Das StVO-Chaos geht weiter: Gilt jetzt der Bußgeldkatalog von 2007?

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Die StVO-Novelle vom April 2020 wurde wegen eines Formfehlers für ungültig erklärt. Jetzt stellt sich die Frage, ob frühere Novellen den gleichen Fehler aufweisen und ebenfalls nichtig sind. Das Justizministerium Baden-Württemberg hat die Landes- und Bundesverkehrsministerien darauf hingewiesen, dass die Änderungen der Straßenverkehrsordnungen von 2009 und 2013 ebenfalls Zitierfehler enthalten. Was bedeutet das für Autofahrer? Gilt jetzt der Bußgeldkatalog von 2007?

Welche Regelungen wären damit ungültig?

Die bis 2009 gültige StVO könnte die letzte rechtskräftige Grundlage für das Verkehrsrecht sein. Unter anderem wären dann folgende seit 2009 vorgenommene Verkehrsrechtsänderungen außer Kraft:

• MP3-Player, Tablets und andere elektronische Geräte dürften wieder am Steuer genutzt werden. Damit eine Strafe verhängt werden kann, müsste die Polizei einen Handyverstoß eindeutig beweisen. 

• Wer auf einer Autobahn keine Rettungsgasse bildet, hätte nur 20 Euro Strafe zu zahlen. Nach dem neuen Bußgeldkatalog wären 200 Euro und zwei Punkte in Flensburg fällig. 

• E-Roller und andere elektrische Kleinstfahrzeuge dürften auf deutschen Straßen nicht mehr genutzt werden. 

• Die Reform der Punkte in Flensburg wäre ebenfalls ungültig. Man dürfte wieder 18 statt der aktuellen acht Punkte sammeln.  

Formfehler könnte auch ältere Bußgeldkataloge außer Kraft setzen

Als Grund für die Nichtigkeit der vorherigen StVO-Novellen nennt das baden-württembergische Justizministerium einen Formfehler. Es fehle die sogenannte Ermächtigungsgrundlage, die das Bundesverkehrsministerium benötigt, um eine Verordnung zu erlassen. Das Zitiergebot nach Artikel 80 Absatz 1 Satz 3 Grundgesetz (GG) wurde demnach nicht berücksichtigt – und zwar in den Verordnungen für den Straßenverkehr von 2009, 2013 und 2020. Demnach sei die letzte gültige StVO-Novelle die des Jahres 2007. Das Bundesjustiz- und das Bundesinnenministerium begutachten diese Rechtsfrage zurzeit.

Die meisten Bundesländer wollen aktuelle Verkehrsverstöße nach dem Bußgeldkatalog ahnden, der vor der StVO-Novelle im April 2020 galt. Demnach würden Fahrverbote nicht bereits verhängt werden, wenn man innerorts 21 km/h oder außerorts 26 km/h zu schnell fährt. Bußgelder, die bereits nach dem neuen Bußgeldkatalog gezahlt wurden, werden nur in Brandenburg erstattet. Die Rückgabe von Führerscheinen aufgrund widerrechtlich verhängter Fahrverbote wird von den Bundesländern unterschiedlich gehandhabt.

Die Verkehrsminister der Länder stimmen sich jetzt darüber ab, welche Strafen künftig für Verstöße im Straßenverkehr gelten sollen. Während viele Bundesländer an den harten Strafen des Bußgeldkatalogs vom April 2020 festhalten wollen, setzt sich Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) für mildere Strafen ein.

Großteil der Bußgeldbescheide und Fahrverbote nichtig

Nach Schätzungen des ADAC könnten bis zu 100.000 der nach dem neuen Bußgeldkatalog verhängten Fahrverbote jetzt rechtswidrig und damit juristisch anfechtbar oder unwirksam sein.

Die Kanzlei VON RUEDEN hat sich auf Fälle im Verkehrsrecht spezialisiert. Wir raten Autofahrern, die einen Bußgeldbescheid bekommen haben, sich aufgrund der unsicheren Rechtslage anwaltlich beraten lassen. Die aktuellen Bußgeldbescheide könnten nämlich ungültig sein, sodass die Strafe möglicherweise abgewendet werden kann. Achtung: Der Einspruch muss innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt des Bußgeldbescheids eingelegt werden.

Kontaktieren Sie uns! Wir prüfen kostenlos, ob sich ein Einspruch gegen den Bußgeldbescheid in Ihrem Fall lohnt. Sie erreichen uns über unser Kontaktformular, per E-Mail an info@rueden.de und telefonisch unter 030 / 200 590 770.

Foto(s): Pixabay

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