Zu hohe Vorfälligkeitsentschädigung – Was kann man tun?

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1. Grundsätzliches

 

Wird mit einer Bank zur Finanzierung einer Immobilie ein Darlehen mit einem für eine bestimmte Zeit geschlossenen Festzins vereinbart, darf die Bank grundsätzlich mit den vereinbarten Zinsen rechnen. Wird das Darlehen vor der vereinbarten Zinsfestschreibung beendet, steht der Bank unter Anrechnung der ersparten Vorteile aufgrund der vorzeitigen Beendigung (Verwaltungskosten, Risikokosten, Anlage des vorzeitig erlangten Betrages), ein Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung zu.

 

2. Häufige Fehler bei der Berechnung

 

Als Zinsschaden darf die Bank hierbei jedoch nur jene Zinserwartung heranziehen, die nicht der Disposition des Kunden unterliegt. Kann also der Kunde durch Heraufsetzen der Tilgungsrate oder durch das Leisten von Sondertilgungen die während der Zinsfestschreibung anfallenden Zinsen selbst reduzieren, können diese Zinsen keinen Schaden der Bank begründen. Die Bank muss folglich die Vorfälligkeit so berechnen als ob der Kunde künftig seine maximal möglichen Tilgungsleistungen erbracht hätte.

Genau aus diesem Grund empfiehlt es sich bei einer Immobilienfinanzierung sowohl möglichst große Sondertilgungen als auch die Möglichkeit der Ratenänderung zu vereinbaren.

Ferner darf die Berechnung der Vorfälligkeit nur bis zur zeitlichen Höchstgrenze erfolgen. Spätestens nach 10 Jahren und sechs Monaten nach vollständiger Auszahlung eines Darlehens kann der Kunde ohne Vorfälligkeit aus seiner laufenden Finanzierung aussteigen.

 

3. Falsche Widerrufsbelehrungen

 

Wurde das Darlehen zwischen dem 11.06.2010 und dem 20.03.2016 abgeschlossen, führt eine falsche Widerrufsbelehrung dazu, dass das Darlehen auch heute noch widerrufen werden kann. Dies kann etwa der Fall sein, wenn Pflichtangaben fehlen, die zuständige Aufsichtsbehörde nicht genannt ist oder etwa nur unzureichend über verbundene Geschäfte aufgeklärt wurde. Sollte ein Widerruf noch erfolgreich erklärt werden können, führt dies dazu, dass der Darlehensvertrag rückwirkend beseitigt wird. Damit entfällt die Rechtsgrundlage für eine Vorfälligkeitsentschädigung.

 

4. Vorfälligkeitsjoker

 

Wurde der Darlehensvertrag nach dem 21.03.2016 geschlossen, muss eine Vorfälligkeitsentschädigung dann nicht gezahlt werden, wenn die Bank nicht über die Laufzeit des Vertrages, das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers oder die Berechnung der Vorfälligkeit ausreichend informiert hat. Die Informationen müssen hierbei klar und verständlich sein, wobei auf die Sicht eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher abzustellen ist.

Hier zeigt sich, wie auch jüngere Urteile bestätigt haben (OLG Frankfurt 17 U 810/19 vom 01.07.2020, BGH XI ZR 650/18 vom 05.11.2019), dass etliche Angaben der Banken hierzu fehlerhaft sind. Es darf insbesondere nicht der Eindruck entstehen, dass die Vorfälligkeit bis zum Ende der Restlaufzeit (statt zum Ende der Zinsfestschreibung) berechnet wird, es muss angegeben werden, dass Sondertilgungen und Ratenerhöhungen zu berücksichtigen sind und es muss erkennbar sein, wie der Zinsschaden genau berechnet wird. Dies ist vielen Banken nicht gelungen. Im Einzelfall sollte daher eine Vorfälligkeitsentschädigung immer überprüft werden.



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