Der Strafbefehl: So können Sie eine öffentliche Hauptverhandlung vermeiden

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Die Horrorvorstellung:

Sie sind angeklagt. Sie sitzen auf der Anklagebank. Im Verhandlungssaal sitzen Zuschauer, deren Blicke sich auf Sie richten. Zu allem Überfluss kommt noch ein Zeitungsreporter mit Kamera in den Saal gehetzt, der über Sie berichten wird.

Dabei haben Sie sich noch nie etwas zuschulden kommen lassen, so ein Strafverfahren kennen Sie allenfalls aus den Medien und aus diversen Anwaltsserien im Fernsehen. Dass so etwas mal Sie persönlich treffen könnte? Nicht vorstellbar.

Wollen Sie sich gegen den Tatvorwurf wehren, etwa weil Sie sich unschuldig fühlen oder sie der Meinung sind, dass der Nachweis ihrer Täterschaft nicht geführt werden kann, müssen Sie da durch. Ein erfahrener und kompetenter Strafverteidiger begleitet Sie durch das Verfahren und kämpft für den bestmöglichen Verfahrensausgang. 

Sie fühlen sich „schuldig“, wollen aber eine öffentliche Hauptverhandlung um jeden Preis vermeiden?

Für diesen Fall bietet die Strafprozessordnung (StPO) das Strafbefehlsverfahren an. 

Der Strafbefehl ist, salopp ausgedrückt, eine Verurteilung ohne Verhandlung

Das Strafbefehlsverfahren ist nicht auf alle Fälle anwendbar, wohl aber auf eine sehr große Anzahl von Delikten. Grob zusammengefasst kommt ein Strafbefehlsverfahren in Betracht:

  • Nur bei Erwachsenen
  • Bei Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu 1 Jahr auf Bewährung.
  • regelmäßig bei Ersttätern, also nicht bei zahlreichen Vorstrafen und „Serientätern“.
  • überwiegend bei einfachen und übersichtlichen Sachverhalten.

In der Praxis wird von Staatsanwaltschaften und Amtsgerichten schon von Amts wegen sehr oft Gebrauch vom Strafbefehlsverfahren gemacht. Es spart Ermittlungsarbeit, einen oder gar mehrere Hauptverhandlungstermine mit aufwändiger Beweisaufnahme und Urteilsverkündung. 

Darüber hinaus muss der Richter oder die Richterin kein schriftliches Urteil abfassen und überzeugend begründen, dass das Urteil auch der Überprüfung durch ein Instanzgericht standhält. Der Strafbefehl ist daher auch ökonomisch, weil kosten- und arbeitssparend. Und dem Beschuldigten erspart es einen belastenden Auftritt bei Gericht. 

Wird gegen Sie ermittelt (polizeiliche Vorladung schon da?) und liebäugeln Sie mit der Variante des Strafbefehlsverfahrens, sollten Sie sich sehr frühzeitig an einen auf Strafrecht spezialisierten Rechtsanwalt wenden. 

Warum ist das so wichtig?

1.
Nur der Strafverteidiger erhält umfassende Akteneinsicht und schätzt mit Ihnen zusammen ein, ob ein Strafbefehl vorliegend zulässig, aber auch sinnvoll, d. h. in Ihrem Interesse ist. Drohende Nebenfolgen einer Strafe müssen immer einkalkuliert und erörtert werden. Wenn der Verteidiger realistische Verteidigungsmöglichkeiten sieht, weil er von Ihrer Unschuld überzeugt oder der vorgeworfene Sachverhalt gar nicht strafbar ist, rät er Ihnen vom Akzeptieren eines Strafbefehls ab.

2.
Selbst wenn die Staatsanwalt ohnehin den Erlass eines Strafbefehls beantragen wollte,  kann der Verteidiger, wenn er sich frühzeitig in das Verfahren einschaltet, vielleicht Einfluss auf Inhalt und vor allem auf die Rechtsfolgen ausüben. Die im Strafbefehl meistens festzusetzende Geldstrafe setzt sich zusammen aus der Anzahl und der Höhe der Tagessätze. Die Tagessatzanzahl entscheidet mitunter über (oft übersehene) gravierende Nebenfolgen und, vielleicht bekannt, über die Eintragung in das polizeiliche Führungszeugnis.

Kurzum: Dem Verteidiger sollte es frühzeitig ermöglicht werden, mit dem Staatsanwalt einen Strafbefehl „auszudealen“. 

Und jetzt noch die letzten wichtigen Hinweise zum Strafbefehl:

1.
Das Gericht ist nicht an den Antrag der Staatsanwaltschaft gebunden: Es kommt gelegentlich vor, dass auf den Strafbefehlsantrag trotzdem eine Hauptverhandlung anberaumt wird.

2.
Gegen einen Strafbefehl kann immer Einspruch eingelegt werden, bis zwei Wochen nach Zustellung des Strafbefehls. Dann findet eine Hauptverhandlung statt. Das Gericht ist dann nicht mehr an die Strafe im Strafbefehl gebunden, es kann u. U. auch eine höhere Strafe aussprechen.

3.
Der Einspruch kann bis zum Beginn der Hauptverhandlung zurückgenommen werden, dann wird der ursprüngliche Strafbefehl rechtskräftig. Auch in der Hauptverhandlung kann der Einspruch noch zurückgenommen werden; allerdings muss der Staatsanwalt der Rücknahme dann zustimmen.

4.
Der Einspruch kann auch auf die Rechtsfolgen beschränkt werden. Dann bleibt es bei einer Verurteilung; nur die Strafhöhe (Tagessatzanzahl und -höhe bei Geldstrafen) wird einer Überprüfung unterzogen. Eine höhere Strafe ist dann ausgeschlossen.

Je früher Sie sich an einen Strafrechtsspezialisten wenden, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass bei der Staatsanwaltschaft Einfluss ausgeübt werden kann im Hinblick auf eine „Verurteilung ohne Verhandlung“, somit einer diskreten Abwicklung eines Strafverfahrens ohne öffentliches Aufsehen. 

Gerne stehe ich für Ihre Beratung bereit, 

herzliche Grüße

Ihr Patrick Graf zu Stolberg

Fachanwalt für Strafrecht in Leipzig


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