Die Patchworkfamilie – Besonderheiten bei der Testamentsgestaltung

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Die Zahl der Scheidungen steigt in den letzten Jahren, aber auch die Zahl der Wiederverheiratungen (48 %). In der Folge wachsen immer häufiger nicht nur gemeinsame Kinder, sondern auch Kinder aus verschiedenen Beziehungen der Eltern in einer Familie auf. Diese neuen Partnerschaften nennt man sog. „Stieffamilien“, neudeutsch auch „Patchworkfamilien“ genannt.

Eines sei im Vorfeld ganz deutlich gesagt: Stiefkinder haben nur gegenüber den leiblichen Eltern ein gesetzliches Erbrecht und Pflichtteilsrecht, nicht gegenüber den Stiefeltern!

Erbrechtlich ergeben sich daher insbesondere bei der Gestaltung der Nachlassregelung verschiedene Problemfelder, für die hier zumindest sensibilisiert werden soll:

Zwei Dinge sind immer im Vorfeld zu klären:

  • Liegen frühere, bindende Verfügungen von Todes wegen vor, die einer neuen Nachlassregelung im Wege stehen?
  • In welcher Form soll testiert werden: Testament, notarieller Erbvertrag?

Folgende Fragestellungen ergeben sich, wenn eine gemeinsame Nachlassregelung erfolgen soll:

  • Sollen alle Kinder, die eigenen wie die des Partners, gleichbehandelt werden? Soll das Stiefkind ausgeschlossen werden oder eine Zuwendung erhalten?
  • Was ist zugunsten des Partners anzuordnen? Welches Versorgungsinteresse besteht? Welche steuerlichen, insbesondere erbschaftssteuerlichen Auswirkungen ergeben sich?
  • Wie werden Pflichtteils- und Pflichtteilsrestansprüche verhindert? Die Geltendmachung der vorgenannten Ansprüche kann zu einer erheblichen Verzerrung der Erbverteilung führen, die von den Eltern so nicht gewollt war.
  • Was passiert mit den Rechten zugunsten des Partners, wenn die Beziehung vor dem Erbfall beendet wird? Was passiert, wenn der Partner wieder heiratet?
  • Haben geschiedene Ehegatten gemeinsame Abkömmlinge besteht die Gefahr, dass der Ex-Ehegatte über die gemeinsamen Kinder am Nachlass des geschiedenen Ehegatten partizipiert. So kann der frühere Ehegatte die gemeinsamen Kinder von Gesetztes wegen beerben, wenn die Kinder selbst keine Abkömmlinge hinterlassen. Auch sind Pflichtteilsansprüche möglich, wenn die Abkömmlinge zwar Kinder haben, diese aber zugunsten eines Dritten testiert haben. Ein Ziel bei der Testamentsgestaltung ist also der langfristige Ausschluss des geschiedenen Ehegatten und dessen Verwandten von der Teilhabe am Nachlass

Wie Sie sehen, kann die Ausgangslage und Aufgabe für die Gestaltung der Nachlassregelung für eine Patchworkfamilie sehr vielschichtig sein. Genauso vielfältig müssen auch die sehr individuellen erbrechtlichen Lösungen sein.

Mögliche Lösungen können eine Vor- und Nacherbschaft darstellen, bestimmte Formen von Vermächtnissen, wie ein Hausrat- oder Wohnrechtsvermächtnis, vielleicht ist auch ein Pflichtteilsverzicht oder ein bedingtes Quotenvermächtnis in einer bestimmten Konstellation die richtige Lösung. Dies sind nur Beispiele von diversen möglichen Instrumenten.

Neben den erbrechtlichen Anordnungen sind aber auch familienrechtliche Regelungen notwendig, insbesondere, wenn die Abkömmlinge noch minderjährig sind.

  • Beschränkung der elterlichen Vermögensverwaltung für den Fall, dass Sie verhindern wollen, dass der Ex-Ehegatte die Verwaltung des vom Kind geerbten Vermögens übernimmt
  • Das Vormundbenennungsrecht besteht für Eltern, wenn ihnen zur Zeit ihres Todes die Sorge für die Person und das Vermögen ihres Kindes zusteht. Sie könne durch letztwillige Verfügung einen Vormund benennen.

Wie dargestellt, ist die Nachlassregelung bei Patchworkfamilien eine schwierige und äußerst anspruchsvolle Aufgabe. Gerne bin ich Ihnen bei der Ausarbeitung Ihrer Nachlassregelung behilflich.

Vorankündigung: Mein nächster Beitrag wird das Thema „Fehler bei der vorweggenommenen Erbfolge vermeiden“ behandeln.


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