Die Bedeutung und Reichweite einer wirksamen Einwilligung des Patienten

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Das Oberlandesgericht Hamm hat mit Urteil vom 15.12.2017 erneut die Bedeutung einer wirksamen Einwilligung des Patienten betont, indem er eine ärztliche Behandlung bei Nichteinhaltung der Wahlleistungsvereinbarung für rechtswidrig erklärt hat.

Bereits nach Auffassung des Reichsgerichtshofs in seiner Entscheidung vom 31.05.1894 (RGSt 25, 375) und der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH, Urt. v. 25.03.1988, Az. 2 StR 93/88 – BGHSt 35, 246; BGH, Urt. v. 05.07.2007, Az. 4 StR 549/06 -NStZ-RR 2007, 340; BGH, Urt. v. 23.10.2007, Az. 1 StR 238/07 – NStZ 2008, 150) stellt jeder ärztliche Heileingriff tatbestandlich eine Körperverletzung im Sinne der §§ 223 ff. StGB; 823 I BGB dar.

Dies gilt nicht etwa nur für klassische invasive Eingriffe, wie Operationen (BGH, Urt. v. 05.07.2007, Az. 4StR 549/06 – NStZ-RR 2007, 340;) oder die Verabreichung von Medikamenten (BGHNJW 2007, 2771), sondern auch für diagnostische Verfahren (VersR 2009, 257), aber auch für einfache Blutentnahmen oder fremdnützige Blutspenden (BGH, Urt. v. 14.03.2006, Az. VI ZR 279/04 – NJW 2006,2108).

Vor diesem Hintergrund ist bspw. darauf hinzuweisen, dass selbst ein lege artis durchgeführter operativer Eingriff, der zum Tode des Patienten führt, strafrechtlich als Verbrechenstatbestand einer Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB – Mindestfreiheitsstrafe nicht unter drei Jahren) gewertet werden kann, wenn er ohne ordnungsgemäße Aufklärung erfolgt ist (vgl. BGH, Urt. v. 05.07.2007, Az. 4 StR 549/06 – NStZ-RR 2007, 340; BGH, Urt. v.23.10.2007, Az. 1 StR 238/07 – NStZ 2008, 150).

Ausgehend davon, dass jeder ärztliche Heileingriff grds. tatbestandlich eine Körperverletzung im Sinne der §§ 223 ff. StGB darstellt, welcher jedoch gerechtfertigt sein kann, folgt die Frage, welche Rechtsfertigungsmöglichkeiten in Betracht kommen. Dies sind insbesondere:

- (wirksame) Einwilligung

- mutmaßliche Einwilligung (bspw. des bewusstlosen Patienten)

- rechtfertigender Notstand

Bei der Einholung einer Einwilligung des Patienten ist bspw. auf eine ordnungsgemäße Aufklärung zu achten, denn nur wenn der Patient auch genau weiß, worin er einwilligt, ist die Einwilligung wirksam.

Dabei fordert der Bundesgerichtshof, dass der Patient „im Großen und Ganzen“ weiß, worin er einwilligt (BGH NJW 2009, 1209).

Sodann muss sich der ärztliche Eingriff auch im Rahmen der Einwilligung bewegen.

„Ist ein Eingriff durch einen bestimmten Arzt, regelmäßig den Chefarzt, vereinbart oder konkret zugesagt, muss der Patient rechtzeitig aufgeklärt werden und zustimmen, wenn ein anderer Arzt an seine Stelle treten soll. Fehlt die wirksame Einwilligung in die Vornahme des Eingriffs, ist der in der ärztlichen Heilbehandlung liegende Eingriff in die körperliche Integrität rechtswidrig.“, so das Oberlandesgericht Hamm in o. g. Entscheidung, was einen Schadensersatzanspruch begründen kann.

Schließt der Patient einen Wahlleistungsvertrag im Vertrauen auf die besonderen Erfahrungen und die herausgehobene medizinische Kompetenz des von ihm ausgewählten Arztes ab, die er gegen Entrichtung eines zusätzlichen Honorars für die Heilbehandlung sichern will, „muss der Wahlarzt die seine Disziplin prägende Kernleistung persönlich und eigenhändig erbringen. Insbesondere muss der als Wahlarzt verpflichtete Chirurg die geschuldete Operation grundsätzlich selbst durchführen, sofern er mit dem Patienten nicht eine Ausführung seiner Kernleistungen durch einen Stellvertreter wirksam vereinbart hat (vgl. Urteil des BGH vom 11.05.2010 – VI ZR 252/08; Juris unter Rz.7; Urteil des BGH vom 20.12.2007 – III ZR 144/07; Juris unter Rz.7).“

Im entschiedenen Fall war der Chefarzt zwar bei der OP anwesend, dies genüge jedoch – anders als bspw. möglicherweise bei einer Operation durch einen Assistenzarzt unter Aufsicht des Oberarztes, da hier i.d.R. beide Mediziner im selben Fachgebiet tätig sind – nicht.

Insofern ist es ratsam, bspw. in entsprechenden Wahlleistungsvereinbarungen mit dem Patienten eine Ausführung auch der Kernleistung durch einen Stellvertreter bspw. unter Supervision durch den Wahlarzt zu vereinbaren. 



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