Die Betriebshaftpflichtversicherung im Baurecht

  • 5 Minuten Lesezeit

Die Frage nach dem Versicherungsschutz für den Auftragnehmer

Die Betriebshaftpflichtversicherung ist immer wieder Gegenstand der Rechtsberatung.

Dieser Themenkomplex wirft regelmäßig bei Mandanten die Frage auf, ob Schäden, die der Auftraggeber geltend macht, versichert sind. Die Rechtslage soll an den nachfolgenden Fällen aufgezeigt werden.

Der 1. Fall geht auf ein Urteil des OLG Karlsruhe vom 31. Oktober 2013 zurück. Hierbei ging es um einen Auftragnehmer, der Fliesen in einer Abfüllhalle einer Kelterei verlegt hat. Leider gibt es wegen der fehlerhaften Verlegung keinen Haftverbund zwischen Fliesen und Untergrund, so dass sich die Fliesen lösen und der gesamte Belag erneuert werden muss. Die in der Halle befindlichen Maschinen müssen ab- und wieder aufgebaut werden und die Halle auch für die Mangelbeseitigungsarbeiten geräumt werden. Der Auftraggeber macht Kosten für den Ab- und Wiederaufbau der Maschinen als auch den Nutzungsausfall als Schadensersatz geltend. Der Auftragnehmer begehrt von der Betriebshaftpflichtversicherung die Feststellung, dass die Schäden von der Betriebshaftpflichtversicherung zu erstatten sind. Das OLG Karlsruhe urteilt leider zu Lasten des Auftragnehmers und stellt fest, dass für die Haftung des Auftragnehmers auf das Erfüllungsinteresse aus einem Werkvertrag kein Versicherungsschutz besteht.

Der Begriff des Erfüllungsinteresses taucht dabei immer wieder auf. Erfüllungsinteresse meint, dass alle Leistungen, die zur vertraglichen Erfüllung notwendig sind, nicht vom Versicherungsschutz gedeckt sind. Grundsätzlich besteht Versicherungsschutz nur für Personen- oder Sachschäden. Sachschäden sind Schäden an Gegenständen im Eigentum eines Dritten, die nicht gleichzeitig Gegenstand der vertraglichen Werkleistung sind. Mithin muss grundsätzlich der Auftragnehmer seinen Mangel selbst beseitigen und die hierfür entstehenden Mängelbeseitigungskosten sind grundsätzlich nicht durch eine Versicherung gedeckt. Denn dies würde bedeuten, dass die Betriebshaftpflichtversicherung für jeglichen Mangel einzustehen hätte. Ebenso wenig sind Nutzungsausfall als auch die Kosten für Rück- und Wiedereinbau vom Versicherungsschutz erfasst. Nach den Versicherungsbedingungen sind Vermögensschäden nur von der Versicherung umfasst, wenn sie Folge eines anderweitigen Personen- oder Sachschadens sind. Allerdings gibt es natürlich nicht nur die allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB), sondern auch die Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen (BBR). Nach den Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen haftet die Versicherung nicht für Vermögensschäden durch vom Versicherungsnehmer hergestellte oder gelieferte Erzeugnisse, erbrachte Arbeiten oder sonstige Leistungen. Dies ist eine Ausschlussklausel. Mit dieser Klausel werden sämtliche Vermögensschäden ausgeschlossen, die durch die Werkleistung des Auftragnehmers verursacht worden sind, also auch die für Vermögensschäden der Kelterei in Folge der Neuverlegung der Fliesen. Dies bedeutet, dass der Auftragnehmer keinen Versicherungsschutz für die Auf- und Abbaukosten der Maschinen und den Nutzungsausfall genießt, sondern diese Kosten selber tragen muss.

Der Bundesgerichtshof hat bereits festgestellt, dass diese Regelung weder unklar noch überraschend in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist und einer jahrzehntealten Praxis der Haftpflichtversicherung entspricht, so dass diese Klausel wirksam ist. Mithin bleibt festzuhalten, das Auf- und Abbaukosten als auch der Nutzungsausfall nicht versichert sind.

In dem Zusammenhang sollte man wissen, dass die Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherungen (AHB) die Grundlage der meisten Haftpflichtversicherungsverträge bilden und durch die Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen (BBR) ergänzt und abgeändert werden. Deswegen ist zur Stellung der Deckung die Prüfung beider Versicherungsbedingungswerke zwingend.

Auch der 2. Fall des OLG Stuttgart vom 30. November 2000 zeigt dies deutlich auf. Dabei ging es darum, dass ein Auftragnehmer den Umbau eines Geschäftshauses durchführt und hierfür mangelhafte Schlacke als Untergrund für die Bodenplatte verwendet hat. Dieser Baumangel machte umfangreiche Mängelbeseitigungsarbeiten erforderlich. Auch das vermietete Erdgeschoss konnte während der gesamten Nachbesserungsarbeiten nicht genutzt werden. Der Mieter des Bauherrn muss seinen Geschäftsbetrieb in der Zeit auf den Parkplatz auslagern. Für die Auslagerung zusätzlicher Personal- und Sachaufwendungen und entgangenen Gewinn als auch geminderten Nutzungswert erhält der Mieter vom Auftragnehmer einen Betrag von 125.000,00 €. Diesen Betrag fordert der Auftragnehmer von seiner Betriebshaftpflichtversicherung. Leider ohne Erfolg.

Gemäß den Allgemeinen Bedingungen besteht kein Versicherungsschutz, weil es sich bei der Zahlung um ein nicht gedecktes Erfüllungssurrogat handelt. Nach der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung ist diejenige Leistung als Ersatzleistung zu verstehen, die vom Versicherungsnehmer zum Ausgleich des Erfüllungsinteresse seines Gläubigers im Rahmen des Schadensersatzes wegen des Zurückbleibens der tatsächlichen Leistung gegenüber der geschuldeten Leistung zu erbringen ist (Erfüllungssurrogat). Deshalb soll nochmals betont werden, dass bei einem Werkvertrag das Erfüllungsinteresse neben der Mängelbeseitigung einschließlich Behebung der im Zuge der Nachbesserung zugefügten Schäden auch den durch die Leistungsstörung verursachten Gewinn- bzw. Nutzungsausfall umfasst. Dabei ist rechtlich ohne Bedeutung, dass es sich nicht um einen Schaden des Bauherrn selbst, sondern um einen Schaden des Mieters handelt.

Die Abgrenzung zwischen einem nicht versicherten Erfüllungsschaden von einem versichertem Mangelfolgeschaden in der Betriebshaftpflichtversicherung ist schwierig und auch immer Ursache von gerichtlichen Auseinandersetzungen.

Der 3. Fall liegt dem Sachverhalt des OLG München vom 16. April 2010 zu Grunde. Die durch den Auftragnehmer gelieferte und im Betrieb des Auftraggebers installierte Mittelspannungsanlage gerät in Brand und verursacht einen Kurzschluss. Daraufhin nimmt der Auftraggeber den Auftragnehmer auf Schadensersatz hinsichtlich diverser Schadenspositionen in Anspruch. Er macht Kosten geltend für ein TÜV-Gutachten zur Ermittlung des Strombedarfs von Notstromaggregaten, Kosten für Reparatur der ausgefallenen Kälteanlage, Schadensersatzansprüche wegen nicht genutzter Personalkosten sowie Reparaturkosten für die Wiederfreischaltung der Mittelspannungsanlage. Die Betriebshaftpflichtversicherung lehnt die Deckung des Schadens mit der Begründung ab, es handelt sich um ein Erfüllungssurrogat. Der Auftragnehmer nimmt seine Haftpflichtversicherung in Anspruch. Das Gericht urteilt, dass Deckungsschutz für die TÜV-Gutachterkosten für die Beratung über den Strombedarf von Notstromaggregaten besteht, da die Gutachterkosten nicht im Zusammenhang mit der Mangelhaftigkeit der Mittelspannungsanlage steht und daher als versicherter Mangelfolgeschaden einzuordnen ist.

Gleiches gelte für die Kosten über die Reparatur der Kälteanlage, da die Anlage aufgrund des verursachten Kurzschlusses durch den Auftragnehmer ausgefallen ist und wieder in Betrieb genommen wurde, um Folgeschäden, nämlich das Verderben von Lebensmitteln zu verhindern. Auch die Kosten für das Personal wurden dem Auftragnehmer zugesprochen, da diese Kosten wiederum nicht in direkten Zusammenhang mit dem Mangel der Mittelspannungsanlage stehen, da das Personal infolge des Kurzschlusses an anderen Maschinen im Betrieb nicht arbeiten konnte. Keinen Versicherungsschutz kann der Auftragnehmer verlangen für die Kosten der Wiederinbetriebnahme der Mittelspannungsanlage, da es sich insofern um ein Erfüllungssurrogat handelt.

Mithin wird deutlich, dass eine Abgrenzung schwierig ist, jedoch man konstatieren kann, dass der Mangelschaden als auch Schäden, die unmittelbar im Zusammenhang mit dem Mangel stehen wie Nutzungsausfall, entgangener Gewinn, Kosten des Rück- und Wiedereinbaus nicht vom Versicherungsschutz gedeckt sind.

Carsten Seeger


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Carsten Seeger

Beiträge zum Thema