Verteidigung von Ausländern: Der richtige Dolmetscher muss her

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Die Verteidigung ausländischer Beschuldigter gestaltet sich je nach Tatvorwurf und Herkunft oftmals komplizierter als die Verteidigung Beschuldigter mit deutscher Staatsangehörigkeit.

Zusätzliche Aspekte müssen sowohl im materiellen Recht als auch im Verfahrensrecht beachtet werden.

Eine funktionierende Kommunikation muss organisiert werden, vor allem durch Hinzuziehung geeigneter Dolmetscher. Klingt simpel, ist aber oft kompliziert und in der Verfahrenspraxis alles andere als selbstverständlich. Die falsche Auswahl birgt Gefahren für das weitere Verfahren.

Brenzlig sind für einen Ausländer bestimmte Situationen wie diese:

Polizeibeamte greifen einen Ausländer bei oder kurz nach einer mutmaßlichen Straftat auf, belehren ihn (oder auch nicht), befragen ihn zur Sache und bekommen auch Antworten, die als Geständnis oder wenigstens selbstbelastend gewertet werden können. Tatsächlich hat der Angetroffene fast nichts verstanden und nur „irgendetwas“ in gebrochenem Deutsch geantwortet, um irgendwie aus der Situation herauszukommen. Später, in der Hauptverhandlung werden die gleichen Polizisten als Zeugen garantiert übereinstimmend aussagen, der Angeklagte wäre ordnungsgemäß belehrt worden, hätte alle Fragen verstanden und auch verständlich geantwortet. Er hätte auf Frage auch versichert, dass er der deutschen Sprache mächtig sei und alles verstehe. 

Ohne einen aufmerksamen Verteidiger, der diese zweifelhaften Vernehmungsmethoden kritisch hinterfragt und ggf. auf ein Verwertungsverbot der seinerzeitigen Aussagen des Angeklagten drängt, können allein diese wackeligen Angaben gegenüber den Beamten der sichere Weg in die Verurteilung sein.

Haben Sie als Ausländer denn Anspruch auf einen Dolmetscher?

Grundsätzlich ja, und zwar in allen Verfahrensabschnitten. ABER:

Es sollte selbstverständlich sein, dass der Beschuldigte Ausländer in seiner Muttersprache kommunizieren darf. Ist es aber nicht: Mangels entsprechender Normen in den Verfahrensordnungen und im europäischen Recht hat der Ausländer nur ein Recht auf Übersetzungen in einer für ihn „verständlichen Sprache“. So haben viele Afrikaner neben Ihrer Muttersprache Englisch oder Französisch als Amtssprache ihres Herkunftslandes und werden gezwungen, Übersetzungen in diesen Sprachen hinzunehmen, obwohl sie sie nicht beherrschen. Gefährliche Missverständnisse sind vorprogrammiert. Auch werden kurdischen Mandanten aus der Türkei Dolmetscher bestellt, die die türkische, aber nicht die kurdische Sprache beherrschen. Hier müssen Verteidiger einschreiten und darauf bestehen, dass der Mandant unbedingt einen Dolmetscher in seiner Muttersprache bestellt bekommt. 

Immer aber gilt, gerade für Ausländer:

Schweigen Sie, wenn Sie von der Polizei etwas gefragt werden! Sie haben das Recht dazu! Lassen Sie sich nichts entlocken und nicht einschüchtern. Jedes Wort von Ihnen wird – oftmals unrichtig oder verzerrt – protokolliert und ist brandgefährlich!

Und schalten Sie so früh wie möglich einen Strafverteidiger ein, damit die Ermittler Ihre Unerfahrenheit und Ahnungslosigkeit nicht ausnutzen. 

Kommen Sie in eine solche Situation, nehmen Sie mit mir Kontakt auf und vereinbaren Sie ein erstes Gespräch.

Herzliche Grüße

Ihr 

Patrick Graf zu Stolberg

Fachanwalt für Strafrecht


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