Die Einstellung im Ermittlungsverfahren - Welche Rolle spielt der Strafverteidiger?

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Das Strafverfahren beginnt mit der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft. Kommt die Staatsanwaltschaft nach Abschluss der Ermittlungen zu dem Ergebnis, dass ein hinreichender Tatverdacht vorliegt, erhebt diese Anklage. Jedoch muss es gar nicht zu einer Anklageerhebung kommen. Die Strafprozessordnung bietet genügend Möglichkeiten, das Strafverfahren bereits im Ermittlungsverfahren einzustellen. 

Wird das Verfahren eingestellt, wenn kein hinreichender Tatverdacht vorliegt? 

Ein hinreichender Tatverdacht gemäß § 170 Absatz 1 StPO liegt vor, wenn es bei vorläufiger Beurteilung der Beweislage wahrscheinlich ist, dass der Beschuldigte wegen einer Straftat verurteilt wird. Die Staatsanwaltschaft wird beim Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachts eine Anklage erheben oder einen Strafbefehl beantragen. 

Kommt die Staatsanwaltschaft nach Prüfung der Beweislage jedoch zu dem Ergebnis, dass ein Freispruch in einer Hauptverhandlung wahrscheinlicher ist als ein Schuldspruch, dann wird diese das Verfahren mangels hinreichenden Tatverdachts gemäß § 170 Absatz 2 StPO einstellen. 

Eine Einstellung nach § 170 Absatz 2 StPO bedeutet jedoch nicht, dass eine Anklage endgültig ausgeschlossen ist. Die Staatsanwaltschaft kann aufgrund neuer Erkenntnisse auch zu einem späteren Zeitpunkt eine Anklage erheben. 

Was bedeutet Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit? 

Sollte ein hinreichender Tatverdacht vorliegen, bedeutet dies nicht, dass in jedem Fall eine Anklage erhoben wird. Bei Bagatelldelikten kann eine Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit gemäß § 153 StPO in Betracht kommen. 

Für eine Einstellung nach § 153 StPO müssen jedoch bestimmte Voraussetzungen vorliegen:

  1. Tat ist ein Vergehen: Bei der Tat muss es sich um ein Vergehen handeln. Vergehen sind Straftaten, die mit einer Mindeststrafe von weniger als einem Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bedroht sind. Eine einfache Körperverletzung wäre beispielsweise ein Vergehen.
  2. Schuld des Täters ist gering: Ferner muss die Schuld des Täters als gering anzusehen sein. Hier kommt es auf einen Vergleich der Tat mit Vergehen gleicher Art an. Liegt die Schuld des Täters nicht unerheblich unter dem Durchschnitt vergleichbarer Taten, dann ist die Schuld als gering anzusehen. Hier kommt es immer auf den konkreten Einzelfall an.
  3. Kein öffentliches Interesse: Letztlich darf auch kein öffentliches Interesse an der Verfolgung der Tat bestehen. Hier ist relevant, ob der Beschuldigte bereits einschlägig aufgefallen ist. 

Wann kommt es zu einer Einstellung gegen Weisungen und Auflagen? 

Gemäß § 153a StPO kann das Strafverfahren gegen Erfüllung von Weisungen oder Auflagen eingestellt werden. Die Voraussetzungen für eine Einstellung nach § 153a StPO sind folgende: 

  1. Tat ist ein Vergehen: Auch hier muss es sich bei der Tat um ein Vergehen handeln.
  2. Schwere der Schuld: Die Schwere der Schuld darf einer Einstellung nicht entgegenstehen. Eine Einstellung gegen Auflagen ist somit bei Delikten im Bereich der mittleren Kriminalität möglich.
  3. Öffentliches Interesse darf einer Einstellung nicht entgegenstehen: Ist der Beschuldigte bereits einmal bestraft worden, wird die Staatsanwaltschaft höchstwahrscheinlich ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung bejahen. 
  4. Zustimmung der Verfahrensbeteiligten: Die Staatsanwaltschaft, das Gericht sowie der Beschuldigte müssen der Einstellung nach § 153a StPO zustimmen. 

Als Weisung und Auflage kommt beispielsweise die Wiedergutmachung, gemeinnützige Leistungen oder die Zahlung eines Geldbetrages in Betracht. Sobald der Beschuldigte die Weisung oder Auflage erfüllt, wird das Strafverfahren endgültig eingestellt. 

Welche Rolle kann eine Strafverteidigerin bzw. ein Strafverteidiger spielen? 

Wenn der Beschuldigte einen Rechtsanwalt bzw. eine Rechtsanwältin mit der Strafverteidigung beauftragt, dann wird zunächst Einsicht in die Ermittlungsakte genommen. Je nach Aktenlage kann der Strafverteidiger bzw. die Strafverteidigerin dann auch eine Anregung zur Einstellung an die Staatsanwaltschaft übersenden und somit aktiv darauf hinwirken, dass das Strafverfahren bereits im Ermittlungsverfahren eingestellt wird. 




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