Die erb- und steuerrechtliche Behandlung von sog. Oder-Konten

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Eine aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzhofes wirft erneut ein Schlaglicht auf eine rechtliche Thematik, die regelmäßig Ausgangspunkt von Kontroversen, insbesondere im erb- und steuerrechtlichen Bereich ist (BFH, Urteil v. 23.11.2011, Az.: II R 33/10).

Ein Oder-Konto ist ein Gemeinschaftskonto, das gewöhnlich von Ehegatten eingerichtet wird. Damit erreichen Ehegatten, dass jeder Partner über das Konto verfügen kann.

Der Bundesfinanzhof hatte sich mit einer Klage einer Ehefrau zu beschäftigen, die sich gegen die Inanspruchnahme mit Schenkungsteuer wehrte. Die Finanzbehörde hatte von der Klägerin Schenkungsteuer verlangt, weil die Klägerin Mitinhaberin einer Kontoverbindung neben ihrem Ehegatten war, auf das der Ehegatte erhebliche Guthaben einzahlte. Die Finanzbehörde betrachtete diese Einzahlung als sogenannte freigebige Zuwendung des Ehegatten im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG (Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz) eben mit der Folge des Entstehens einer Schenkungsteuerschuld.

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung besteht insbesondere zwischen Ehegatten die Grundregel, wonach diesen ein gleicher Anteil am Guthaben sogenannter Oder-Konten bei Bankinstituten zusteht (BGH in NJW 2000, 2347). Diese sogenannte Grund- bzw. Hilfsregel ist aber oftmals in Fällen einer intakten Ehe durch tatsächliches Handeln und entsprechend einer anderen Regelung zwischen den Ehegatten außer Kraft gesetzt. Dementsprechend regelt § 430 BGB, dass Gesamtgläubiger grundsätzlich im Verhältnis zueinander zu gleichen Teilen berechtigt sind, soweit nichts anderes bestimmt ist. Danach kann also auch eine Zahlung eines Ehegatten auf ein Gemeinschaftskonto - einem sogenannten Oder-Konto beider Ehegatten - eine Zuwendung im Sinne der erbschaftsteuerlichen Rechtslage sein. Eine Bereicherung des anderen Ehegatten liegt jedoch nur vor, wenn und soweit dieser im Verhältnis zum einzahlenden Ehegatten tatsächlich und rechtlich frei über das eingezahlte Guthaben verfügen kann und die Zuwendung unentgeltlich ist. Bei einer intakten Ehe der Kontoinhaber scheidet allerdings in der Regel eine Ausgleichungspflicht des nicht einzahlenden Ehegatten aus, weil sich aus ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarungen, Zweck und Handhabung des Kontos oder Vorschriften über die eheliche Lebensgemeinschaft ergibt, das im Sinne des genannten § 430 BGB „ein anderes bestimmt ist". Während einer intakten Ehe dürfte der Beweis einfacher zu führen sein, dass eine Ausgleichungspflicht des nicht einzahlenden Ehegatten nicht gewollt war, also eine entgegenstehende Gestaltung zwischen den Eheleuten bestand.

Fehlen schriftliche oder mündliche Vereinbarungen der Eheleute über dieses Innenverhältnis, ist dieses eben vornehmlich aus dem Verhalten der Eheleute zu erschließen. Maßgeblich ist, wie die Eheleute das Oder-Konto tatsächlich handhaben und hier insbesondere, wie sie die Mittel verwendeten, die sie nicht für die laufende Lebensführung benötigten. Konnte bzw. kann auch der Ehegatte, der keine Einzahlungen auf ein Oder-Konto leistete, auf die vom anderen Ehegatten geleisteten Mittel zur Bildung eigenen Vermögens zugreifen, kann dies dafür sprechen, dass es bei der gesetzlichen Ausgleichungsregel des § 430 BGB, also einer jeweils hälftigen Guthabenberechtigung, bleiben soll. Je häufiger der nicht einzahlende Ehegatte auf das Guthaben des Oder-Kontos zugreift, um eigenes Vermögen zu schaffen, umso stärker spricht sein Verhalten dafür, dass er wie der einzahlende Ehegatte zu gleichen Teilen Berechtigter ist. Verwendet der nicht einzahlende Ehegatte dagegen nur im Einzelfall einen Betrag zum Erwerb eigenen Vermögens, kann dieses darauf hinweisen, dass sich die Zuwendung des einzahlenden Ehegatten an den anderen auf diesen Betrag beschränkt und nicht hälftiger Anteil beider Ehegatten am Kontoguthaben gewollt war. Hier hat ein Gericht im Streitfalle also eine Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände vorzunehmen, wobei im Falle eines finanzgerichtlichen Verfahrens das Finanzgericht von Amts wegen ermittelt, im reinen zivilgerichtlichen Verfahren hier aber die Beweislastregeln nach allgemeinen Grundsätzen gelten. Insoweit hat also derjenige das zu beweisen, was er zu seinen eigenen Gunsten behauptet.

In dem eingangs zitierten Fall sah der Bundesgerichtshof noch keine ausreichende Ermittlung der die Entscheidung erforderlichen Umstände für gegeben und verwies den Rechtsstreit zurück an die untere gerichtliche Instanz.

Er hielt aber fest, dass regelmäßige, monatliche Überweisungen des einzahlenden Ehegatten auf ein Konto, von dem die gemeinsame, eheliche Lebensführung bestritten wurde, nicht als Indiz gewertet werden, das es rechtfertigen würde, von der Grundregel der gemeinsamen Berechtigung der Ehegatten an dem Guthaben auszugehen. Allerdings hob der Bundesfinanzhof hervor, dass Zahlungen auf eine gemeinsame Einkommensteuerschuld der Ehegatten von diesem Oder-Konto durchaus ein Indiz für eine gemeinsame Berechtigung der Ehegatten an dem Guthaben des Oder-Kontos darstellen. Der Bundesfinanzhof hat auch in diesem Falle hervorgehoben, dass selbst die Zahlung eines Grundstückskaufpreises für den Erwerb eines Grundstückes zum gemeinsamen Eigentum aus den Guthaben eines Oder-Kontos keine indizielle Bedeutung in diesem Sinne haben muss. So steht es auch im Fall einer intakten Ehe durchaus möglich im Raum, dass die Ehegatten sich darüber einig waren, den aus dieser einseitigen Zahlung des Grundstückskaufpreises sich ergebenden Ausgleich durchaus später vorzunehmen. Dies müsse im Einzelfall durch das entscheidende Gericht ermittelt werden bzw. in der zivilrechtlichen Auseinandersetzung durch den den Ausgleich verlangenden Ehegatten dargelegt und bewiesen werden.

Fazit: Die Frage der Zuordnung von Guthaben eines Oder-Kontos spielt nicht nur in dieser steuerrechtlichen Frage häufig eine Rolle, sondern erbrechtlich etwa schon dann, wenn ein mitberechtigter Ehegatte verstirbt und sich vor dem Hintergrund eines Pflichtteilsanspruches eines Abkömmlings die Frage stellt, in welcher Höhe das Guthaben eines Oder-Kontos hier für die Erbmasse und die Berechnung des Pflichtteilsanspruches heranzuziehen ist. Die gleiche Frage stellt sich selbstverständlich auch zwischen dem überlebenden Ehegatten und den Erben des verstorbenen Ehegatten. Es lohnt sich erfahrungsgemäß immer, die Umstände des Einzelfalles näher zu beleuchten, da sich dann durchaus nicht selten ergibt, dass die Grundregel einer hälftigen Berechtigung im Sinne von § 430 BGB nicht zum Tragen kommt. Dies kann erhebliche wirtschaftliche Unterschiede für die Beteiligtem ausmachen.


RA Arno Wolf

Fachanwalt für Erbrecht

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