Das Wandeldarlehen als Form der Unternehmensfinanzierung. Eine Übersicht über die Rechtsnatur und "Wandelung".

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1. Einführung


Wandeldarlehen, auch als Convertible Loans bezeichnet, sind eine attraktive Finanzierungsform für Unternehmen, insbesondere in der Frühphase der Unternehmensentwicklung. 

Bei einem Wandeldarlehen handelt es sich zunächst um ein normales Darlehen mit einem verzinsten Darlehensbetrag. 

Der Hauptvorteil dieser Finanzierungsform besteht darin, dass sie eine schnelle und unkomplizierte Kapitalbeschaffung ermöglicht, ohne dass eine umfassende Bewertung des Unternehmens und eine umfangreiche Sicherheitenbestellung (auch in Form persönlicher Haftungen der Gesellschafter) erforderlich ist

Wandeldarlehen erfreuten sich daher in den letzten Jahren an hoher Beliebtheit.

Was genau ein Wandeldarlehen ist, welche Anforderungen an dieses zu stellen sind und wie eine "Wandelung" des Darlehens erfolgt, soll im nachfolgenden Artikel beleuchtet werden.


2. Was ist ein Wandeldarlehen und wo ist dieses gesetzlich geregelt?


Ein Wandeldarlehen ist eine Form der Unternehmensfinanzierung, die häufig von Start-ups und jungen Unternehmen genutzt wird. 

Es handelt sich dabei um ein Darlehen, das unter bestimmten Bedingungen in Anteile des Unternehmens (z.B. Aktien, GmbH-Anteile) umgewandelt werden kann. Diese Umwandlung erfolgt meist zu einem vorher festgelegten Zeitpunkt oder Ereignis, wie beispielsweise einer weiteren Finanzierungsrunde oder einem Börsengang des Unternehmens.

Für das Wandeldarlehen und dessen Vereinbarung gibt es keine gesetzliche Grundlage. Somit gelten die allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen. U. a. sind das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) und das Handelsgesetzbuch (HGB) sowie spezifische Vorschriften für Kapitalgesellschaften relevant.


3. Anforderungen an einen Wandeldarlehensvertrag


Die Anforderungen an die Vereinbarung eines Wandeldarlehens umfassen in der Regel:

  1. Klare Bedingungen für die Umwandlung: Es muss genau festgelegt werden, unter welchen Bedingungen und zu welchem Zeitpunkt das Darlehen in Unternehmensanteile umgewandelt wird.
  2. Bewertung des Unternehmens: Die Vereinbarung sollte Regelungen enthalten, wie das Unternehmen zum Zeitpunkt der Umwandlung bewertet wird.
  3. Rechte und Pflichten der Parteien: Sowohl die Rechte des Darlehensgebers (z.B. Zinsansprüche, Informationsrechte) als auch die Pflichten des Darlehensnehmers müssen klar definiert sein.
  4. Regelungen bei Nichterfüllung:Was passiert, wenn das Unternehmen die Bedingungen für die Umwandlung nicht erfüllt oder insolvent wird, sollte ebenfalls geregelt sein.

Diese Anforderungen können je nach Rechtsraum und spezifischer Situation des Unternehmens variieren. Wegen der Komplexität eines Wandeldarlehens ist es ratsam, für die Vertragserstellung einen fachkundigen Rechtsanwalt hinzuzuziehen.


4. Wie und wann erfolgt die Umwandlung von Darlehen in Kapitalanteile bzw. Gesellschaftsanteile?


Die Umwandlung eines Wandeldarlehens in Eigenkapital erfolgt in der Regel durch eine Kapitalerhöhung bei der betreffenden Gesellschaft. 

Dieser Prozess umfasst mehrere Schritte und kann je nach Rechtsform des Unternehmens und der jeweiligen Rechtsordnung variieren. 

Hier ist ein allgemeiner Überblick über die typischen Schritte bei der Umwandlung eines Wandeldarlehens in Anteile einer GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) nach deutschem Recht:

  1. Auslösendes Ereignis: Zunächst muss ein im Wandeldarlehensvertrag festgelegtes Ereignis eintreten, das die Umwandlung auslöst. Dies kann beispielsweise eine neue Finanzierungsrunde, das Erreichen bestimmter Unternehmensziele oder ein festgelegtes Datum sein.
  2. Bewertung des Unternehmens: Vor der Umwandlung muss der Wert des Unternehmens ermittelt werden. Dies ist notwendig, um den Umrechnungskurs für die Umwandlung des Darlehens in Unternehmensanteile festzulegen. Die Bewertung kann auf Basis verschiedener Methoden erfolgen und wird oft zwischen den Darlehensgebern und dem Unternehmen ausgehandelt.
  3. Beschluss zur Kapitalerhöhung: Die Gesellschafterversammlung der GmbH muss einen Beschluss zur Durchführung einer Kapitalerhöhung fassen. Dieser Beschluss muss die Höhe der Kapitalerhöhung, die Ausgabe neuer Geschäftsanteile und die Bedingungen der Kapitalerhöhung festlegen.
  4. Eintragung ins Handelsregister: Der Beschluss zur Kapitalerhöhung muss beim Handelsregister angemeldet werden. Die Anmeldung muss von allen Geschäftsführern der GmbH unterschrieben werden.
  5. Leistung der Einlage: Die Darlehensgeber leisten ihre Einlage, indem sie auf ihre Darlehensforderungen verzichten. Dieser Verzicht wird als Sacheinlage in die GmbH eingebracht. Die Höhe der Sacheinlage entspricht dem Betrag des Wandeldarlehens.
  6. Ausgabe neuer Geschäftsanteile: Nachdem die Einlage erbracht wurde und die Kapitalerhöhung im Handelsregister eingetragen ist, werden neue Geschäftsanteile an die ehemaligen Darlehensgeber ausgegeben. Die Anzahl und der Wert der Anteile richten sich nach dem Umrechnungskurs, der im Wandeldarlehensvertrag festgelegt wurde.
  7. Anpassung der Gesellschafterliste: Abschließend wird die Gesellschafterliste der GmbH aktualisiert, um die neuen Gesellschafter (ehemalige Darlehensgeber) aufzunehmen.

Es ist wichtig zu beachten, dass dieser Prozess rechtlich komplex ist und von den spezifischen Bedingungen des Wandeldarlehensvertrags sowie den gesetzlichen Bestimmungen des jeweiligen Landes abhängt. Daher ist es ratsam, auch bei der Umwandlung eines Wandeldarlehens (wie bereits bei der der Vertragserstellung) fachkundige rechtsanwaltliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen.


5. Vorteile und Nachteile eines Wandeldarlehens für Investoren und das Unternehmen


Ob ein Wandeldarlehen als Finanzierungsform des Unternehmens im konkreten Fall in Frage kommt, hängt von den Präferenzen der beteiligten Parteien ab.

Daher ist es auch wichtig, sich einen Überblick über die Vorteile und Nachteile sowie die Chancen und Risiken eines Wandeldarlehens zu verschaffen.

a. Risiken und Nachteile für die Investoren:

  • Verzögerung der Eigenkapitalbeteiligung: Investoren erhalten zunächst keine direkte Beteiligung am Unternehmen. Dies bedeutet, dass sie bis zur Umwandlung des Darlehens keine Stimmrechte haben und somit keinen direkten Einfluss auf die Unternehmensführung nehmen können.
  • Risiko des Totalverlusts: Wie bei jeder Investition in Start-ups besteht das Risiko des Totalverlusts. Sollte das Unternehmen scheitern, bevor das Darlehen in Eigenkapital umgewandelt wird, könnten die Investoren ihr gesamtes investiertes Kapital verlieren.
  • Ungewisse Bewertung: Die Bewertung des Unternehmens zum Zeitpunkt der Umwandlung kann ungewiss sein. Dies kann dazu führen, dass Investoren am Ende weniger Unternehmensanteile erhalten, als sie ursprünglich erwartet hatten.

b. Risiken und Nachteile für das Unternehmen:

  • Zukünftige Kapitalverwässerung: Bei der Umwandlung des Darlehens in Eigenkapital werden neue Anteile ausgegeben, was zu einer Verwässerung der Anteile der bestehenden Gesellschafter führt.
  • Komplexe Vertragsbedingungen: Wandeldarlehen können komplexe Vertragsbedingungen enthalten, die für das Unternehmen nachteilig sein können, insbesondere in Bezug auf die Bewertung und die Umwandlungsbedingungen.
  • Finanzielle Verpflichtungen: Bis zur Umwandlung bleibt das Wandeldarlehen eine finanzielle Verbindlichkeit des Unternehmens, was die Bilanz belasten kann.

c. Vorteile für die Investoren:

  • Potenzieller Upside bei Erfolg: Wenn das Unternehmen erfolgreich ist, können Investoren von der Wertsteigerung profitieren, indem sie ihre Darlehen in Unternehmensanteile zu einer früher festgelegten, oft günstigeren Bewertung umwandeln.
  • Risikominderung: Im Vergleich zur direkten Eigenkapitalbeteiligung bietet das Wandeldarlehen eine gewisse Risikominderung, da es im Falle einer Insolvenz des Unternehmens vorrangig bedient wird.

d. Vorteile für das Unternehmen:

  • Flexibilität bei der Finanzierung: Wandeldarlehen bieten eine flexible Finanzierungsmöglichkeit, insbesondere für Start-ups, die noch keine feste Unternehmensbewertung haben.
  • Vermeidung einer sofortigen Unternehmensbewertung: Das Unternehmen muss sich nicht sofort bewerten lassen, was in frühen Phasen vorteilhaft sein kann, da die Bewertung potenziell höher ausfallen kann, wenn das Unternehmen bereits weiter entwickelt ist.
  • Erhalt der Kontrolle: Bis zur Umwandlung behalten die ursprünglichen Eigentümer die volle Kontrolle über das Unternehmen, da keine neuen Gesellschafter hinzukommen.

Insgesamt bieten Wandeldarlehen sowohl Chancen als auch Herausforderungen und sollten sorgfältig abgewogen werden, um sicherzustellen, dass sie den Bedürfnissen und Zielen der beteiligten Parteien entsprechen.


6. Fazit


Wandeldarlehen bieten sowohl für Unternehmen als auch für Investoren eine Reihe von nicht zu unterschätzenden Vorteilen. 

Sie ermöglichen eine schnelle und flexible Finanzierung, ohne dass eine aufwändige Unternehmensbewertung und Sicherheitenstellung erforderlich ist. Zudem bieten sie eine Art "Probezeit" für beide Parteien und schließen die Lücke zwischen Eigen- und Fremdkapital. 

Allerdings sollten Wandeldarlehen nicht als dauerhafte und einzige Finanzierungsform für Unternehmen angesehen werden, da eben auch Risiken bestehen. 

Es ist wichtig, dass Unternehmen und Investoren die Bedingungen und Konditionen des Wandeldarlehens sorgfältig prüfen und abwägen, um mögliche Risiken und Nachteile zu minimieren und mit den jeweiligen Präferenzen und Zielvorstellungen abgleichen. 

Insgesamt sind Wandeldarlehen ein nützliches Instrument zur Finanzierung von Unternehmen, die insbesondere zur Überbrückung von Finanzierungslücken genutzt werden können.



Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte und sehr komplexe rechtliche Materie. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 


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Foto(s): Dr. Holger Traub


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