Das neue Bauvertragsrecht – wichtige Reform tritt am 01.01.2018 in Kraft

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1. Kernpunkte der Reform

Die zahlreichen Neuerungen durch das „Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung“, das zum 01.01.2018 in Kraft tritt, werden Baupraktiker, Juristen wie auch Verbraucher vor große Herausforderungen stellen. Es ist ein „Muss“ für jeden am Bau Beteiligten, sich mit diesen Änderungen zu befassen.

Die Reform enthält 4 wesentliche Abschnitte:

- Im 1. Abschnitt werden Änderungen des Kaufrechts vorgenommen, die insbesondere Nacherfüllungsansprüche für fehlerhafte Baustoffe betreffen.

- Der 2. Abschnitt enthält nunmehr eine in sich geschlossene Regelung zum Bauvertragsrecht, die es bislang als systematische Regelung dieses Vertragstyps nicht gab. Das Bauvertragsrecht bleibt zwar systematisch Teil des Werkvertragsrechts. Die Besonderheiten des Bauvertrages werden jedoch in spezifischer Weise ausgestaltet. Besondere Regelungen gelten zudem für den Verbraucherbauvertrag.

- Der 3. Teil beschäftigt sich mit dem Architekten- und Ingenieurvertrag. Auch dieses ist von Bedeutung, wenn private Bauherren Verträge mit Architekten abschließen.

-  Im 4. und letzten Teil wird schließlich erstmals der Bauträgervertrag geregelt, der bisher im BGB überhaupt keine Erwähnung fand.

Aufgrund der Brisanz dieser Neuregelungen, insbesondere zum Verbraucherbauvertrag, zum Bauträgervertrag und zur Änderung des Kaufrechts, sollen hier die maßgeblichen Änderungen des Bauvertragsrechtes dargestellt werden.

2. Das neue Bauvertragsrecht

Bislang fehlte im BGB eine auf den Bauvertrag zugeschnittene Regelung, wenn man von Regelungen zur Sicherung des Werklohns des Bauunternehmers einmal absieht. Dies ändert sich grundlegend. Der Bauvertrag bleibt zwar eine Unterform des Werkvertrages. Mit den besonderen Regelungen des Bauvertragsrechts wird jedoch eine auf die Baupraxis zugeschnittene Regelung offeriert, die den Besonderheiten des Bauvertrags weitergehend Rechnung trägt als es im allgemeinen Werkvertragsrecht bisher der Fall war. Dort waren faktisch alle Werkverträge vom Schneidern eines Maßanzuges bis zur Errichtung einer Brücke rechtlich gleichgestellt.

Die maßgeblichen Änderungen der Rechtslage können nachfolgend nur kursorisch benannt werden:

a) § 632a – Abschlagszahlungen

Die Höhe der Abschlagszahlungen, die bisher am Wertzuwachs beim Besteller zu bemessen war, richtet sich nunmehr nach dem konkreten Leistungsstand nach dem Vertrag. Diese Regelung, die vielfach schon gehandhabt wurde, erlaubt es dem Besteller in der Regel besser, die Höhe der abgerechneten Abschläge zu überprüfen und führt für den Unternehmer in der Regel zu angemessenen Abschlagszahlungen. Auch bei Abschlagszahlungen kann der Besteller bei Mängeln in der Regel das Doppelte der Mängelbeseitigungskosten zurückhalten.

b) § 640 – Abnahme

Geändert hat sich die Regelung über die fiktive Abnahme. Die Abnahmefiktion greift nunmehr nur dann ein, wenn der Besteller die Abnahme nicht unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert. Der den Bauherren begleitende Planer muss also Aufforderungen des Unternehmers zur Abnahme gesteigerte Aufmerksamkeit schenken.

c) § 648a – Kündigung aus wichtigem Grund

Der Gesetzgeber hat hier bereits die von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Grundsätze zur Kündigung aus wichtigem Grunde gesetzlich geregelt. Der Gesetzesverweis auf § 314 Abs. 2 und 3 BGB bewirkt, dass der außerordentlichen Kündigung in aller Regel eine erfolglose Abmahnung vorauszugehen hat. Besondere Bedeutung erlangt die Regelung des Abs. 4, wonach auch im Falle der außerordentlichen Kündigung eine Verpflichtung zur gemeinsamen Feststellung des Leistungsstandes besteht.

d) § 650a - 650h – Bauvertrag

In den vollständig neu eingefügten § 650a - 650h BGB wird erstmals eine eigenständige Regelung des Bauvertrages vorgenommen.

aa) § 650a – Bauvertrag

Das BGB enthält nunmehr eine gesetzliche Definition des Bauvertrags. Anknüpfungspunkt ist der Begriff des Bauwerks. Da dieser Begriff bereits in § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB verwendet wurde, kann auf die hierzu ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden. Als „Bauwerk“ wird danach eine unbewegliche, durch Verwendung von Arbeit und Material in Verbindung mit dem Erdboden hergestellte Sache definiert. Erforderlich ist, dass die Sache durch eine feste Verbindung mit Grundstück hergestellt wurde. Die sachenrechtliche Einordnung spielt dafür jedoch keine Rolle (vgl. Kniffka, IBR Online-Kommentar Bauvertragsrecht, Einführung vor § 631 BGB Rz. 1).

Dementsprechend liegt ein Bauvertrag auch vor, wenn kein neues Gebäude errichtet wird, sondern im Bestand gearbeitet wird, soweit die Arbeiten für den Bestand, die Konstruktion oder die Funktionsfähigkeit von wesentlicher Bedeutung sind. Dementsprechend kann auch ein Instandhaltungsvertrag ein Bauvertrag sein.

bb) § 650b – Änderung des Vertrags; Anordnungsrecht des Bestellers

Das BGB enthält nunmehr – erstmals – ein Anordnungsrecht des Bestellers, wie es bislang lediglich § 1 Abs. 3 und 4 VOB/B vorsehen. Ziel des Gesetzes ist dabei, Einvernehmen der Vertragsparteien herzustellen – im Streitfall setzt sich der Besteller jedoch mit seinem Änderungsbegehren durch. Der Unternehmer kann dies allenfalls mit dem Argument der Unzumutbarkeit verweigern.

cc) § 650c – Vergütungsanpassung bei Anordnung nach § 650b Abs. 2

Konsequenterweise gewährt das Gesetz dem Unternehmer dann einen Anspruch auf Vergütungsanpassung, wenn der Besteller von seinem Anordnungsrecht Gebrauch macht. Um dem Unternehmer auch bei Streit über die Vergütungshöhe einen Zahlungsanspruch zu sichern, gewährt ihm das Gesetz einen Anspruch auf 80 % seiner im Nachtragsangebot enthaltenen Vergütung als Abschlagszahlung, die der Unternehmer sogar im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzen kann.

dd) § 650d – Einstweilige Verfügung

Nach geltendem Recht lassen sich baurechtliche Ansprüche nur im Ausnahmefall im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens durchsetzen. Bei Streitigkeiten über das Anordnungsrecht gemäß § 650b oder die Vergütungsanpassung gemäß § 650c ist dies nach der Neuregelung nunmehr anders, weil das prozessuale Erfordernis der Glaubhaftmachung eines Verfügungsgrundes für diese Fälle entfallen ist. Hiermit soll erreicht werden, dass schnell eine Entscheidung darüber erlangt wird, wie das Bauvorhaben fortgeführt wird. Außerdem kann nun sogar eine einstweilige Verfügung auf Zahlung erwirkt werden.

ee) § 650e – Bauhandwerkersicherungshypothek; § 650f – Bauhandwerkersicherung

Hier wurden die bereits vorhandenen Regelungen der §§ 648 und 648a BGB weitgehend unverändert übernommen. Neu ist jedoch, dass ein Verbraucher von der Pflicht zur Sicherheitsleistung befreit ist.

ff) § 650g – Zustandsfeststellung bei Verweigerung der Abnahme; Schlussrechnung

Neu ist die Kooperationsverpflichtung der Parteien. Selbst bei Verweigerung der Abnahme unter Angabe von Mängeln ist der Besteller verpflichtet, an einer gemeinsamen Feststellung des Zustands des Werks mitzuwirken. Diese Zustandsfeststellung hat jedoch keine Abnahmewirkungen. Sie dient lediglich der Beweissicherung.

gg) § 650h – Schriftform der Kündigung

Nunmehr festgeschrieben ist, dass jegliche Kündigung des Bauvertrags der Schriftform bedarf, also eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden muss. Textform reicht nicht aus. Auch eine konkludent erklärte Kündigung kommt danach nicht mehr in Betracht.

3. Zusammenfassung

Die umfassenden Neuregelungen gelten für alle ab dem 01.01.2018 abgeschlossenen Bauverträge. Etwaig vorhandene Vertragsmuster müssen dringend angepasst werden. Bisherige übliche vertragliche Regelungen kollidieren mit den neuen gesetzlichen Regelungen und würden sich bei AGB-rechtlicher Bewertung als unwirksam erweisen.

Die gesetzliche Neuregelung wirft eine Vielzahl neuer und noch ungeklärter Rechtsfragen auf, die erst im Laufe der Zeit durch die Rechtsprechung geklärt werden. Auch eine Anpassung der VOB/B erscheint unumgänglich.

Jörg Borufka

Rechtsanwalt

- Rechtsanwaltssozietät WIGU, Schwerin -


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