Die neue Wohnimmobilien-Kreditrichtlinie 2016

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Der Bundestag hat die neue EU Immobilien-Kreditrichtlinie 2016 umgesetzt. Das Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie trat am 21. März 2016 in Kraft. Was beinhaltet die neue Wohnimmobilien-Kreditrichtlinie und das Gesetz zu deren Umsetzung und was bedeutet dies für den Verbraucher?

Gehört der „Widerrufsjoker“ bald der Geschichte an?

Wurde bis jetzt bei Abschluss eines Darlehensvertrages eine Widerrufsbelehrung fehlerhaft oder gar nicht erteilt, so lief bis zuletzt eine ewige Widerrufsfrist. Kreditgeber belehrten, trotz des Wissens über die Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung, nicht nachträglich. Einige Banken handelten dabei, ganz bewusst nach dem Sprichwort: „Schlafende Hunde soll man nicht wecken!“. Nun werden die Kreditinstitute für diese Strategie „belohnt“.

Das Widerrufsrecht erlischt nunmehr unabhängig von der Richtigkeit einer Belehrung spätestens nach einem Jahr und 14 Tagen nach Vertragsschluss. Aber nicht genug damit; die neue zeitliche Begrenzung gilt auch rückwirkend für Altkreditverträge. Das bestehende „ewige“ Widerrufsrecht, erlischt bei diesen Verträgen, spätestens am 21. Juni 2016. Der Gesetzgeber formulierte dazu im neuen Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie: „Drei Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes endet dieses Widerrufsrecht“.

Es gilt festzuhalten, dass die Bankenlobby ganze Arbeit geleistet hat. Sie hat es geschafft, trotz Protest der Opposition und von Rechtsexperten, den Gesetzgeber dazu zu bringen, das Widerrufsrecht als zentrales Verbraucherrecht erheblich zu beschränken. Nach unserer Ansicht ein klarer Verstoß gegen geltendes EU-Recht. Die EU-Richtlinie 2011/83/EU fordert die Mitgliedsstaaten nämlich dazu auf, ihre Standards bei Vertragswidersprüchen beizubehalten. Der Standard in Deutschland ist nach § 356 Abs. 3 S. 3 BGB, dass bei fehlerhafter oder nicht erfolgter Belehrung, ein unbefristetes Widerrufsrecht besteht.

Vorfälligkeitsentschädigung

Im Vorfeld der Verabschiedung des Gesetzes, wurde über eine Deckelung der Höhe von Vorfälligkeitsentschädigungen diskutiert. Banken verlangen von Kreditnehmern bei Lösung vom Kreditvertrag sehr hohe Entschädigungssummen. Diese Beträge belaufen sich teilweise auf 15 % des gesamten Darlehensbetrags; ein Höchstwert in Europa. Doch der Gesetzgeber hat von der Möglichkeit einer Deckelung abgesehen.

Beratungspflicht und Prüfung der Kreditwürdigkeit

Die Banken unterliegen von nun an einer schärferen Pflicht, die Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers zu prüfen. Nahmen die Banken die Bonitätsprüfung bisher im eigenen Interesse wahr, besteht nunmehr eine rechtliche Verpflichtung gegenüber dem Kunden. Außerdem unterliegt der Kreditgeber einer Beratungspflicht in Fällen, in denen das Konto des Darlehensnehmers dauerhaft und erheblich überzogen wird. Somit werden diese Pflichten zu zentralen Pflichten für Darlehensgeber.

Verstößt der Kreditgeber gegen diese Pflichten, so führt dies nach dem neuen § 505d BGB zu einer Senkung der Vertragszinsen und zu einem vorfälligkeitsentschädigungsfreien Kündigungsrecht des Darlehensnehmers.

Vorvertragliche Informationspflichten und Beratungspflichten des Darlehensgebers

Im Bereich der vorvertraglichen Informationspflichten für Darlehensgeber ergeben sich weitere Änderungen. Bei Immobiliendarlehen sind die Darlehensgeber künftig verpflichtet, vorvertragliche Informationen unverzüglich zu erteilen (und nicht mehr nur rechtzeitig vor Abschluss des Vertrags). Diese Informationen sind dem Darlehensnehmer auf einem standardisiertem Merkblatt zu überreichen (ESIS-Merkblatt).

Ferner hat der Darlehensgeber künftig den Darlehensnehmer konkreter zu beraten. Der Darlehensgeber muss sich aber davor über den Bedarf, die persönliche und finanzielle Situation sowie die Präferenzen und Ziele des Darlehensnehmers informieren. Der Berater hat dem Darlehensnehmer geeignete Produkte zu empfehlen oder von diesen abzuraten (§ 511 BGB). Diese Empfehlungen sind sodann dem Darlehensnehmer bereitzustellen. So kann der Beweis über fehlerhafte Beratungen einfacher geführt werden.

Bevor Beratungsleistungen erbracht werden, muss der Darlehensgeber zudem den Darlehensnehmer über zahlreiche Einzelheiten gemäß Art. 247 § 18 EGBGB informieren.

Umwandlungsrecht von Fremdwährungsdarlehen

Künftig können Darlehensnehmer ihr Fremdwährungsdarlehen in die Landeswährung umwandeln, wenn die verbleibende Gesamtbelastung mehr als 20 % höher ist als in Relation zum ursprünglichen Wechselkurs.

Sachkundenachweis für Immobiliendarlehensvermittler

Vermittler von Immobiliendarlehen müssen ab dem 21. März 2016 besondere Voraussetzungen erfüllen, um eine Erlaubnis zur Vermittlung zu erhalten (§ 34i GewO). Sie werden vor Erteilung der Erlaubnis auf ihre Zuverlässigkeit, auf geordnete Vermögensverhältnisse, auf das Besitzen einer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung und auf ihre Sachkunde geprüft. Wer eine seit dem 21.März 2011 ununterbrochene Tätigkeit nachweisen kann, ist von der Sachkundeprüfung befreit. Auch müssen sich Vermittler und ihre Angestellten in ein Vermittlerregister eintragen lassen.

Jetzt handeln!

Für Altkreditnehmer bedeutet das neue Gesetz, dass sie sofort handeln und ihre ungünstigen Kreditverträge auf eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung überprüfen lassen sollten. Selbiges gilt für die Rückforderung von gezahlten Vorfälligkeitsentschädigungen bei in der Vergangenheit vorzeitig zurückgezahlten Darlehen.


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