Das gefährliche Personalgespräch - der Aufhebungsvertrag - immer ein Fehler?

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Will der Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmer beenden, stehen ihm grundsätzlich zwei Möglichkeiten offen: Er kann eine Kündigung aussprechen oder den Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag unterzeichnen lassen. In beiden Fällen hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, gerichtlich gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorzugehen – es sei denn, der von ihm unterzeichnete Aufhebungsvertrag enthält eine wirksame Klageverzichtsklausel.

Klageverzichtsklauseln kaufen dem Arbeitnehmer das Recht auf eine Kündigungsschutzklage durch Gewährung von Vergünstigungen, z. B. einer Abfindung, ab. Typisch und meist wirksam ist ein solcher Klageverzicht bei sogenannten Abwicklungsverträgen. Die sind zu unterscheiden von Aufhebungsverträgen. Abwicklungsverträge werden zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zumeist nach Erhalt einer Kündigung abgeschlossen und regeln die Einzelheiten der Vertragsbeendigung durch die Kündigung, ohne diese zur Disposition zu stellen. Lediglich das Recht zur Klage wird gegen eine angemessene Gegenleistung getauscht.

Aufhebungsverträge hingegen spielen zumeist eine große Rolle bei sogenannten Verdachtskündigungen. Der Arbeitgeber erfährt von einem Pflichtenverstoß des Arbeitnehmers, dessen rechtliche Bewertung offen ist. Hier stellt sich die Frage, ob dies für eine außerordentliche Kündigung ausreicht oder ob es nur um ein Bagatelldelikt geht. Ist im rechtlichen Sinne der dringende Tatverdacht eines Pflichtverstoßes gegeben, ist es dem Arbeitgeber gestattet, eine Verdachtskündigung auszusprechen. Diese Unsicherheit soll ein Aufhebungsvertrag mit Klageverzichtsklausel beseitigen. Es fragt sich, ob eine solche wirksam ist.

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Datum vom 12.03.2015 eine Entscheidung dahingehend getroffen, dass Klageverzichtsklausen in Aufhebungsverträgen nach Androhung einer Kündigung nur wirksam sind, wenn die Drohung mit der Kündigung rechtens war. Mit anderen Worten: Das Risiko der Wirksamkeit der Klausel wird zurück auf den Arbeitgeber verlagert. Droht er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung aufgrund eines Verhaltens des Arbeitnehmers, welches ihn nicht dazu berechtigen würde, ist auch eine entsprechende Klausel des Klageverzichtes in einem Aufhebungsvertrag unwirksam. Es entsteht jedoch ein Ermessenproblem dahingehend, dass der Arbeitgeber, selbst wenn eine außerordentliche Kündigung geringe Aussichten auf Erfolg haben sollte, diese in der gegebenen Situation durchaus „in Betracht ziehen“ darf.

In dem vom Bundesarbeitsgericht zu entscheidenden Fall wurde einem langjährigen Mitarbeiter im Einzelhandel vorgeworfen, zwei Tüten- bzw. Fertigsuppen unberechtigterweise in der Pause warmgemacht und gegessen zu haben. In einem eineinhalbstündigen Gespräch wurde der Arbeitnehmer mit diesen Vorwürfen konfrontiert. Ihm wurde dabei mit fristloser Kündigung und Strafanzeige gedroht. Im Zuge dessen unterschrieb der Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag, welcher das Arbeitsverhältnis ohne Abfindung mit Wirkung zum selben Tag beendete. Der Aufhebungsvertrag enthielt dabei die Regelung: „Die Vertragsparteien verzichten auf die Einlegung von Rechtsmitteln (Klage etc.).“

Diese Klausel wurde als wirksam beurteilt, unter der Voraussetzung, dass die Androhung der außerordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber nicht „widerrechtlich“ gewesen ist, weil ein verständiger Arbeitgeber sie in der gegebenen Situation ernsthaft in Erwägung ziehen konnte.

Handelt es sich hingegen um einen Bagatellverstoß, stellt der Verzicht eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers dar. Hiervon hängen die Wirksamkeit der Anfechtungserklärung, als auch der Klageverzicht ab. Die Bewertung dieser Umstände im Einzelfall wurde dem Landesarbeitsgericht überlassen.

Wird der Arbeitnehmer in einem Personalgespräch mit einem Verdacht des Fehlverhaltens konfrontiert, wird ihm meist nahe gelegt, dass es auch in seinem Interesse liege, einen Aufhebungsvertrag abzuschließen, um eine fristlose Kündigung, Strafanzeige und Schadensersatzforderungen zu vermeiden.

Gibt der Arbeitnehmer in einer solchen Situation nach, stellt sich danach zumeist die Frage der Anfechtbarkeit wegen widerrechtlicher Drohung, um den Aufhebungsvertrag wieder aus der Welt zu schaffen. Will er eine gerichtliche Durchsetzung mittels Anfechtungsklage bewirken, trägt er die Beweislast für diese Umstände. Ein generelles Widerrufsrecht besteht hier nicht.

Gegen derartige Verträge kann oftmals nur schwer vorgegangen werden. Wer einen Aufhebungsvertrag im Rahmen eines Personalgesprächs unterschreibt, macht praktisch immer einen Fehler. Es ist ratsam, einen solchen Vertrag nie sofort zu unterzeichnen, sondern zuvor prüfen zu lassen.

Für die Vereinbarung eines Besprechungstermins stehen Ihnen Herr Rechtsanwalt Christian Rothfuss, Fachanwalt für Arbeitsrecht in unserer Kanzlei in Dresden, Herr Rechtsanwalt Martin Volkmann, Fachanwalt für Arbeitsrecht in unserer Kanzlei in Riesa und Herr Rechtsanwalt Carsten Rüger, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht in unserer Kanzlei in Freiberg gerne zur Verfügung.


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