Die Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU): Wann droht der "Idiotentest"?
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Sie wurden wiederholt geblitzt? Viele Autofahrer betrachten vermeintlich geringfügige Verstöße – wie zu hohe Geschwindigkeiten, Rotlichtverstöße oder dichtes Auffahren – als Lappalie. Doch was auf den ersten Blick harmlos erscheint, kann schwerwiegende Folgen haben – bis hin zur Anordnung einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU). Der sogenannte "Idiotentest" ist ein Verfahren, das über die Fahreignung entscheidet und in vielen Fällen zur Voraussetzung für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis wird. Doch wann wird eine MPU angeordnet, was erwartet die Betroffenen und welche Konsequenzen drohen? Erfahren Sie dies und mehr in im folgenden Beitrag!
Was ist die MPU?
Die Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) ist ein behördlich angeordnetes Gutachten, das klären soll, ob eine Person im Sinne von § 2 StVG (Straßenverkehrsgesetz) geeignet ist, weiterhin ein Fahrzeug im Straßenverkehr zu führen. Ziel ist es, die Fahreignung des Betroffenen zu bewerten und festzustellen, ob künftig ein verantwortungsbewusstes Verhalten im Straßenverkehr zu erwarten ist. Die Untersuchung, die in aller Regel drei bis vier Stunden in Anspruch nimmt, besteht aus drei Teilen:
- Medizinischer Test: Zunächst wird überprüft, ob verkehrsrelevante Erkrankungen, Alkoholmissbrauch oder der Missbrauch illegaler Drogen sowie damit verbundene Abhängigkeiten vorliegen. Dazu erfolgt ein ärztliches Gespräch zur Erfassung Ihrer medizinischen Vorgeschichte, ergänzt durch körperliche Untersuchungen. Bei Bedarf werden zusätzlich labormedizinische Verfahren wie Blutabnahme oder ein Urin-Drogenscreening durchgeführt.
- Psychologisches Gespräch: Hier wird geprüft, ob Sie Einsicht in Ihr früheres Fehlverhalten haben, welche persönlichen Ursachen dem zugrunde liegen und welche Konsequenzen sich für Ihr aktuelles Verhalten ergeben. Zugleich werden Vorsätze und geplante Verhaltensänderungen erörtert, die erneute Verkehrsauffälligkeiten verhindern sollen – in der Regel muss das neue Verhalten seit mindestens sechs Monaten stabil sein.
- Leistungstest: Schließlich folgt ein standardisierter Reaktionstest, der am Computer durchgeführt wird. Dieser soll Ihre psychofunktionale Leistungsfähigkeit – also Reaktionsfähigkeit, Konzentration und Aufmerksamkeit – überprüfen. Die Anzahl und Art der Tests, wie etwa zur Wahrnehmungs- und Reaktionsleistung, Belastbarkeit und Aufmerksamkeit, richtet sich jeweils nach der konkreten Untersuchungsfragestellung.
Nur wenn alle drei Teile erfolgreich absolviert werden, erhält die getestete Person ein positives Gutachten, das zur Wiedererteilung der Fahrerlaubnis eingereicht werden kann.
Wann wird eine MPU angeordnet?
Eine solche Medizinisch-Psychologische Untersuchung wird angeordnet, wenn begründete Zweifel an der Fahreignung bestehen. Typische Gründe sind:
- Alkohol am Steuer: Wiederholte Trunkenheitsfahrten oder auch einmalige Vorfälle mit einer deutlich überhöhten Blutalkoholkonzentration (kurz: BAK) stellen ein erhebliches Risiko dar. Ein solches Verhalten gefährdet nicht nur Sie selbst, sondern auch andere Verkehrsteilnehmer:innen, weshalb bereits einzelne schwere alkoholbedingte Auffälligkeiten zur Anordnung eines „Idiotentests“ führen können.
Hinweis: Lesen Sie zu diesem Thema auch unseren Beitrag Fahruntüchtigkeit: Alkohol und Drogen im Straßenverkehr – Das sollten Sie beim Führen eines PKW wissen!
- Drogenkonsum: Das Fahren unter dem Einfluss illegaler Betäubungsmittel oder der Nachweis signifikanter Mengen im Blut weckt berechtigte Zweifel an Ihrer Fahrtüchtigkeit. Insbesondere wiederholter Drogenkonsum oder das Kombinieren von Drogeneinfluss mit riskantem Fahrverhalten sind Gründe, die zu einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis führen können.
- Punkte in Flensburg: Das Erreichen oder Überschreiten der kritischen Marke von acht Punkten im Fahreignungsregister (FAER) wird als Indikator für anhaltend risikoreiches Verhalten im Straßenverkehr gewertet, was schließlich zu einer Anordnung einer MPU führt.
- Wiederholte Verkehrsverstöße: Häufige oder besonders schwerwiegende Verstöße – etwa überhöhte Geschwindigkeiten, wiederholte Rotlichtverstöße oder unvorsichtiges Fahrverhalten – können als Beleg für ein mangelndes Verantwortungsbewusstsein im Straßenverkehr gelten, selbst wenn sie nicht im Zusammenhang mit Alkohol- oder Drogeneinfluss stehen.
- Nötigung im Straßenverkehr: Aggressives Fahrverhalten, wie beharrliches dichtes Auffahren, exzessives Lichthupen oder sogar Beleidigungen gegenüber anderen Verkehrsteilnehmer:innen, kann als Nötigung gewertet werden. Aktuelle Urteile zeigen, dass solche Verhaltensweisen, auch wenn sie auf den ersten Blick geringfügig erscheinen, schwerwiegende rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen können. Neben der Anordnung eines „Idiotentests“ kann auch eine Verurteilung durch ein Strafgericht eine der möglichen Folgen eines solchen Verhaltens sein.
- Körperliche oder psychische Beeinträchtigungen: Erkrankungen oder gesundheitliche Zustände, die Ihre Fähigkeit, ein Fahrzeug sicher zu führen, beeinträchtigen – sei es durch chronische Krankheiten, akute gesundheitliche Krisen oder psychische Probleme – können Zweifel an der Fahreignung begründen. Auch Abhängigkeitserkrankungen zählen zu diesem Risikofaktor.
Welche Konsequenzen drohen?
Wenn die MPU erfolgreich absolviert wird:
Vorteile:
- Wiedererteilung der Fahrerlaubnis: Nach Vorlage eines positiven Gutachtens wird die Fahrerlaubnis in der Regel wiedererteilt.
- Chance zur Rehabilitation: Die MPU bietet die Möglichkeit, das eigene Verhalten zu reflektieren und positive Veränderungen nachzuweisen.
Nachteile:
- Kosten: Eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung ist mit Kosten verbunden, die mehrere hundert bis über tausend Euro betragen können.
- Aufwand: Eine intensive Auseinandersetzung mit dem eigenen Verkehrsverhalten ist erforderlich.
Wenn die MPU nicht erfolgreich oder gar nicht absolviert wird:
Nachteile:
- Keine Wiedererteilung der Fahrerlaubnis: Die Fahrerlaubnis bleibt entzogen, was im Grunde einem dauerhaften Fahrverbot gleichkommt
- Erneute MPU erforderlich: Eine Wiedererteilung ist erst nach einer erneuten, erfolgreich absolvierten MPU möglich.
- Kosten: Auch ein nicht bestandener oder nicht absolvierter „Idiotentest“ verursacht Kosten, die aufgrund des notwendigen erneuten Versuchs, zumindest doppelt anfallen.
Hinweis: Eine gute Vorbereitung auf die MPU ist entscheidend für den Erfolg. Es gibt zwar Beratungsstellen und Vorbereitungskurse, die dabei unterstützen können. Die genauen Konsequenzen hängen jedoch immer vom Einzelfall ab. Es ist daher ratsam, sich frühzeitig von einem Rechtsanwalt bzw. einer Rechtsanwältin beraten zu lassen, da dieser bzw. diese weiterführende Unterstützung bieten kann.
Hinweis: Zu dem Thema (vorläufige) Entziehung der Fahrerlaubnis erfahren Sie mehr in unseren Beiträgen Die Entziehung der Fahrerlaubnis: Was Sie wissen müssen und wie Sie handeln können! und Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis: Was das bedeutet und was Sie tun können!
Wie kann ein Rechtsanwalt bzw. eine Rechtsanwältin helfen?
Die Anordnung eines „Idiotentests“ hat gravierende Auswirkungen. Ein erfahrener Rechtsanwalt bzw. eine erfahrene Rechtsanwältin kann helfen, die Erfolgsaussichten eines Einspruchs zu prüfen oder Wege aufzeigen, um eine MPU zu vermeiden. Dazu gehören:
- Prüfung der Rechtmäßigkeit der Anordnung: Nicht jede MPU-Anordnung ist automatisch gerechtfertigt.
- Beratung zu Alternativen: In manchen Fällen kann statt einer MPU eine andere Maßnahme (z. B. Nachschulung) in Betracht kommen.
- Vorbereitung auf die MPU: Ein Anwalt bzw. eine Anwältin kann empfehlen, wie sich Betroffene bestmöglich auf die Untersuchung vorbereiten können.
So können wir Ihnen helfen!
Wir sind eine hochspezialisierte Kanzlei im Strafrecht und Verkehrsrecht.
Unser Beratungsangebot im Verkehrsrecht umfasst neben der Regulierung Ihrer Ansprüche nach einem Verkehrsunfall auch sämtliche Ordnungswidrigkeiten, wie Rotlichtverstöße und Geschwindigkeitsüberschreitungen, welche letztlich zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis führen können.
Im Strafrecht und Jugendstrafrecht umfasst die Verteidigung neben Verkehrsdelikten, wie Fahren ohne Fahrerlaubnis, Fahrerflucht, Trunkenheitsfahrt oder unerlaubte Straßenrennen, sowohl sämtliche übliche Delikte (z.B. Körperverletzung, Diebstahl, Betrug, Raub, Drogen) als auch besonderen Delikten (z.B. Steuerstrafrecht) sowie die Opfervertretung.
Wenn Sie Schwierigkeiten im Strafrecht oder im Verkehrsrecht haben, stehen wir Ihnen gerne mit kompetenter Beratung und Verteidigung zur Seite.
Die Rechtsberatung / Vertretung wird in nachfolgenden Sprachen angeboten: Deutsch, Englisch, Persisch (farsi).
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Sebastian M. Klingenberg
Rechtsassessor
Kanzlei WfK
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