Der Pflichtteil: Worauf Sie bei der Testamentsgestaltung achten sollten

  • 3 Minuten Lesezeit

Der Begriff „Pflichtteil“ fällt im Zusammenhang mit der Erstellung eines Testamentes immer wieder. Was hat es nun mit dem Pflichtteil auf sich? Eines vorausgeschickt: Eigentlich hat der Erblasser eine sogenannte Testierfreiheit. Danach kann er sein zu vererbendes Vermögen dem überlassen, dem er es auch zukommen lassen will. Diese Freiheit, über sein Vermögen frei zu verfügen, findet jedoch eine Einschränkung soweit ein bestimmter Personenkreis vom Erbe ausgeschlossen wird. Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 1990 das Pflichtteilsrecht als unentziehbare und bedarfsunabhängige Mindestbeteiligung, in diesem Fall der Kinder des Erblassers, an dessen Nachlass der Erbgarantie des Artikel 14 Grundgesetz unterstellt und als verfassungsgemäß qualifiziert.

Wer ist pflichtteilsberechtigt?

Dies sind die Abkömmlinge des Erblassers. Abkömmlinge sind alle Personen, die mit dem Erblasser in grader, absteigender Linie verwandt sind. Dies sind nicht nur die Kinder, sondern auch Enkel und Urenkel usw. Entfernte Abkömmlinge sind nur pflichtteilsberechtigt, wenn kein näherer berechtigter Abkömmling einen Pflichtteil verlangen kann. Die Eltern des Erblassers sind dann pflichtteilsberechtigt, wenn sie ohne die Ausschließung durch den Erblasser als Erben 2. Ordnung tatsächlich als gesetzliche Erben berufen wären. Der Ehegatte ist pflichtteilsberechtigt, wenn die Ehe zum Zeitpunkt des Erbfalls rechtsgültig bestand. Durch das Lebenspartnerschaftsgesetz ist auch der überlebende Partner einer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft pflichtteilsberechtigt, wenn die Partnerschaft zum Zeitpunkt des Erbfalls bestand und der Partner ausgeschlossen ist.

Was bedeutet „Enterbung“?

Der Pflichtteilsberechtigte muss des Weiteren von der Erbfolge ausgeschlossen sein. Die Enterbung kann tatsächlich erfolgen ohne dass der Erblasser einen anderen Begünstigten benennt. In den meisten Fällen erfolgt die Enterbung jedoch dadurch, dass der Erblasser andere Personen als Erben einsetzt und dadurch die Pflichtteilsberechtigten enterbt.

Was ist der Pflichtteilsanspruch?

Der Pflichtteilsanspruch geht grundsätzlich auf die Zahlung einer Geldsumme. Der Pflichtteilsberechtigte hat keinen Anspruch auf bestimmte Nachlassgegenstände. Der Anspruch richtet sich gegen den oder die Erben und besteht in Höhe der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils. Ein Beispiel: Ein Ehepaar (im ges. Güterstand) mit zwei Kindern setzt sich gegenseitig zu Alleinerben ein. Nach der gesetzlichen Erbfolge würde der überlebende Ehegatte aber „nur“ ½ des Nachlasses bekommen und die Kinder jeweils ¼. Die Hälfte des gesetzlichen Erbteils und damit des Pflichtteils würde sich demnach für jedes Kind auf 1/8 belaufen. Die Kinder könnten somit zusammen vom überlebenden Elternteil ¼ des Wertes des Nachlasses in Geld verlangen. Je nach Güterstand und Nachlassregelung errechnet sich die Höhe des Pflichtteils sehr unterschiedlich.

Sofern ein Pflichtteilsanspruch besteht, wird sehr häufig über den Wert des Nachlasses gestritten. Da der Anspruch des Pflichtteilsberechtigten auf Zahlung einer Geldsumme gegen den Erben gerichtet ist, liegt es in der Natur der Sache, dass der Berechtigte den Wert möglichst hoch ansetzt und der Zahlungspflichtige an einem niedrigen Wert interessiert ist. Auch ist nicht immer klar, welche Gegenstände zum Nachlass gehören. Ferner muss sich der Pflichtteilsberechtigte eventuelle Vorempfänge (z. B. Schenkungen) anrechnen lassen, wobei auch hier über das „ob“ und „wieviel“ gerne gestritten wird.

Fazit:

Wie Sie sehen, ist auch das Enterben eine nicht so einfache Angelegenheit. Ziel einer geordneten Nachlassregelung sollte es immer sein, auch diese Absichten klar und eindeutig und im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten zu regeln. Gerne steh ich Ihnen mit Rat und Tat zur Seite.

Vereinbaren Sie einen Termin.

Vorankündigung: Meine nächsten Beiträge werden u. a. die Themen „Annahme und Ausschlagung einer Erbschaft“ und „Gestaltungsinstrumente bei der Testamentserrichtung“ behandeln.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Hans-Peter Rien

Beiträge zum Thema