Die 10 wichtigsten Gerichtsentscheidungen zu Zeiten von Covid-19 im Arbeitsrecht

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Ohne PCR-Test - kein Zutritt, Arbeitsgericht Offenbach 04.02.21 (4 Ga 1/21)

Sachverhalt:

Der Arbeitgeber ordnete einen PCR Test für die Arbeitnehmer an, die das Werksgelände betreten möchten.

Der Arbeitnehmer verweigerte die Durchführung, da weder die Betriebsvereinbarung noch das Weisungsrecht Grundlage für diese Anordnung sei. In der Betriebsvereinbarung sind die Voraussetzungen zur Durchführung des PCR-Tests niedergeschrieben. Der Arbeitnehmer erwirkte ein Eilverfahren auf Fortsetzung seiner Arbeitstätigkeit.

Urteil: Das Eilverfahren blieb ohne Erfolg. Für die Richter konnte ein besonderes, eiliges Beschäftigungsinteresse nicht festgestellt werden.

Videoüberwachung zur Einhaltung der Schutzmaßnahmen, Arbeitsgericht Wesel 24.04.20 (2 BVGa 4/20) 

Sachverhalt: Der Betriebsrat stellte einen Unterlassungsantrag beim Arbeitsgericht Wesel. Der Betrieb hat bereits installierte Kameras und die Videoüberwachung des Betriebs ist in der Betriebsvereinbarung erfasst. Nun zur Corona-Pandemie sollte mittels Videoüberwachung überprüft werden, welche Arbeitsbereiche den notwendigen Sicherheitsabstand nicht einhalten können, um gegebenenfalls Arbeitsprozesse für eine Einhaltung zu optimieren.

 

Urteil: Das Gericht gab dem Unterlassungsantrag teilweise statt. Eine Videoüberwachung, auch zur Sicherstellung der Corona-Schutzmaßnahmen sei nur in engen rechtlichen Grenzen zulässig. Grundsätzlich hat der Arbeitgeber dies zu unterlassen. Ferner ist eine Absprache mit dem Betriebsrat notwendig.

Quarantäne durch den Arbeitgeber, Arbeitsgericht Dortmund 24.11.20 (5 Ca 2057/20) 

Sachverhalt: Der Arbeitnehmer eines Betriebs war für einige Tage in Österreich in einer Ferienwohnung im Urlaub. Bei Rückkehr sollte sich der Arbeitnehmer beim Arbeitgeber melden, welcher Bitte er auch nachkam. Der Arbeitgeber ordnete eine zweiwöchige Quarantäne an, da Österreich kurz darauf als Risikogebiet eingestuft wurde. Der Arbeitgeber verweigerte die Lohnauszahlung während der Quarantäne, woraufhin der Arbeitnehmer klagte.

Urteil: Verhängt der Arbeitgeber zum Schutze seines Betriebs und den darin beschäftigten Mitarbeitern Quarantäne, so trägt der Arbeitgeber das Betriebsrisiko und das damit verbundene Vergütungsrisiko. Anders ist der Fall, bei behördlich angeordneter Quarantäne einzelner Angestellter oder einer behördlichen Betriebsschließung.

Die Einführung pandemiebedingter 12-Stundenschichten bedarf Zustimmung, Verwaltungsgericht Sigmaringen, 23.11.2020 (PL 11 K 2474/20) 

Sachverhalt: In einer Uniklinik sollen die Schichten der Mitarbeiter pandemiebedingt auf 12 Stunden verlängert werden. Die Personalleitung informierte den Personalrat über die geplante Ausweitung. Der Personalrat ist der Ansicht, dass eine Unterrichtung allein nicht ausreiche, sondern auch ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats vorliege und lehnte eine Verlängerung der Schichten ab.

Urteil: Die Verlängerung bedarf grundsätzlich der Mitbestimmung des Personalrats. Das Mitbestimmungsrecht des Personalrates wurde verletzt. Die Covid-Arbeitszeitverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales schließt eine Mitbestimmung dahingehend nicht aus. Die Fortführung der Schichtverlängerung sei rechtswidrig.

Fristlose Kündigung nach Entwenden von Hygieneartikel, LAG Düsseldorf, 14.01.2021 (5 Sa 483/20) 

Sachverhalt: Bei dem Arbeitnehmer eines Paketzustellungsunternehmen, wird bei einer stichprobenartigen Ausfahrtskontrolle ein abgefüllter Liter Desinfektionsmittel gefunden. Warenwert hierfür sind 40,00 €. Eine Entwendung von Desinfektionsmittel kam öfters vor, so der Arbeitgeber. Nach Befragung von Zeugen und mit Abstimmung des Personalausschusses des Betriebsrats, wurde der Arbeitnehmer fristlos gekündigt. Der Arbeitnehmer wandte sich hiergegen.

Urteil: Das LAG wies die Kündigungsschutzklage ab. Es bestätigt das Vorliegen eines wichtigen Grundes für eine fristlose Kündigung. Man ginge davon aus, dass der Arbeitnehmer das Desinfektionsmittel für den eigenen Verbrauch verwende.

Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes, Arbeitsgericht Berlin 15.10.20 (42 Ga 13034/20) 

Sachverhalt: Eine Arbeitnehmerin, welche als Flugsicherheitsassistentin an einem Flughafen tätig ist, trug vor dass sie anstelle eines Mund-Nasen-Schutzes, ein Gesichtsschutzschirm tragen wolle. Sie klagte vor dem Arbeitsgericht.

Urteil: Die Klage wurde abgewiesen. Ein Gesichtssvisier sei für den Schutz Dritter weniger geeignet, als ein Mund-Nasen-Schutz, welcher vom Arbeitgeber vorgeschrieben ist. Der Arbeitgeber habe die Pflicht, sowohl das Personal am Flughafen, als auch das Publikum vor Infektionen zu schützen. Eine Unzumutbarkeit des Tragens eines Mund-Nasen-Schutzes muss ausreichend glaubhaft gemacht werden.

Keine betriebsbedingte Kündigung wegen Corona, Arbeitsgericht Berlin 25.08.20 (34 Ca 6664/20) 

Sachverhalt: Unternehmen haben aufgrund des zurückgehenden Auftragsaufkommens in Erwägung gezogen, betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen.

Urteil: Die Begründung aufgrund der Corona-Krise und dem einhergehenden erheblichen Umsatzrückgang keine anderen Alternativen zu sehen, als Kündigungen auszusprechen, ist nicht ausreichend für die Rechtfertigung einer solchen. Der Arbeitgeber muss anhand der Auftrags- und Personalplanung konkret darstellen, warum es sich nicht nur um eine vorrübergehende Auftragsschwankung, sondern um einen dauerhaften Auftragsrückgang handelt.

Untersagung des Arbeitgebers einer Nebentätigkeit, LAG Berlin-Brandenburg 01.09.20 (16 Sa 2073/19) 

Sachverhalt: Der Arbeitnehmer stellte einen Antrag auf Genehmigung einer Nebenbeschäftigung bei seinem Arbeitgeber. Der Arbeitnehmer ist von Montag bis Freitag bei seinem Arbeitgeber beschäftigt und avisierte eine geringfügige Beschäftigung bei einer Zeitarbeitsfirma mit maximal neun h/Woche. Dessen Arbeitgeber lehnte dies unter dem Hinweis einer Konkurrenztätigkeit ab. Der Arbeitnehmer ist als Patientenmanager bei seinem Arbeitgeber tätig. Die Nebentätigkeit wäre die einer Krankenpflegekraft auf Intensivstationen gewesen. Das Arbeitsgericht hat die Berechtigung der Aufnahme der Nebentätigkeit festgestellt. Der Arbeitgeber ist in Berufung gegangen.

Urteil: Das LAG bestätigte das Urteil des Arbeitsgerichts. Der Arbeitnehmer sei berechtigt die Nebenbeschäftigung als Krankenpfleger aufzunehmen, da eine Konkurrenzstellung nicht festgestellt werden könne. Die Nebenbeschäftigung stehe der Erfüllung der arbeitsrechtlichen Pflichten aus der Hauptbeschäftigung des Klägers nicht entgegen und beeinträchtige ferner nicht die Interessen des Arbeitgebers.

Der Arbeitgeber darf während der Arbeit das Tragen einer Maske anordnen , Arbeitsgericht Siegburg 16.12.20 (4 Ga 18/20) 

Sachverhalt: Die Parteien streiten über das Beschäftigungsverbots des Arbeitnehmers bei seinem Arbeitgeber. Der Arbeitnehmer legte dem Arbeitgeber eine ärztliche Bescheinigung vor, welche ihm die Unzumutbarkeit des Tragens eines Mund-Nasen Schutzes und eines Gesichtsvisiers aus gesundheitlichen Gründen bestätigt. Diese Attestierung bestätigte auch der Werksarzt. Der Arbeitgeber lehnte weiterhin eine Beschäftigung ohne Schutz ab.

Urteil: Der Gesundheits- und Infektionsschutz aller Mitarbeiter und Besucher der Betriebsstätte überwiegt dem Interesse des Arbeitnehmers ohne Mund-Nasen-Schutz und Gesichtsvisier seiner Tätigkeit nachzugehen. Die Beschäftigung des Arbeitnehmers ohne Gesichtsvisier ist dem Arbeitgeber in dieser aktuellen Pandemiesituation nicht zumutbar.

Keine einseitige Änderung der Kurzarbeit, Arbeitsgericht Hamm 04.05.20 (2 BVGa 2/20) 

Sachverhalt: Die Betreiberin eines Einzelhandels hatte eine Betriebsvereinbarung bezüglich der Kurzarbeit und ist von einer Betriebsschließung bis zum 30.05.20 betroffen. Die Inhaberin hatte vor, bereits am 28.04.20 wieder zu öffnen und damit ihre Mitarbeiter wieder früher zurückzuholen. Der Betriebsrat lehnte dies ab. Ferner wurden mit dem Betriebsrat auch keine Verhandlungen über die Umsetzung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards geführt.

Urteil: Der Arbeitgeber hat es zu unterlassen, Arbeitszeiten ohne die Zustimmung des Betriebsrats oder durch die Einigungsstelle anstelle der Zustimmung des Betriebsrats, zuzuweisen. Entgegen der Urteile 4 BVGa 3a/20, 46 AR 50030/20 und 3 BVGa 7/20 entschied das Arbeitsgericht Hamm zugunsten des Arbeitgebers und entgegen weitreichender Mitbestimmungsrechte bei der Umsetzung der Arbeitsschutzstandards.


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