandelt zu bekommen, sollte mit folgenden Argumenten rechnen:

Grundsätzlich ist vorhandener Urlaub vorrangig einzuplanen. Wer also noch Urlaub besitzt, wird das Absehen von Fahrverbot wohl nicht erreichen. Berufliche und wirtschaftliche Schwierigkeiten sind regelmäßig Folge des Fahrverbotes und als selbstverschuldet hinzunehmen. Erst bei drohendem Verlust des Arbeitsplatzes oder der wirtschaftlichen Existenz kann eine Ausnahme vom Regelfahrverbot gerechtfertigt sein (OLG Bamberg, Beschluss vom 26.01.2011, Az.: 3 Ss OWI 2/11). Es müsse eine massive Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz (eine „existenzvernichtende" außergewöhnliche Härte) vorliegen (OLG Bamberg, Beschluss vom 10.03.2011, Az.: 2 Ss OWI 1889/10). Der Betroffene müsse substantiiert Tatsachen nachweisen, die die Annahme einer Existenzvernichtung greifbar erscheinen lassen (BVerfG, NJW 1995/1541).

Die bloße Behauptung, man werde seinen Job verlieren, wird also nicht genügen. Inzwischen lassen viele Bußgeldrichter es auch nicht ausreichen, wenn der Betroffene ein Schreiben seines Arbeitgebers vorlegt, wonach ihm im Falle eines Fahrverbotes gekündigt werde. Solche „bestellten" Schreiben überzeugen selten.

Andererseits gibt es - inzwischen immer weniger - durchaus Bußgeldstellen und Bußgeldrichter, die großzügiger verfahren und es beim ersten (!) Verstoß mit einer erhöhten Geldbuße bewenden lassen. Man sollte aber wissen, dass man vorher gewisse Umstände des Falles einräumen muss (quasi ein kleines Geständnis abgeben muss), ohne sicher sein zu können, das angestrebte Ziel auch zu erreichen. Wer das nicht schafft und auf andere Verteidigungsmittel zurückgreifen muss, hat dann schon die eine oder andere weitere Chance verspielt.

Wann beginnt das Fahrverbot?

Normalerweise beginnt ein Fahrverbot mit der Rechtskraft des Verfahrens. Rechtskraft tritt ein, wenn es nach einer letzten Entscheidung keine Rechtsmittel mehr gibt, wenn nach einem Bußgeldbescheid kein Einspruch oder gegen ein Amtsgerichtsurteil kein Rechtsmittel eingelegt wird oder wenn im Laufe des Verfahrens ein Einspruch zurückgenommen wird. Beispiele: Wenn gegen einen Bußgeldbescheid kein Einspruch eingelegt wird, tritt Rechtskraft 14 Tage nach Zustellung des Bescheides ein. Wer gegen ein Urteil kein Rechtsmittel einlegt, erhält die Rechtskraft bei Nichtteilnahme an der Verhandlung eine Woche nach Zustellung des Urteils oder bei Anwesenheit während der Verkündung des Urteils eine Woche ab der Verkündung. Rechtskraft tritt auch unmittelbar nach Rücknahme des Einspruchs ein.

Wenn das Fahrverbot begonnen hat, ist die weitere Teilnahme am Straßenverkehr als Fahrer eines Kraftfahrzeuges das strafbare Fahren ohne Fahrerlaubnis.

Wer in den zwei Jahren vor der Ordnungswidrigkeit (entscheidend ist dafür der Tattag) und auch bis zur Entscheidung in der laufenden Sache kein Fahrverbot verhängt bekommen hat, erhält eine zusätzliche Frist von vier Monaten ab Rechtskraft für das freiwillige Antreten des Fahrverbotes. Das geschieht dann durch die Abgabe des Führerscheins in amtliche Verwahrung (s. u.). Fahrverbote müssen nicht mit einem Kalendermonat übereinstimmen. Sie können an jedem beliebigen Tag eines Monats begonnen werden und laufen dann bis zum entsprechenden Tag des Folgemonats.

Lässt sich ein Fahrverbot teilen?

Vor allem derjenige, der ein mehrmonatiges Fahrverbot abzusitzen hat und dem die Vier-Monats-Frist gewährt wird, stellt sich vielleicht die Frage, ob es gestattet ist, das Fahrverbot mit Unterbrechungen zu nehmen. Im Gesetz wird diese Möglichkeit nicht erwähnt. Daraus schließen Bußgeldstellen und Gerichte, dass grundsätzlich und ausnahmslos eine Teilung nicht in Betracht kommt. Dagegen sprechen auch praktische Gründe. Das Fahrverbot und seine Dauer, also vor allem sein Beginn werden im Verkehrszentralregister eingetragen. Damit wird bei erneuten Auffälligkeiten die Prüfung ermöglicht, ob zum Tatzeitpunkt überhaupt das Fahren erlaubt war oder ob eine Straftat vorliegt. Eine Teilung würde hier die Bußgeldstellen und Staatsanwaltschaften zu einem unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand zwingen, was auch vom Gesetzgeber so nicht gewollt ist.

Wie funktioniert die praktische Umsetzung?

Fahrverbote werden, so der Fachterminus, vollstreckt. Für die Vollstreckung ist je nach Verfahrensstand die Bußgeldstelle oder die Staatsanwaltschaft zuständig. Dorthin muss bei Antritt des Fahrverbotes der Führerschein. Gezählt werden die Tage des Fahrverbotes ab Eingang des Führerscheins in amtliche Verwahrung. Früher war es etwa in Dresden möglich, den Führerschein zusammen mit einer Kopie von der Fahrverbotsentscheidung auch bei einer Polizeidienststelle abzugeben. Diesen freiwilligen Service hat die Polizei aber inzwischen eingestellt. Anderenorts mag das noch gehen. Es lohnt sich vielleicht, sich vorher danach zu erkundigen. Die amtliche Verwahrung beginnt in diesen Fällen mit der Abgabe des Führerscheins bei der Polizei.

Wer seinen Führerschein mit der Post zur Vollstreckungsbehörde schicken muss, muss die Postlaufzeit einplanen. Erst mit dem Eingang des Führerscheins beginnt auch in diesen Fällen das Fahrverbot. Eine Eingangsbestätigung wird man nicht erwarten dürfen. Telefonische Nachfragen werden aber, wenn möglich, beantwortet. Wer seinen Führerschein abgeschickt hat, muss daher damit rechnen, dass das Fahrverbot am nächsten Tag beginnt. Leichtfertig wäre es, von einer längeren Postlaufzeit auszugehen und am nächsten oder den Folgetagen noch am Straßenverkehr teilzunehmen. Das könnte ein Strafverfahren zur Folge haben.

Wer am Samstag mit dem Fahrverbot beginnen möchte, sollte auf die Zustellart „Rückschein" verzichten, denn der Briefträger am Zielort wird am Samstag niemanden in der Behörde antreffen, der den Rückschein unterzeichnet und deshalb erst am Montag zustellen.

Die Rücksendung des Führerscheins erfolgt rechtzeitig vor Ablauf des Fahrverbotes, gegebenenfalls sogar so früh, dass der Schein früher eintrifft. Das bedeutet nicht, dass das Fahrverbot früher endet. Vielmehr darf bis zum Ablauf des Fahrverbotes vom Führerschein kein Gebrauch gemacht werden.

Rechtsanwalt Klaus Kucklick

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Tel. (0351) 80 71 8-70

Mail: kucklick@dresdner-fachanwaelte.de

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